Die Lufthansa soll demnach eine nicht genannte Zahl von Flugzeugen und die damit verbundenen Start- und Landerechte (Slots) an Konkurrenten abgeben, damit ihr aus der Staatshilfe kein Wettbewerbsvorteil erwächst. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen sowie mögliche Alternativszenarien müssten intensiv geprüft werden. Das gelte auch für die Fähigkeit, die Milliardenhilfen zurückzuführen. Das Finanzpaket sähe der Aufsichtsrat aber weiterhin als einzig gangbare Alternative an.

Der Lufthansa droht das Geld auszugehen, weil mit den Reisebeschränkungen im Kampf gegen die Pandemie seit März fast drei Monate lang der Passagierverkehr nahezu eingestellt werden musste. Ab Mitte Juni werden wieder rund 14 Prozent der Flüge angeboten, deren Auslastung aber zunächst bei zögerlicher Nachfrage gering sein dürfte. Die Zeit drängt außerdem, weil eine außerordentliche Hauptversammlung noch mit mehreren Wochen Vorlauf einberufen werden muss, um den Weg für den geplanten Staatseinstieg freizumachen. Auch den Beschluss zum Einberufen des Aktionärstreffens verschob der Aufsichtsrat.

Die Bundesregierung und die Lufthansa hatten sich am Montag nach wochenlangen Verhandlungen auf die Staatshilfe in Form von Krediten, stillen Einlagen und einem Einstieg des Staates bei der Airline in Höhe von 20 Prozent geeinigt. Schon diese Gespräche hatten sich lange hingezogen, weil es in der Regierung einen Streit darüber gab, wie stark der Staat sich als Geldgeber künftig bei dem Unternehmen einmischen kann. Das Lufthansa-Paket setzt sich aus drei Milliarden Euro Kredit und rund sechs Milliarden Kapitalbeteiligung des Staates zusammen. Bei direkter Staatsbeteiligung legt die EU-Kommission noch strengere Maßstäbe bei ihrer Prüfung an, ob die Staatshilfe den Wettbewerb verzerrt.

SLOTS FÜR IMMER WEG?


Nach einem Bericht des "Handelsblatt" geht es um bis zu 20 Flugzeuge und ihre Slots. Ein mit den Verhandlungen Vertrauter sagte Reuters, das Unternehmen wolle nur zwölf Flugzeuge mit insgesamt 72 Slots freigeben. Knackpunkt sei ein Streit darüber, ob die Slots dauerhaft weg sind oder nach Rückzahlung aller Beihilfen der Lufthansa wieder zufallen sollen. Die Lufthansa wollte sich zu den Zahlen nicht äußern. Auch die EU-Kommission nahm bisher zu den konkreten Verhandlungen keine Stellung. Die Slots sind aus Sicht der Lufthansa an ihren beiden wichtigen Heimatstandorten, an denen sie mit fast zwei Drittel Marktanteil dominiert, Kronjuwelen. Ein Verzicht könnte die Ertragskraft der Airline in den nächsten Jahren schwächen. Angesichts der Sorge in der Branche, dass sich der Luftverkehr wohl erst wieder bis 2023 auf Vorkrisenniveau erholt, dürfte es für die Lufthansa ohnehin schon schwierig werden, genug Geld zu verdienen für Investitionen und den Abbau der Schulden und Staatsforderungen. Der Aufsichtsrat müsse die Rückführung der Stabilisierungsmaßnahmen angesichts der Auflagen prüfen, hieß es dazu von der Lufthansa.

Die Bundesregierung wollte nach Medienberichten strenge Auflagen der EU verhindern. "Wir verhandeln in Brüssel", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im Bundestag. Es sei im Interesse der EU, dass es durch die Pandemie keinen Ausverkauf in der Industrie gebe. Europa brauche auch nach der Krise wettbewerbsfähige Industriefirmen, dazu gehöre auch die Lufthansa. Auch die Gewerkschaften UFO, Verdi und Vereinigung Cockpit sowie der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport warnten die EU davor, die angeschlagene Lufthansa noch mehr zu schwächen. "Die rund 140.000 Arbeitsplätze bei der Lufthansa dürfen nicht durch unsinnige und wettbewerbsverzerrende Vorgaben gefährdet werden", sagt Markus Wahl, Präsident der Vereinigung Cockpit. "Es kann nicht das Ziel deutscher und europäischer Rettungspolitik sein, Unternehmen mit Milliarden an Finanzspritzen vor der Insolvenz zu bewahren und sie gleichzeitig durch Auflagen an anderer Stelle stark zu benachteiligen." Konkurrent Ryanair dagegen will rechtlich gegen die aus seiner Sicht rechtswidrige Staatshilfe vorgehen.

rtr