War im Frühjahr die Börsenluft noch regelrecht panikgetränkt, haben sich viele Indizes wieder auf den Weg zu neuen Allzeithochs gemacht. Neuerliche Lockdowns und eine sich in vielen Teilen noch immer im Krisenmodus befindende Wirtschaft sorgten nicht für einen weiteren Abverkauf. Ganz im Gegenteil: Viele Anleger sind inzwischen wegen der Hoffnung auf die baldige Verfügbarkeit von Impfstoffen wieder in einem Zustand der Euphorie. Die Notenbanken tun ihr Übriges dazu und fluten die Märkte mit neuen Milliarden, was den Zinsnotstand noch vergrößert und immer mehr Anleger an den Aktienmarkt treibt.

Börsenexperten streiten sich indes darüber, ob man nun weiterhin Corona-Gewinner wie Technologiewerte einsammeln oder lieber auf klassische Industrietitel mit Aufholpotenzial setzen soll. Dabei macht sich im Windschatten von Value- und Wachstumsaktien eine andere Anlageklasse auf, sich an einer Turnaround-Story zu versuchen: der lange verschmähte Rohstoffsektor.

Stiefmütterlich behandelt

Während die meisten Aktienindizes in den vergangenen Jahren laufend neue Hochs markierten, lief es für Rohstoffe mehr als zäh. Das Allzeithoch aus 2008 liegt über zwölf Jahre zurück, seitdem ging es mit Rohstoffanlagen stetig bergab. Die Preise für Eisenerz, Öl, Kupfer & Co konnten allerdings in den vergangenen Monaten ordentliche Zuwächse verzeichnen. Dabei kommt der Preisdruck gewiss nicht von der Nachfrageseite. Besonders deutlich lässt sich dieser Umstand am Ölpreis ablesen. Seit Monaten wird kaum geflogen, Kreuzfahrtschiffe bleiben in den Häfen und es wird wenig mit dem Auto verreist. Etliche Branchen haben noch nicht wieder Vor-Corona-Produktionsniveaus erreicht. Trotz der geringen Nachfrage zog aber auch der Ölpreis zuletzt wieder deutlich an. Bei Kupfer und anderen Industriemetallen setzt sich die positive Tendenz ebenfalls fort.

Der Haupttreiber dahinter ist zweifelsohne das spendable Verhalten der Zentralbanken. Die massive Flutung der Märkte mit billigem Geld mag im Angesicht der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg gewiss nötig sein. Trotzdem nimmt das Unbehagen bei nicht wenigen Anlegern mit jeder Milliarde, die ins System gepumpt wird, zu. Die Sorge vor steigender Inflationierung des Geldes treibt nicht nur Aktienmärkte, sondern auch die Preise für Edel- und Industriemetalle sowie Öl und Gas. Ironischerweise sorgen Investoren hier für eine selbsterfüllende Prophezeiung. Schließlich führen höhere Rohstoffpreise direkt zu steigenden Inflationsraten. Genau dagegen wollen sich Anleger jedoch mit einer Investition in Rohstoffe absichern.

Depotstabilisator

Es kann also durchaus sinnvoll sein, dem Depot eine Portion Rohstoffe beizumischen. Schließlich unterliegen diese einem anderen Zyklus als Aktienmärkte. So kann sich der Aktienmarkt in einem Aufwärtstrend bewegen, während Rohstoffnotierungen schwächeln, und umgekehrt. In der Historie sah man auch des Öfteren Gleichläufe beider Anlageklassen, was bedeutet, dass diese nicht zwingend miteinander korrelieren. Zudem scheint der Zeitpunkt attraktiv für ein Investment, zumindest im Vergleich zum Aktienmarkt. Selten waren Rohstoffe im Vergleich zu Aktien derart günstig wie heute. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass sich die Schere zwischen den beiden Anlageklassen so schnell schließt, ist eine Aufholrally durchaus denkbar.

Welche Rohstoffe das größte Potenzial haben und mit welchen Titeln Sie bei der spannenden Turnaround-Story rund um Kupfer & Co mitmachen können, lesen Sie auf den folgenden Seiten.

Erdöl: Das Ende des Ölzeitalters


Während alternativen Energien die Zukunft gehört, neigt sich das Ölzeitalter dem Ende zu. Zu dieser Überzeugung kommt ausgerechnet BP, einer der größten Ölkonzerne der Welt. "Der Energieverbrauch verlagert sich weg von fossilen Brennstoffen. Die erneuerbaren Energien wachsen rasch, da die Welt immer mehr elektrifiziert wird", heißt es im jährlichen "World Energy Outlook", den das Unternehmen im September dieses Jahres vorgestellt hat.

Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis fossile Energieträger ausgedient haben. So geht der britische Mineralölkonzern in seinem Basisszenario davon aus, dass sich die Ölnachfrage mit dem Ende der Corona-Pandemie zunächst wieder leicht über das Vorkrisenniveau erholen und sich anschließend für einige Jahre stabil zeigen wird. Erst 2030 dürfte die Nachfrage dann nennenswert zurückgehen. Für die Ölkonzerne bleibt also ausreichend Zeit, um in den kommenden Jahren mit dem Kerngeschäft solide Erträge einzufahren und gleichzeitig das eigene Portfolio zukunftssicher auszurichten. So hat sich BP auf die Fahnen geschrieben, sich bis zum Jahr 2050 in ein klimaneutrales Unternehmen zu verwandeln.

Zukünftig wird sich der Konzern auf hochwertige Öl- und Gasförderung konzentrieren und die Investitionen in emissionsarme Aktivitäten auf fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr verzehnfachen.

Neuausrichtung steht bevor

Innerhalb der kommenden zehn Jahre soll so der Wandel von einem internationalen Ölkonzern zu einem integrierten Energieunternehmen gelingen. Den Zielen von BP zufolge wird man die Nettokapazität zur erneuerbaren Energieerzeugung im Jahr 2030 auf rund 50 Gigawatt verzwanzigfacht haben. Ähnlich ehrgeizige Pläne verfolgt Royal Dutch Shell. Für Anleger bietet sich somit eine spannende Chance, an der Transformation teilzuhaben: Kurzfristig dürfte das traditionelle Geschäft eine schöne Dividende ermöglichen. Langfristig versprechen neue Geschäftsfelder Wachstumsfantasie.

Darüber hinaus stimmt die Bewertung: Nach Einschätzung der Analysten von Kepler Cheuvreux etwa reflektiert der Aktienkurs von Royal Dutch Shell derzeit einen Ölpreis von gerade einmal 35 US-Dollar je Barrel. Tatsächlich werden aber über 40 Dollar aufgerufen.

Uran: Weniger Angebot, steigende Preise



Während sich Deutschland von seinen Atommeilern verabschiedet, rüsten andere Länder massiv auf. So geht in China in den nächsten Jahren ein gutes Dutzend neuer Reaktoren an den Start. Auch Indien setzt zukünftig verstärkt auf Kernkraft zur Energieproduktion. Für den Betrieb braucht es Uran, das in der Regel über lang laufende Lieferverträge von Förderern wie der kanadischen Cameco kommt. Zur Stützung der gesunkenen Preise für das radioaktive Erz haben die Kanadier, die zu den weltweit größten Produzenten gehören, 2019 eine ihrer größten Minen geschlossen. Um das Angebot weiter zu verknappen, kauft der Konzern zudem Uranbestände auf dem Spot-Markt auf. Auf den Preis hatte das bisher allerdings keine Auswirkungen. Experten rechnen aber wegen der steigenden Nachfrage aus Fernost spätestens im Jahr 2023 mit einem Angebotsengpass, der den Uranpreis in den kommenden Jahren von aktuell 30 auf über 60 Dollar je Pfund hieven soll. Cameco, als Produzent mit einem der günstigsten Produktionsprofile im Sektor, sollte davon nach dem jahrelangen Uran-Bärenmarkt überproportional profitieren. Trotz niedriger Preise konnte der Konzern in den letzten Jahren stets ausreichend freien Cashflow generieren. Bei steigenden Preisen sind deutlich höhere Notierungen drin. Eine spekulativere Anlagealternative wäre Kazatomprom. Wegen der Marktenge des kasachischen Wertpapiers aber bleibt Cameco erste Wahl.

Kupfer: "Dr. Copper" signalisiert Zuversicht


Kupfer gilt seit jeher als sehr konjunktursensibler Rohstoff, der Auf- und Abschwünge der Weltkonjunktur durch seine Preisentwicklung schon im Vorfeld signalisieren kann. Wegen seiner Funktion als Indikator für den Zustand der globalen Wirtschaft wird das rötliche Metall auch oft "Dr. Copper" genannt. Mit 7700 US-Dollar je Tonne erreichte der Rohstoff zuletzt ein neues Siebenjahreshoch. Seit Jahresbeginn hat sich Kupfer um rund 30 Prozent verteuert. Analysten rechnen damit, dass die Nachfrage das Angebot schon in den kommenden Jahren übertreffen wird.

Kupferriesen im Vorteil

Die Entwicklungszeit neuer Kupferminen liegt in der Regel zwischen sieben und zehn Jahren. Neue Projekte benötigen zudem das aktuelle Preisniveau, um die hohen Entwicklungskosten zu rechtfertigen. Entsprechend gut stehen derzeit die großen Kupferproduzenten wie der US-Konzern Freeport-McMoran oder First Quantum Minerals aus Kanada da, deren Aktienkurse sich gegenüber ihren Jahrestiefs vervielfachen konnten. Kurzfristig kämen Rücksetzer bei den beiden Titeln nicht überraschend, die dann aber eine schöne Einstiegschance bieten würden.

Eine attraktive Nachzügler-Chance finden Anleger bei Turquoise Hill Resources. Hauptprojekt der Gesellschaft ist die Kupfer- und Gold-Lagerstätte Oyu Tolgoi in der Mongolei, an der das kanadische Unternehmen knapp zwei Drittel der Rechte hält. Sie soll in den kommenden fünf Jahren zusammen mit dem strategischen Partner und Großaktionär Rio Tinto zu einer der fünf größten Kupferproduktionen der Welt erweitert werden.

Nickel: Hilferuf des Visionärs


Der Aufruf von Elon Musk in diesem Sommer hat aufhorchen lassen. Der Tesla-Chef hat sich mit der Bitte an die Bergbauunternehmen weltweit gewandt, in den kommenden Jahren möglichst viel Nickel abzubauen. Der Rohstoff gehört zu den wichtigsten Metallkomponenten bei der Batterieherstellung. Insbesondere die hohen Lagerbestände haben dazu geführt, dass sich der Nickelpreis in den vergangenen Jahren eher unterdurchschnittlich entwickelt hat. Der Preis für eine Tonne Nickel hat sich zwar seit März von 11 000 auf 16 000 US-Dollar verteuert, von den Höchstständen bei rund 50 000 Dollar aus dem Jahr 2007 ist der Rohstoff aber noch weit entfernt. Während in den vergangenen Jahren kaum in neue Nickelprojekte investiert wurde, beginnt der Bedarf nun deutlich anzuziehen.Vor allem die hohe Nachfrage aus China könnte den Markt schon in diesem Jahr in ein Angebotsdefizit fallen lassen, was den Preis weiter treiben dürfte.

Per ETC lässt sich an der Preisentwicklung des Rohstoffs partizipieren, doch auch Unternehmen wie Nornickel sind interessant. Eine vom Unternehmen verursachte Ölkatastrophe im Sommer hat die Aktie des weltweit zweitgrößten Nickelproduzenten in den vergangenen Monaten so zurückgeworfen, dass der Titel derzeit sehr günstig zu haben ist.

Lithium: Elektromobilität lässt Nachfrage explodieren


Kaum ein anderer Rohstoff wird durch die Elektromobilität in den kommenden Jahren einen derartigen Nachfrageschub erleben wie Lithium. Einer Studie der Gro?bank UBS zufolge du¨rfte der Anteil der Elektroautos 2025 bereits bei 17 Prozent, fünf Jahre später gar bei 40 Prozent liegen. Allein der US-Hersteller Tesla will seine Fahrzeugproduktion in den kommenden zehn Jahren auf 20 Millionen Autos vervielfachen. Daher rechnen die UBS-Experten bis 2030 mit einer Verachtfachung der Lithium-Nachfrage. Das Metall ist ein wichtiger Rohstoff für die Batterien von Elektroautos. Anleger können indes nicht direkt per ETC in Lithium investieren. Eine interessante Alternative stellt der L & G Battery Value-Chain UCITS ETF dar. Die Entwicklung des Indexfonds hängt von Unternehmen ab, die Batterien entwickeln oder die nötigen Rohstoffe fördern. Seitdem Tesla-Chef Elon Musk kürzlich eine neue Generation von Batteriezellen ankündigte, stehen die Aktien von Lithium-Unternehmen unter Strom. Praktisch gleichzeitig mit dem erwarteten Anstieg der Lithium-Nachfrage fährt der australische Konzern Orocobre die Produktion in seiner Olaroz-Mine von rund 12 000 Tonnen im kommenden Jahr auf 42 500 Tonnen bis 2025 hoch. Die Aktie eignet sich für risikofreudige Anleger.

Eisenerz: China treibt den Preis nach oben


Mit starken Kursgewinnen im Jahresverlauf glänzt Eisenerz. Das Industriemetall ist der Grundrohstoff für die Stahlherstellung und damit für eine Branche, die besonders stark an der Entwicklung der Konjunktur hängt. Der jüngste Aufwärtstrend geht in erster Linie auf die starke Nachfrage aus China zurück, wo die Stahlproduktion 2020 um fünfeinhalb Prozent über dem Vorjahreswert liegt. Allein im Oktober legte sie im Reich der Mitte um 12,7 Prozent zu.

Günstige Bewertung

Vom kräftigen Preisanstieg konnten zuletzt die großen Rohstoffkonzerne wie das britisch-australische Unternehmen Rio Tinto oder Vale aus Brasilien profitieren, die den Markt für Eisenerz dominieren. Trotz des jüngsten Kursanstiegs sind die Aktien fundamental immer noch attraktiv bewertet. Allerdings haben sich beide Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit nicht mit Ruhm bekleckert. Vale ist noch immer mit den Folgen des Dammbruchs im Januar 2019 bei seiner wichtigsten Eisenerzmine beschäftigt. Mindestens 259 Menschen starben damals. Bei Rio Tinto löste die Sprengung einer 46 000 Jahre alten heiligen Stätte der Aborigenes im Mai 2020 einen Sturm der Entrüstung aus. Konzernchef Jean-Sébastien Jacques kündigte deswegen im September seinen Rücktritt spätestens für März 2021 an.

Die australische Firma Fortescue Metals gehört zu den weltweit größten Produzenten von Eisenerz und ist als reiner Eisenerz-Wert mehr als nur eine gute Alternative.

Fonds: Rohstoffe im Paket


Wer, anstatt auf einen einzelnen Rohstoff zu spekulieren, lieber auf einen Korb aus verschiedenen Rohstoffen setzen möchte, findet im UniCommodities von Union Invest eine passende Lösung. Der Fonds investiert über Derivate - meist über den liquiden Futures-Markt - in Rohstoffe. Dabei bietet er einen ausgeglichenen Investitionsmix. So wird in Industrie- und Edelmetalle sowie Energierohstoffe (unter anderem Öl) jeweils zu etwa einem Drittel investiert, wobei der Fonds zwischenzeitlich seine Cashquote flexibel variieren kann. In Agrarrohstoffe, wie beispielsweise Getreide oder Mais, investieren die Manager von Union Invest aus Gründen der Ethik hingegen bewusst nicht. Vom Bärenmarkt schwer gebeutelt, konnte der Fonds seit dem Corona-Tief wieder um über 50 Prozent zulegen und steht den meisten Aktienindizes damit in nichts nach.

Wer die Rohstoffkarte lieber über den Kauf von Rohstoffaktien spielt, wird beim iShares Stoxx Europe 600 Basic Resources fündig. Im ETF sind einige der namhaftesten Rohstoff-Förderer der Welt stark vertreten. Der Aluminium-König Rio Tinto ist beispielsweise mit 21,70 Prozent, BHP Billiton mit knapp 14,0 und Anglo American mit 12,5 Prozent gewichtet. Im Portfolio finden sich aber auch Unternehmen aus der Rohstoffgewinnung und -weiterverarbeitung wieder, wie die Papier- und Verpackungsfabrikanten Stora Enso und UPM-Kymmene sowie der Stahlproduzent ArcelorMittal. Somit bietet der ETF ein breites Spektrum für jene Anleger, die Aktien bevorzugen und gleichsam von steigenden Rohstoffnotierungen profitieren möchten.