Bei der italienischen Airline ITA kommen die Übernahmepläne der Lufthansa und der Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) gut an. Die industrielle Logik der Offerte sei sehr überzeugend und äußerst interessant, so ITA-Verwaltungsratschef Alfredo Altavilla gegenüber dem "Handelsblatt". MSC und ITA hatten am Montag mitgeteilt, die Schweizer Reederei wolle mit der Lufthansa als industriellem Partner die Mehrheit an der im Oktober nach einer umfangreichen Sanierung neu gestarteten Fluggesellschaft übernehmen. MSC hat die Pläne nach eigenen Angaben der italienischen Regierung als ITA-Eigentümerin vorgestellt. Der italienische Staat soll demzufolge als Minderheitseigner an der Fluggesellschaft beteiligt bleiben.

Eine mit dem Vorgang vertraute Person sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, der Deal über MSC ermögliche der Lufthansa, ohne finanzielles Risiko Potenziale einer Zusammenarbeit mit den Italienern ausschöpfen zu können. Die Lufthansa sei an dem wichtigen Markt Italien schon lange interessiert, doch ein Einstieg bei der mittlerweile geschrumpften Airline berge Analysten zufolge hohe Risiken. Inlandsflüge und Europa-Verbindungen seien stark umkämpft, da es auf dem Festland viele schnelle Zugverbindungen gebe und die Billigflieger Ryanair und Wizz viele Europa-Strecken besetzten. Bei Langstreckenflügen von Mailand aus gebe es starke Konkurrenz von Airlines aus Nahost und den USA. Dennoch will sich die Lufthansa womöglich auch selbst finanziell an der Übernahme beteiligen. "Die kommenden 90 Tage werden wir nutzen, um alle möglichen Optionen einer Zusammenarbeit auszuloten, auch eine mögliche Kapitalbeteiligung", hieß es.

Verbindung von Airline und Reederei


Altavilla betonte, dass eine Verbindung von Airline und Reederei sowohl Tourismus- als auch im Frachtgeschäft Vorteile bringen. MSC befördere jährlich drei Millionen Passagiere auf Kreuzfahrten und brauche Flugzeuge, um die Urlauber zu den Häfen zu bringen, sagte er dem "Handelsblatt" weiter. Neben den Kreuzfahrschiffen ist MSC als eines der größten Frachtunternehmen auch im Containergeschäft aktiv. So könne die Alitalia-Nachfolgerin ITA Airways auch als "Protagonist in den Frachtverkehr" einsteigen, so Altavilla. Der Anteil der Lufthansa an einem ITA-Aktienpaket müsse noch festgelegt werden, sei aber kleiner als der von MSC. Dennoch würde ITA - sollte es zu einem Abschluss kommen - die Luftfahrt-Allianz Skyteam wieder verlassen und zur Star Alliance wechseln. Auch Teil des Lufthansa-Meilenprogramms Miles & More wolle man werden, kündigte Altavilla an.

Der Übernahmevorschlag wurde auch bei der italienische Luftfahrt-Gewerkschaft FNTA gut aufgenommen. MSC und Lufthansa seien zwei äußerst solide Partner, die künftiges Wachstum der ITA mit einer exzellenten Positionierung auf internationaler Ebene garantieren könnten, hieß es in einer Erklärung.

Über ITA Airways


Mitte Oktober 2021 war ITA als Nachfolger von Alitalia an den Start gegangen. Die italienische Fluggesellschaft war wegen jahrelanger Verluste nicht mehr zukunftsfähig. ITA hatte von ihrer Vorgängerin Alitalia zunächst nur etwa ein Viertel der Mitarbeiter und einen Teil der Flugzeuge übernommen. Die Flotte soll von anfänglich 52 Maschinen im laufenden Jahr auf 78 Flugzeuge wachsen. Für Ende 2025 peilt das Management einen weiteren Ausbau auf 105 Maschinen an.

Über Lufthansa


Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie stand auch der Lufthansa-Konzern vor dem Aus. Die Regierungen von Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz hatten den Konzern mit Milliardenhilfen davor bewahrt. Die stillen Beteiligungen des deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds und den Kredit der hiesigen Staatsbank KfW hat die Lufthansa inzwischen zurückbezahlt. Die Bundesrepublik ist aber noch mit gut 14 Prozent an dem Konzern beteiligt.

Unsere Einschätzung zur Lufthansa-Aktie


An der Börse wurden die Nachrichten zu einer möglichen Übernahme verhalten aufgenommen. Nach dem allgemeinen Kursrutsch am Montag gab die Lufthansa-Aktie zum Handelsstart am Dienstag weitere 1,45 Prozent nach. Zwar legte die Aktie am Vormittag noch um etwa zwei Prozent zu, musste die Gewinne aber bereits zum Mittag wieder fast vollständig abgeben.

Ein Risikofaktor wäre vor allem die finanzielle Beteiligung der Lufthansa an ITA. Sowohl Inlandsflüge wie auch Langstreckenflüge und Verbindungen in Europa seien stark umkämpft. Ein Einstieg bei der mittlerweile geschrumpften Airline berge Analysten zufolge Risiken.

Auch sonst ist das Umfeld für die Airline eher unsicher. Die Coronavirus-Pandemie und die Verbreitung der Omikron-Variante belasten den Luftverkehr und verhindern weitere Planungssicherheit. Auch wenn sich Lufthansa diesbezüglich optimistisch zeigt, könnten weitere Rückschläge warten. Wir belassen die Aktie auf "beobachten".

iw