So wie bei heftigsten Turbulenzen im Flugzeug dürften sich die Lufthansa-Aktionäre gefühlt haben, als sie am Dienstag die ersten Meldungen aus dem Q3-Zwischenbericht gelesen haben: Der Gewinn sank stärker als erwartet, die Kosten explodierten und die Airline tritt in Zukunft beim Wachstum auf die Bremse.

Der operative Gewinn (Ebit) enttäuschte ganz besonders. Die Lufthansa erwirtschaftete im dritten Quartal 1,35 Milliarden Euro, elf Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Analysten hatten mit 1,4 Milliarden Euro gerechnet. Das Urteil der Experten der Schweizer Bank Credit Suisse ist eindeutig: "Lufthansa enttäuscht gleich doppelt" - bei den Ausgaben und bei den Einnahmen

Hohe Kosten belasten



Vor allem auf der Kostenseite sieht es düster aus. "Wir rechnen in diesem Jahr mit einem Kostenanstieg von mehr als einer Milliarde Euro allein durch Treibstoffkosten und Sonderbelastungen durch Flugausfälle und Verspätungen", erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr.

Der steigende Ölpreis - seit Jahresbeginn um mehr als 20 Prozent - schlägt sich in der Treibstoffrechnung wieder. Die Lufthansa geht nun davon aus, im Gesamtjahr rund sechs Milliarden Euro für den Sprit bezahlen zu müssen, 850 Millionen Euro mehr als bislang kalkuliert. Traditionell haben Fluglinien hohe Ausgaben: Für das Kerosin, die Gehälter und Flughafengebühren. Der Treibstoff ist dabei einer der größten Kostenblöcke.

Neben der hohen Treibstoffrechnung schlugen im dritten Quartal noch die hohen Ausgleichszahlungen an die Kunden ins Kontor. Ausgerechnet in den lukrativen Sommermonaten starteten zahlreiche Flüge verspätet oder fielen ganz aus. Die Lufthansa zahlte jüngsten Angaben zufolge in diesem Jahr bereits 350 Millionen Euro für Entschädigungen. Zuletzt war noch die Rede von 250 Millionen Euro.

Einnahmen unter Druck



Zudem müsste die Lufthansa die höheren Ausgaben durch höhere Einnahmen durch Tickets kompensieren. Dem Dax-Konzern gelang es aber nicht, die Preise anzuheben - ganz im Gegenteil: Je angebotenem Sitzplatzkilometer nahm die Lufthansa sogar 1,3 Prozent weniger ein als im Vorjahr. Der Umsatz stieg nur minimal auf 9,96 (Vorjahr 9,81) Milliarden Euro. Analysten hatten mit 10,1 Milliarden Euro gerechnet.

Die Ticketpreise waren im vergangenen Jahr durch das niedrigere Angebot auf dem Luftverkehrsmarkt im Zuge der Air Berlin-Pleite nach oben geschossen. Mittlerweile ist der Wettbewerbsdruck aber wieder gestiegen. Die Billigflieger Easyjet und Ryanair und die von den Iren geschluckte Laudamotion drängen auf den Markt. Dadurch haben sich die Ticketpreise wieder auf einem niedrigeren Niveau eingependelt.

Die Lufthansa übernahm große Teile der insolventen Air Berlin. Das brachte die Lufthansa an die Grenzen des Kapazitätswachstums - wegen der überlasteten Infrastruktur am Boden und in der Luft. Für dieses Jahr steht zwar weiterhin ein Plus von acht Prozent im Plan. Für 2019 drosselt die Airline aber das Tempo. Im nächsten Sommer will die Lufthansa das Angebot an Flügen um nur mehr 3,8 Prozent ausweiten.

Eurowings macht Verlust



Den Großteil der Air Berlin-Teile bekam die Blligtochter Eurowings. Die Integration der 77 Maschinen in den Geschäftsablauf verlief aber noch immer nicht reibungslos. Der operative Gewinn der Billigtochter ging daher um 40 Prozent zurück. Auch hier schlugen zusätzlich Kosten für Flugverspätungen und -ausfälle zu Buche.

In den ersten neuen Monaten des Jahres fielen so Einmalkosten von insgesamt 170 Millionen Euro an. "2017 haben wir eine historische Chance zur Konsolidierung in Europa ergriffen. Strategisch haben wir die richtige Entscheidung getroffen, auch wenn Eurowings dadurch ein extrem schwieriges Jahr 2018 zu bewältigen hat," rechtfertigte Konzernchef Spohr das Ergebnis. Ende September steht bei Eurowings operativ ein Verlust von 65 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte noch die Billigtochter noch einen Gewinn von 210 Millionen Euro eingeflogen.

"Ohne den Ergebnisrückgang bei Eurowings wäre uns sogar ein neuer Rekord gelungen", sagte Spohr mit Blick auf die ersten neun Monate. Der Gesamtkonzern erzielte ein bereinigtes Ebit von 2,36 Milliarden Euro, was 7,7 Prozent weniger ist als im Vorjahr. Damit haben die Lufthanseaten bereits den Löwenanteil des angepeilten Jahresgewinns erzielt - was aber auch nötig ist. Denn das vierte Quartal ist bei Fluggesellschaften traditionell schwach, lukrativ sind die reisestarken Sommermonate.

Gemischter Blick in die Zukunft



Für das letzte Quartal des Jahres ist die Kranich-Airline optimistisch. Der Dax-Konzern rechnet mit steigenden Erlösen. Die Nachfrage nach Langstreckenflügen sei hoch. Die Analysten von Liberum zeigten sich indes skeptisch. "Im vierten Quartal müssten sich die Geschäfte substanziell verbessern, damit das Management seine Prognosen erfüllen kann", schrieben sie in einem Marktkommentar. Den Widrigkeiten zum Trotz bestätigte die Lufthansa die Prognose. Der Dax-Konzern erwartet weiterhin, leicht unter dem Rekordgewinn vom Vorjahr - knapp drei Milliarden Euro - zu liegen.

Für das kommende Jahr wollte die Kranich-Airline noch keine konkreten Aussagen machen. Eines zeichnet sich aber schon jetzt ab: Die Treibstoffrechnung dürfte auch 2019 hoch sein. Der Dax-Konzern rechnet auf Basis der gleichen Menge Kerosin mit zusätzlichen Kosten von 900 Millionen Euro. Diese könnten aber an die Kunden weitergegeben werden: "Wir erwarten, dass die deutlich gestiegenen Treibstoffkosten spätestens ab 2019 zu höheren Ticketpreisen führen werden", sagte Spohr.

Analysten zeigen sich hingegen skeptischer. Sven Diermeier von Independent Research etwa erwartet, dass das Ergebnis wegen der hohen Treibstoffkosten und der anhaltend hohen Wettbewerbsintensität zurückgeht.

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Einschätzung der Redaktion



Die Q3-Zahlen der Lufthansa kamen am Markt überhaupt nicht gut an. Die Lufthansa-Aktie brach am Dienstag um zeitweise knapp neun Prozent ein. Damit fiel der Kurs auf den niedrigsten Stand seit Ende Mai 2017. Das Papier befindet sich seit Jahresbeginn im Sinkflug, hat mittlerweile rund 44 Prozent an Wert verloren. Im vergangenen Jahr hatte die Aktie im Zuge der Air Berlin Pleite einen Höhenflug hingelegt und Anfang 2018 ein Rekordhoch markiert.

Der Zwischenbericht der Lufthansa fiel wie erwartet durchwachsen aus. Die Aussichten sind weiterhin eingetrübt, etwa bei den Kerosinpreisen: Den das Ende der Ölpreisrally ist noch nicht in Sicht, etwa weil das Angebot auf dem Markt durch die Sanktionen gegen den Iran sinkt. Die Nachfrage nach Öl ist aber durch die brummende Konjunktur weiterhin hoch. Und ob die Pläne von Chef Spohr, die Ticketpreise anzuheben um die höheren Kosten zu kompensieren, aufgehen, ist fraglich. Der Wettbewerb ist durch die Überkapazitäten im Luftverkehrsgeschäft hoch.

Die Aktie ist mit einem KGV von rund vier sehr günstig. Die Sorgen um die Konjunktur - Airlines sind generell stark abhängig vom Wirtschaftswachstum - und die Treibstoffkosten seien im Kurs bereits eingepreist, schrieb RBC-Analyst Damian Brewer am Dienstag.

Charttechnisch ist das Papier durch den Kurssturz vom Dienstag deutlich angeschlagen. Anleger sollten von der Seitenlinie aus zusehen und eine Bodenbildung abwarten.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 21,00 Euro
Stoppkurs: 15,80 Euro