Beginnen jetzt also die Wochen der Wahrheit? Historisch betrachtet liegt nun die schwächste Phase eines Börsenjahrs vor den Anlegern und Investoren weltweit. Zumindest war es im Schnitt in den zurückliegenden 15 Jahren beim amerikanischen Weltleitindex, beim S & P 500, meist so: Von Mitte August bis Mitte Oktober - so die Erfahrung - ist mit schwächeren Kursen zu rechnen.

Dass hier oft ein solch saisonaler Faktor wirkt, hat gute Gründe. Zum einen gibt es fast überall auf dem Globus teils ausgedehnte Ferien, was traditionell zu einem gewissen Sommerloch in Sachen Nachrichten führt, gerade was die Politik angeht. Und zum anderen neigt sich die Berichtssaion zum zweiten Quartal dem Ende zu, was wiederum den Strom an Unternehmensnachrichten stoppt. Damit fehlt dann der wesentliche Kurstreiber der zurückliegenden Wochen. Was gerade auch in diesem Jahr entscheidend ist.

An den Märkten wird man daher den Fokus wieder vermehrt auf die eher übergeordneten Themen richten - etwa Covid, Konjunktur und Inflation. Oder auch auf die verheerenden Brände und Überflutungen in vielen Teilen der Welt. Weil das tendenziell eher belastende Faktoren sind, gibt es durchaus Risiken für eine Konsolidierung der Märkte.

Starke Quartalszahlen


Gleichzeitig ist die bisherige Widerstandsfähigkeit der Börsen beachtlich. Auch wenn die gerade berichteten Umsatz- und Gewinnzahlen der Unternehmen nicht gerade eine Kurseuphorie auslösten, näherten sich viele der wichtigen Indizes wieder ihren Jahreshochs an. Der DAX etwa, ebenso der Euro Stoxx 50. Und auch in den USA präsentieren sich die Märkte weiterhin rekordverdächtig.

Bisher veröffentlichten etwa vier Fünftel der 500 größten amerikanischen Aktiengesellschaften ihre Quartalsergebnisse. Davon konnten 88 Prozent die Erwartungen hinsichtlich des Gewinns und 86 Prozent die Umsatzprognosen übertreffen. Das ist top. Zusammengerechnet stiegen die Umsätze um beinahe 30 Prozent, während die Gewinne aggregiert ein Wachstum um 110 Prozent aufweisen.

Das ist beeindruckend, muss allerdings relativiert werden, da sich die Vergleichsbasis durch die Pandemie schließlich auf einem sehr niedrigen Niveau befindet. "So dürfen wir nicht vergessen, dass im Vergleichszeitraum, dem zweiten Quartal 2020, der Großteil der Unternehmen am stärksten von den Corona-bedingten Restriktionen betroffen war", heißt es in einer Studie der österreichischen Raiffeisen Bank.

Erhöhte Volatilität


Und jetzt kommt also die saisonal schwächste Phase eines Börsenjahrs. Mit einer durchaus berechtigten Sorge vor Rücksetzern. Wegen der beginnenden Sommerflaute. Aber auch weil die Kursentwicklung sich immer mehr verlangsamt hat. "Der Blick auf diverse Sentimentindikatoren zeigt, dass mit den steigenden Kursen zuletzt auch vermehrtes Unbehagen unter den Anlegern einherging", heißt es bei der Raiffeisen Bank. So kletterte der Volatilitätsindex VIX in den vergangenen Wochen zwar langsam, aber stetig nach oben - was eben als Ausdruck erhöhter Nervosität zu deuten ist. Das sollte man als Anleger in den nächsten Wochen im Auge behalten. Rücksetzer sollten drin sein. Insgesamt und auf längere Sicht scheinen die Bullen aber weiterhin die Nase vorn zu haben.