Der neue Tarifvertrag beinhaltet eine Einmalzahlung von 150 Euro für die Monate April bis Juni und hat eine Laufzeit von 21 Monaten. Ertragsschwache Firmen können mit den örtlichen Gewerkschaften eine Streichung der Einmalzahlung und eine Verschiebung der zweiten Lohnerhöhungsstufe um bis zu drei Monate aushandeln. Der Abschluss soll nach dem Willen beider Seiten für alle bundesweit 3,8 Millionen Beschäftigten der Branche übernommen werden.

"Das ist verglichen mit dem, was wir bisher in der Tarifrunde gesehen haben, deutlich an der Spitze", sagte Tariffachmann Reinhard Bispinck vom gewerkschaftsnahen WSI-Institut zu Reuters. Arbeitgeber und IG Metall sprachen von einem vernünftigen Kompromiss. Die Übereinkunft beteilige die Beschäftigten am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen, sagte IG Metall-Verhandlungsleiter Knut Giesler. Sein Arbeitgeber-Kontrahent Arndt Kirchhoff nannte die Lösung "gut". IG-Metall-Chef Jörg Hoffmann sprach von einem Beitrag zu mehr Gerechtigkeit. Gesamt-Metall-Präsident Rainer Dulger bezifferte die Kosten für die Branche auf insgesamt rund zehn Milliarden Euro im Jahr. Damit sei man an die "Grenze des gerade noch Erträglichen" gegangen.

Der Verband der Maschinenbauer VDMA allerdings hält die ausgehandelten Lohnzuwächse für zu hoch. Er sprach von einem "Vorschuss auf eine ungewisse Zukunft" und fürchtet Wettbewerbsnachteile. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer bewertete Einigung als gut, weil sie betriebliche Abweichungen ermögliche und 21 Monate laufe. "Damit sind einerseits Differenzierungen und Flexibilisierungen möglich, andererseits ist aber auch Planungssicherheit in den Unternehmen (...) gegeben." Die Bundesregierung wollte den Abschluss nicht bewerten.

Auch bei Analysten und Ökonomen traf die Einigung von Köln überwiegend auf Zustimmung. "Der Tarifabschluss passt in unsere Erwartungen von deutlichen Lohnerhöhungen, die aber nicht durch die Decke gehen", sagte Commerzbank-Experte Eckart Tuchtfeld. Forscher vom WSI begrüßten die Kaufkraftgewinne für die Beschäftigten. "Dies dürfte Signalwirkung haben für andere Verhandlungen - etwa in der Chemie", sagte Tariffachmann Bispinck voraus.

LOHNERHÖHUNGEN KOPPELN SICH VON PRODUKTIVITÄT AB



Der Europa-Chefvolkswirt der Nordea-Bank Holger Sandte sprach von einer Stützung der deutschen Binnenkonjunktur und des Konsums. Weniger erfolgreiche Unternehmen in der Branche dürften aber unter Druck kommen. Für Michael Holstein von der DZ Bank ist es vor allem erfreulich, "dass dem Metallgewerbe längere Streiks erspart bleiben". Der Abschluss erscheine angemessen und trage der aktuellen Situation Rechnung.

Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall hält vor allem die vereinbarte "Differenzierungskomponente" für einen Erfolg. Dies gibt ertragsschwachen Firmen die Chance, die Kosten aus dem Tarifabschluss um maximal zehn Prozent zu drücken. Diese Dimension ist nach Angaben von Dulger erreichbar, wenn ein Metallbetrieb mit der örtlichen Gewerkschaft den völligen Verzicht auf die Einmalzahlung und die Verschiebung der zweiten Lohnerhöhungsstufe von zwei Prozent, die es ab 1. April 2017 geben soll, um drei Monate aushandele. Nach Umfragen von Gesamtmetall geht es über 20 Prozent der Metallbetriebe ertragsmäßig "nicht sehr gut".

Sorge bereitet den Arbeitgebern der schon länger laufende Trend, dass die Lohnerhöhungen sich deutlich abgekoppelt haben von den Produktivitätszuwächsen. "Das belastet die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen deutlich", sagte Dulger. Damit nehme die Gefahr zu, dass Produktionen ins Ausland verlagert würden. "Das belastet die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen deutlich." Seit der Finanzkrise 2008 seien die Löhne und Gehälter in der Metallindustrie um über 20 Prozent gestiegen, die Produktivität aber habe lediglich um zwei Prozent zugenommen.

Im vergangenen Jahr hatte die IG Metall für den größten deutschen Industriezweig mit seinen 3,7 Millionen Beschäftigten eine Tariferhöhung um 3,4 Prozent ausgehandelt.

Reuters