Luxus ist nicht nur eine Frage des Geldes, manchmal auch des Geschmacks. Im aktuellen Sortiment der Nobelmarke Gucci findet sich ein mit Kristallen besetzter Turnschuh. Falls tatsächlich jemand die 1200 Euro teuren Treter auf der Straße testen will, lassen sich die an Riemen aufgereihten Kristalle auch abnehmen.

Trotz oder gerade wegen solcher Krea­tionen liefert Gucci glamouröse ­Geschäftsergebnisse. Die zum französischen Konglomerat Kering gehörende Marke steigerte ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 33 Prozent auf mehr als acht Milliarden Euro, und das bei ­einer bemerkenswert hohen operativen Marge von rund 40 Prozent.

Luxus lohnt sich. Die gesamte Branche boomt. Nach Berechnung der Unternehmensberatung Bain ist der Umsatz mit persönlichen Luxusgütern im vergangenen Jahr um sechs Prozent gewachsen und damit deutlich stärker als die Weltwirtschaft. Der Trend dürfte weitergehen: Die Bain-Analysten pro­gnostizieren für die Hersteller exklusiver Produkte bis zum Jahr 2025 Wachstumsraten von durchschnittlich drei bis fünf Prozent.

Das Geschäft der Luxusbranche wächst rund um den Globus. Besonders wichtig sind chinesische Konsumenten. Sie sind inzwischen für ein Drittel des Branchenumsatzes verantwortlich. Der wachsende Wohlstand hat eine große Kundengruppe geschaffen, die auch in einer wirtschaftlichen Schwächephase nicht auf Statussymbole verzichten will. Die sich abkühlende Konjunktur des Riesenreichs und der Handelsstreit mit den USA haben das Geschäft darum bislang nicht belastet. LVMH, der weltweit größte Luxusgüterkonzern, berichtete zum Jahresstart, dass sich das Wachstum des Konzerns in China zuletzt sogar beschleunigt habe.

Auch in der Luxusindustrie gibt es so etwas wie ein soziales Gefälle. Die großen Konglomerate wachsen deutlich schneller als der Branchenschnitt. LVMH legte im vergangenen Jahr mit einem Umsatzplus von zehn Prozent überdurchschnittlich stark zu. Nach Einschätzung der Investmentbank Morgan Stanley können die Riesen dank ihrer überlegenen Finanzkraft die besten Talente gewinnen und ihre Marken effektvoller inszenieren als die kleineren Konkurrenten.

Der wirtschaftliche Erfolg aber wirft ein Luxusproblem auf: Wer als Kunde mehr als 3.000 Dollar für eine Hand­tasche von Louis Vuitton zahlt, erwartet als Gegenleistung nicht nur Nutzwert, sondern auch das Gefühl von Exklusivität. Je mehr Stück aber auf den Markt geworfen werden, desto größer wird die Gefahr, das Markenimage zu verwässern und die Preise zu drücken.

LVMH-Chef Bernard Arnault erinnerte in der jüngsten Konferenzschaltung die Finanzanalysten an die Logik der Branche: Das wichtigste Ziel sei Qualität der Produkte und Begehrtheit der Marke. Nur wenn das erreicht sei, würden Umsatz und Gewinn, quasi als Nebeneffekt, steigen.

Ein beliebter Trick sind limitierte ­Editionen, oft in Kooperation mit bekannten Künstlern. Ein Produkt wird dabei in hoher Stückzahl, aber verschiedenen Variationen auf den Markt gebracht. Dank einer solchen "virtuellen Knappheit", wie es Morgan Stanley nennt, sind diese Produkte meist schnell ausverkauft, bringen dem Unternehmen hohe Margen und stärken zusätzlich das Image der Marke.

Rihanna mischt die Modewelt auf

Kollaborationen bieten auch eine Möglichkeit, gezielt junge Kunden zu ­erreichen. Einer der spannendsten Geschäftspartner von LVMH ist Rihanna. Die 31-Jährige ist mit mehr als 250 Millionen verkauften Tonträgern eine der erfolgreichsten Sängerinnen der Gegenwart, hat aber auch in anderen Bereichen außergewöhnliches Talent bewiesen. Bislang geht es bei der Kooperation von Rihanna und LVMH vor allem um die Kosmetiklinie Fenty Beauty. Die wurde 2017 gestartet und brachte im vergangenen Jahr bereits einen beachtlichen Umsatz von knapp 500 Millionen Euro. Größere Projekte könnten darum folgen, angeblich ist sogar eine ganz neue Marke in Vorbereitung. Gesehen wurde Rihanna bereits mit einer Sonnenbrille, auf der in großen Buchstaben der Schriftzug Fenty (das ist Rihannas Familienname) zu sehen war.

Wie populär die großen Luxusmarken bei jungen Konsumenten bereits sind, zeigt sich in den sozialen Netzwerken. Auf der Bilder-Plattform Instagram folgen 32,5 Millionen Nutzer der Selbst­inszenierung von Gucci. Zu sehen gibt es dort Bilder von Modeschauen, Promis und natürlich immer wieder Gucci-Produkten. Louis Vuitton liegt auf Insta­gram mit etwas mehr als 30 Millionen Abonnenten knapp dahinter.

Junge Kunden klicken nicht nur auf Bilder der Luxusmarken, sie kaufen auch deren Produkte. Gucci erzielte im letzten Jahr nach eigenen Angaben 62 Prozent seines Umsatzes mit Millennials, also Kunden jünger als 35 Jahre.

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Zweite Reihe unter Druck

Kering will den Schwung seiner Hauptmarke nutzen. Gucci sei das Rückgrat des Konzerns, erklärt Vorstandschef François-Henri Pinault. Großes Potenzial sehen Analysten im Geschäft mit hochwertigem Schmuck, eine der am schnellsten wachsenden Kategorien im Luxussegment. Auch der Verkauf über das Internet dürfte überproportional wachsen.

Der Erfolg der wichtigsten Marke könnte aber zum Problem werden, wenn sich die Trends ändern. Gucci steuerte 2018 über 60 Prozent des Umsatzes und über drei Viertel des operativen Gewinns von Kering bei. Der Druck auf die kleineren Marken des Konglomerats steigt also: Yves Saint Laurent hat den Umsatz im vergangenen Jahr ebenfalls zweistellig gesteigert und nähert sich der Marke von zwei Milliarden Euro. Das Geschäft von Bottega Veneta ist dagegen leicht geschrumpft.

LVMH ist nach Umsatz deutlich größer und breiter aufgestellt als Gucci, dennoch ebenfalls stark abhängig von wenigen Geschäftsbereichen. Die Sparte Mode und Lederwaren lieferte im vergangenen Jahr 60 Prozent des operativen Konzerngewinns.

Die Ungleichgewichte innerhalb der Konglomerate könnten die Unternehmen zu neuen Übernahmen inspirieren. Die Berenberg Bank kalkuliert, dass ­Kering bis zu zehn Milliarden Euro für eine Shoppingtour ausgeben könnte, LVMH sogar bis zu 25 Milliarden.

Immer wieder mal als Übernahmekandidat gehandelt wird Chanel. Das nicht an der Börse notierte Modeunternehmen mit Sitz in London kam im Jahr 2017 (das sind die aktuellsten Daten) auf einen Umsatz von 9,6 Milliarden Dollar. Durch den Tod seines langjährigen Chefdesigners Karl Lagerfeld ist der kreative Kopf verloren gegangen. Bislang ­allerdings haben die Eigentümer Angebote stets ausgeschlagen. Nicht jeder Luxus lässt sich kaufen.

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Investor-Info

Kering
Gewinnen mit Gucci

Das Luxusgüter-Konglomerat wird vom Erfolg seiner Hauptmarke Gucci getrieben. Der Aufwärtstrend im operativen Geschäft scheint intakt, auch wenn sich das Wachstum von Gucci abflachen dürfte. Analysten kalkulieren für den Gesamtkonzern in diesem Jahr mit einem Wachstum von 14 Prozent beim Umsatz, 16 Prozent beim operativen Gewinn. Dank Gucci bleibt Kering ein aussichtsreiches Investment. Die nächste charttechnische Hürde ist das Hoch aus dem Jahr 2018 bei 515 Euro.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 560,00 Euro
Stoppkurs: 350,00 Euro

LVMH
Luxus in allen Variationen

Neben Mode und Lederwaren verkauft das französische Luxuskonglomerat Wein, Parfüm, Kosmetik, Uhren und Juwelen. Das breite Portfolio hilft dem Konzern, die Launen von Modewelt und Konjunktur besser abzu­federn als kleinere Rivalen. Im Vergleich zu Kering dürfte der operative Gewinn bei LVMH mit rund neun Prozent in diesem Jahr nicht so stark steigen. Dank des starken Portfolios bleibt LVMH ein Basisinvestment im Luxussektor. Nächste Hürde bei 310 Euro.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 350,00 Euro
Stoppkurs: 240,00 Euro

S & P Global Luxury
Hauptsache teuer

Die Aktien von 80 Unternehmen aus dem Luxussektor sind in dem von S & P erstellten Index gebündelt. Zu den größten Positionen gehören LVMH und Kering. Der Index umfasst leider neben der Modewelt auch viele Unternehmen aus anderen Branchen. Belastet haben zuletzt unter anderem Daimler und BMW. Dadurch hat sich der Index über die vergangenen zwölf Monate schlechter entwickelt als der breite MSCI World. Investieren können Anleger in den Index etwa über einen ETF von Amundi. Halteempfehlung.

Empfehlung: Beobachten


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