Die Konkurrenz vom Golf wie der Air Berlin-Partner Etihad und die Billigfluglinien sitzen Deutschlands größter Airline im Nacken. Deshalb muss Spohr die Kosten trimmen und will die Billig-Tochter Eurowings kräftig ausbauen. Doch damit bringt er die einflussreichen Piloten und die Flugbegleiter gegen sich auf. Folge: Zwei Brandherde, die trotz Jobgipfel und bevorstehender Schlichtung wieder zu tagelangen Streiks führen könnten.

"Bei Eurowings kommt es darauf an, ob die Lufthansa es schafft, den Aufbau des Geschäfts so voranzutreiben, wie sie es möchte", sagt Analyst Jochen Rothenbacher vom Brokerhaus Equinet. "Zudem muss sich zeigen, ob die Kunden das Produkt annehmen." Entscheidende Fragen bei der Billigtochter, die zu 40 Prozent niedrigeren Kosten fliegen soll als die Lufthansa selbst. Spohr weiß genau, dass er sparen muss, um nicht gegen die - mitunter staatlich gestützten - Wettbewerber Boden zu verlieren. Beharrlich wiederholt er: "Wir müssen das Unternehmen für die Zukunft aufstellen." Mit seiner Sturheit macht sich der 49-jährige Ex-Pilot nicht nur Freunde. "Er gefällt sich in der Rolle, der harte Hund zu sein", heißt es bei Widersachern, die mit ihm noch im Tarifclinch liegen.

BETRIEBSFRIEDEN?



Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo hatte die Lufthansa im November an sieben Tagen bestreikt - es war der längste Ausstand der Unternehmensgeschichte. Rund 4700 Flüge fielen aus, gut eine halbe Million Passagiere waren betroffen. Ab Januar soll eine Schlichtung den Konflikt lösen - unter dem früheren brandenburgischen Ministerpräsident Matthias Platzeck. Bei der Kranichlinie hofft man hinter vorgehaltener Hand, dass es vorerst keine weiteren Streiks der 19.000 Stewardessen und Stewards gibt. Die Verhandlungen mit den Piloten laufen derzeit geräuschlos und beide Seiten sprechen von "konstruktiven", aber auch "komplexen" Gesprächen. "Wir werden eine Lösung finden, wenn beide Seiten das wollen", sagt ein Sprecher der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit. "Die Verhandlungen bergen aber noch viel Sprengstoff." Zudem schwelt der Konflikt vor Gericht weiter.

Operativ hingegen läuft es bei der Lufthansa derzeit gut. Spohr weiß aber, dass der aktuelle Rückenwind - etwa durch die niedrigen Ölpreise oder die Reiselust der Kunden dank boomender Konjunktur - in Gegenwind drehen kann. "Die Lufthansa hat zuletzt von positiven Faktoren profitiert, die es in zwei Jahren vielleicht nicht mehr geben wird", warnte Spohr bereits Ende Oktober, als er die Gewinnprognose für 2015 nach oben schraubte. Beim operativen Ergebnis peilt er nun 1,75 bis 1,95 Milliarden Euro an. Es wäre der höchste Gewinn der Firmenhistorie.

ÖLPREISKOLLAPS HILFT



Auch für 2016 sind die Aussichten vielversprechend. So hat der internationale Luftfahrtverband IATA der Branche jüngst steigende Gewinne vorhergesagt und führt dies vor allem auf die niedrigen Tankrechnungen zurück. "Der Rückenwind für Lufthansa wird 2016 wohl noch bleiben", sagt auch Equinet-Experte Rothenbacher. Langfristig stelle sich die Frage, wie die Luftfahrtindustrie in Europa aussieht. "Da wird eine weitere Konsolidierung sinnvoll sein." Hier hatte die Lufthansa bereits angekündigt, dass sie aktiv sein will.

Bei den anstehenden Aufgaben dürfte es für Spohr eher eine Lappalie sein, dass sich Gerangel um den Posten des Aufsichtsratschefs bei Lufthansa abzeichnet. Denn einer der Kontrolleure - Noch-Merck -Chef Karl-Ludwig Kley - bringt sich derzeit öffentlich selbst für den Job ins Gespräch - ein eher ungewöhnlicher Vorgang. Ein Kenner des Konzerns nennt Kleys Vorstoß sogar "eine Kampfansage". Die Lufthansa ihrerseits hält es derzeit nicht für angebracht, über eine Nachfolge von Wolfgang Mayrhuber zu spekulieren. Vorstandschef Spohr hat 2016 ohnehin vermutlich Wichtigeres zu tun.

Reuters