Nach einem Erlöseinbruch und schmerzhaften Wertberichtigungen ist das Biotech-Unternehmen Morphosys tief in die roten Zahlen gerutscht. Wie bereits Anfang der Woche bekanntgegeben wurde, müssen die Bayern knapp eine Viertelmilliarde Euro abschreiben, weil sie mehrere vorklinische Programme mit Medikamentenkandidaten der neuen US-Tochter Constellation Pharmaceuticals aufgegeben hatten. In diesem Jahr setzt Morphosys auf weiteren Schub durch sein Krebsmedikament Monjuvi, für das der Vorstand die Umsatzprognosen bestätigte. Am Mittwoch hatte es bereits gute Nachrichten zu dem Medikament gegeben: Der Verband der US-Krebszentren NCCN hat Monjuvi unter bestimmten Voraussetzungen bei B-Zell-Lymphomen als bevorzugte Therapie einstuft. Derzeit führt die Firma zwei Phase-3-Studien mit dem Krebsmedikament durch. Es ist bereits bei einer bestimmten Blutkrebsform zugelassen, in den Tests geht es um weitere Indikationen.

Das Medikament gilt als der wichtigste Hoffnungsträger des Konzerns. Im laufenden Jahr soll es den bestätigten Zielen zufolge zwischen 110 und 135 Millionen US-Dollar (100 bis 123 Mio Euro) Umsatz einbringen. Im vergangenen Jahr spülte die Antikörpertherapie 79,1 Millionen US-Dollar in die Kasse, wie bereits seit Januar bekannt ist. Das waren den Angaben zufolge umgerechnet knapp 67 Millionen Euro.

Insgesamt jedoch betrug der Konzernumsatz 179,6 Millionen Euro und damit 45 Prozent weniger als im Vorjahr. Im Vorjahr hatte Morphosys allerdings noch von einer hohen Vorabzahlung seines US-Kooperationspartners Incyte profitiert. Unter dem Strich verzeichnete Morphosys einen Verlust von 514,5 Millionen Euro, verglichen mit einem Nettogewinn von 97,9 Millionen Euro im Jahr 2020.

Der hohe Verlust bei Morphosys ergibt sich unter anderem aus einer 231 Millionen Euro schweren Abschreibung bei der US-Tochter Constellation. Künftig wollen sich die Bayern nur noch auf die am weitesten fortgeschrittenen Medikamentenkandidaten des US-Krebsspezialisten konzentrieren, wie vergangene Woche bekannt wurde.

Morphosys hatte die US-Firma 2021 mithilfe des Finanzierungspartners Royalty Pharma für bis zu 1,7 Milliarden Dollar übernommen. Dabei wurden auch einige Medikamente erworben, deren Erprobung sich noch in einem frühen Stadium im Labor befand. Große Hoffnungen setzen die Bayern vor allem auf zwei Krebsmedikamente in der Pharmapipeline des Epigenetik-Spezialisten. Deren Erprobung soll nun unverändert fortgesetzt werden. Aus Sicht von Analysten sind die von Constellation übernommenen Medikamentenkandidaten durchaus vielversprechend. Dennoch pokert Morphosys wohl hoch und muss zudem noch bestimmte Tantiemen an den Finanzierungspartner Royalty abtreten.

Überdies geht die Forschung in der Biotechbranche kräftig ins Geld, so auch bei Morphosys: Wie ebenfalls bereits bekannt, sollen in diesem Jahr hierfür die Aufwendungen bei 300 bis 325 Millionen Euro liegen, das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Auch an der angepeilten Bruttomarge von 75 bis 80 Prozent hält der MDax-Absteiger fest, wie er am Mittwoch nach Börsenschluss mitgeteilt hatte.

Eine konkrete Prognose zur Gewinnentwicklung 2022 gab das Unternehmen nicht ab, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung dürften aber nochmals deutlich zulegen auf 300 bis 325 (2021: 225) Millionen Euro.

Einschätzung zur Morphosys-Aktie


Operativ hat Morphosys die Erwartungen klar verfehlt. An der Börse taten sich die Anleger am Donnerstag deshalb zunächst schwer. Die Aktie schwankte zwischen Gewinnen und Verlusten, kostete am frühen Nachmittag dann mit 24,74 Euro gut drei Prozent mehr als am Vortag. An der Börse steht Morphosys allerdings wegen ungewisser Aussichten seit längerem unter Druck: Allein seit dem Jahreswechsel hat das Papier rund ein Viertel an Wert verloren. Seit dem Rekordhoch bei gut 146 Euro Anfang 2020 verlor das Papier mehr als 83 Prozent.

Die britische Investmentbank Barclays hat die Einstufung für Morphosys nach detaillierten Jahreszahlen auf "Equal Weight" mit einem Kursziel von 36 Euro belassen. Die finalen Kennziffern des Biotech-Unternehmens für 2021 und der Ausblick auf 2022 hätten den vorläufigen Verlautbarungen entsprochen, schrieb Analyst Brian Balchin in einer am Donnerstag vorliegenden Ersteinschätzung.

Morphosys verfügt über Barmittel in Höhe von knapp einer Milliarde Euro. Damit kann der Konzern weitere Medikamente durch klinische Phasen bringen. Wir bleiben positiv gestimmt und empfehlen das Papier weiterhin zum Kauf.

dpa-AFX/rtr/iw