Europa und der Rest der Welt kämpfen mit der zweiten oder gar schon dritten Corona-Welle. Überall gibt es neue Maßnahmen zur Beschränkung der Kontakte. Hierzulande soll dies vor allem über die Schließung von Gastronomie und Kulturbetrieben greifen. Mitte November wird es eine erste Bestandsaufnahme von Bund und Ländern dazu geben. Ähnlich sieht es in Österreich, Polen, Griechenland und Großbritannien aus. Auch dort gibt es neue Einschränkungen wie etwa eine nächtliche Ausgangssperre in Österreich. In Fernost sieht es besser aus: China beispielsweise steuert schon wieder Richtung Vorkrisenniveau. Aufgrund seiner drastischen Abriegelungspolitik blieb das Land bisher von weiteren Wellen verschont. Dadurch ist man in der Lage, die industriellen Kapazitäten auszulasten.
Natürlich leidet China wie andere Exportnationen auch unter schlechteren Perspektiven für den Außenhandel. Dafür ist die Inlandsnachfrage gut. Das sieht man an Indikatoren wie den Einkaufsmanagerindizes. Der von der chinesischen Mediengruppe Caixin und dem Londoner Datendienst Markit erhobene Indikator,der auf eigenen Umfragen beruht, stieg im Oktober von 53 auf 53,6 Punkte. Damit liegt man schon den sechsten Monat in Folge oberhalb der Expansionsschwelle von 50 - und gleichzeitig auf dem höchsten Stand seit 2011. China ist damit weiterhin auf dem Weg einer V-förmigen Erholung. Ein eindrucksvolles Alleinstellungsmerkmal in der Weltwirtschaft.
Stark korrigiert
Die Börsen halten sich derweil einigermaßen passabel, auch wenn beispielsweise der DAX seit dem Zwischenhoch von 13 460 Punkten im September ordentlich korrigiert hat. Einige der Gründe für die gedämpfte Reaktion liefern die Zentralbanken. Die US-Notenbank Fed sorgt für viel Liquidität, so extrem, dass der Dollar leichter verfügbar ist. Die Europäische Zentralbank EZB wiederum lieferte eine eindeutige Vorwarnung ab, dass sie auf der nächsten Sitzung im Dezember in Aktion treten wird. Dann wird es wohl neue Hilfen und Finanzspritzen aus verschiedenen Töpfen und Programmen geben.
Zudem schlägt China sich - wie eingangs erwähnt - sehr gut. Neben den steigenden Konsumausgaben profitiert das Land von umfangreicher fiskalischer Unterstützung. Und dies wiederum ist positiv für die Weltwirtschaft insgesamt.
Dennoch sind die Sorgen unter Anlegern groß - und berechtigt. Im Frühjahr noch hatte der Sachverständigenrat in seinem Sondergutachten prognostiziert, dass die Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland in den folgenden Monaten einem "ausgeprägten V" nahekommen dürfte. "Aus heutiger Sicht lagen sie damit ziemlich gut. Doch das V hat sich nicht ganz vollendet - und droht nun in ein W umzuschwenken", so die Stragegen der Sutor Bank in einer Analyse. Geht es nach ihnen, hole der DAX nun das nach, was im Prinzip schon länger überfällig war.
Breit gestreut
"Wir sind der Meinung, dass die Börse in den letzten Wochen das V nur gespielt hat und die Wirtschaft nicht hinterhergekommen ist", so die Analyse. Jetzt fehle beim DAX eine klare Richtung. Das Thema Corona, gefolgt von den Themen USWahl und Brexit, sorgte für Unsicherheit und verhinderte klare Positionierungen. Der Rat an Anleger: nicht nervös machen lassen. "Eine möglichst breite Streuung ist gerade jetzt das A und O bei der Geldanlage. Nur so lassen sich Risiken austarieren und begrenzen, und dennoch Chancen eines Kursaufschwungs nutzen", sagt die Sutor Bank.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com