Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hat am Donnerstag

stärker als erwartete

vorläufige Zahlen für das Geschäftsjahr 2015 präsentiert. Die gebuchten Bruttobeiträge stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent auf 50,4 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis legte um 20 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro zu. Der Konzernüberschuss ging um 3,1 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro zurück. Das Ergebnis aus Kapitalanlagen fiel um 6,3 Prozent auf 7,5 Milliarden Euro.

Damit

übertraf

das Unternehmen teilweise die Erwartungen der Analysten. Von Reuters befragte Experten hatten mit gebuchten Bruttobeiträgen von 50,3 Milliarden Euro und einem operativen Ergebnis von 4,5 Milliarden gerechnet. In puncto Konzernüberschuss wurden die Prognosen erfüllt. Nur das Ergebnis aus Kapitalanlagen lag unter dem erwarteten Wert von 7,8 Milliarden Euro. Die Jahresbilanz mit den endgültigen Zahlen will Munich Re am 16. März vorlegen.

Grund

für die positivere Entwicklung waren einerseits niedrigere Kosten durch Naturkatastrophen und andere Großschäden. Diese beliefen sich auf eine Milliarde Euro, nur halb so viel wie vorher angenommen. Andererseits löste der Konzern 1,4 Milliarden Euro an Rückstellungen für alte Verträge auf. Beide Eckdaten ließen den Verlust von rund 200 Millionen Euro bei der Erstversicherungstochter Ergo in den Hintergrund rücken.

Finanzvorstand Jörg Schneider bezeichnete das Ergebnis angesichts niedriger Zinsen und einer zunehmenden Volatilität an den Finanzmärkten als "erfreulich". Das Unternehmen habe zwar zufallsbedingt von geringeren Belastungen aus Großschäden profitiert, dennoch sei das "gute Resultat" vor allem auf die "operative Ertragsstärke" und eine

"stocksolide Bilanz"

zurückzuführen. Der Bestand an Kapitalanlagen summierte sich Ende 2015 auf 215,1 Milliarden Euro, 1,7 Prozent weniger als Ende 2014. Das Eigenkapital stieg um 2,3 Prozent auf 31 Milliarden Euro.

Neben den robusten Jahreszahlen kündigte die Munich Re auch eine überraschend starke

Dividendenerhöhung

an. Demnach soll die Ausschüttung für 2015 um 50 Cent auf 8,25 Euro je Aktie steigen. Analysten hatten lediglich 8,00 Euro je Aktie erwartet. Dies sei, so Schneider, ein Vertrauensbeweis "in die nachhaltige Ertragskraft" des Konzerns. Zudem machte er den Aktionären Hoffnung auf weitere Steigerungen: "Das Ende der Fahnenstange kann ich nicht sehen. Die Dividende ist heilig." Zusätzlich wolle das Unternehmen weiterhin rund eine Milliarde Euro pro Jahr über Aktienrückkäufe an die Anteilseigner zurückgeben.

Für 2016

rechnet Schneider mit einem weiteren Gewinnrückgang - unter anderem wegen der Kosten für die Aufräumarbeiten in der schwachen Ergo-Sparte. Der Tiefstwert könne bei 2,5 Milliarden Euro liegen, es könne "aber auch deutlich mehr werden." Die Analystenschätzungen von 2,75 Milliarden Euro seien "nicht so unplausibel".

Auf Seite 2: Positive und negative Effekte





Positive und negative Effekte



Laut Munich Re wurde das Konzernergebnis 2015 vor allem durch die Wertentwicklung der derivativen Finanzinstrumente, negative Währungseinflüsse sowie Goodwill-Abschreibungen in der Ergo-Sparte belastet. Positiv hätte sich aber das "sehr gute" Geschäft mit Schaden- und Unfallrückversicherungen ausgewirkt. Zudem habe das Unternehmen von einer vergleichsweise niedrige Steuerbelastung aufgrund von Anpassungen für frühere Jahre profitiert.

Im

Rückversicherungsgeschäft

stiegen die gebuchten Bruttobeiträge um 5,2 Prozent auf 28,2 Milliarden Euro. Die Schaden-Kosten-Quote fiel um drei Prozentpunkte auf 89,7 Prozent. Das operative Ergebnis legte um 24,2 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro zu. Das Ergebnis kletterte um 13,8 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Dabei habe die Wechselkursentwicklung des Euro gegenüber anderen Währungen die Beitragsentwicklung "deutlich" (+5,4 Prozent) beeinflusst, so Munich Re.

Im

Ergo-Geschäft

stiegen die gebuchten Bruttobeiträge um 1,2 Prozent auf 16,5 Milliarden Euro. Die Schaden-Kosten-Quoten legten in Deutschland um 2,6 Prozentpunkte auf 97,9 Prozent und international um 7,4 Prozentpunkte auf 104,7 Prozent zu. Das operative Ergebnis stagnierte bei 0,6 Milliarden Euro. Nach einem Ergebnis von 0,2 Milliarden Euro im Vorjahr fiel ein Verlust von 0,2 Milliarden an. Dieser sei laut Konzern unter anderem auf Zusatzaufwendungen in Höhe von insgesamt 452 Millionen Euro aus der Neubewertung von Goodwills zurückzuführen. Zudem habe der im November vereinbarte Verkauf der italienischen Ergo-Tochter das Ergebnis mit 100 Millionen Euro belastet.

Im

Munich Health-Geschäft

stiegen die gebuchten Bruttobeiträge vor allem dank positiver Wechselkurseffekte um 5,6 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro. Die Schaden-Kosten-Quote kletterte um 1,1 Prozentpunkte auf 89,9 Prozent. Das operative Ergebnis und das Ergebnis beliefen sich jeweils auf 0,1 Milliarden Euro und verzeichneten hauchdünne Rückgänge. Diese seien laut Unternehmen auf eine höhere Schadenbelastung in Teilsegmenten des Krankenrückversicherungsgeschäfts in den USA zurückzuführen.

Was die Erneuerung der

Rückversicherungsverträge

im Schaden- und Unfallgeschäft zum 1. Januar 2016 betrifft, zeigte sich der zuständige Vorstand Torsten Jeworrek "zufrieden". Das Marktumfeld habe sich gegenüber dem Vorjahr nur "wenig" verändert. In allen Sparten habe ausreichend Rückversicherungskapazität zur Verfügung gestanden. Die Preise blieben dadurch weiterhin unter Druck, allerdings etwas schwächer als in den Vorjahren, so Jeworrek. In puncto Vertragsbedingungen und Nachfrage nach Rückversicherungsschutz gebe es ebenfalls kaum Veränderungen.

Auf Seite 3: Anleger und Analysten reagieren positiv





Anleger und Analysten reagieren positiv



Die Nachrichten sorgten bei Anlegern für

Kauflaune

. Die Aktien der Munich Re legten am Donnerstag in der Spitze um 5,2 Prozent zu und stiegen auf ein Drei-Wochen-Hoch von 177,80 Euro. Sie gingen mit einem Plus von 3,2 Prozent aus dem Handel und waren damit die größten Gewinner im Dax. Der Leitindex dagegen verlor 0,4 Prozent.



Drei-Jahres-Chart

Auch Analysten reagierten positiv. Das Unternehmen habe sich trotz schwieriger Rahmenbedingungen und ungeachtet positiver Einmaleffekt gut geschlagen, lautete der Tenor. Die Erwartungen seien entweder erfüllt oder übertroffen worden.

Lob

gab es vor allem für die "starke Bilanz und das gute Kapitalmanagement" (Baader Bank), die "positive Überraschung" bei der Dividende (Equinet), die "hohe Dividendenrendite von fünf Prozent" (DZ Bank), die "konservative Herangehensweise" (Societe Generale) und die "guten Wachstumschancen in der Lebensrückversicherung" trotz des Gewinnabschwungs (S&P Capital IQ).

Kritik

gab es für die Erneuerungsrunde zum Jahreswechsel, die "herausfordernd" verlaufen sei (Independent Research), und die Dauerbaustellen des Konzerns wie "das herausfordernde Marktumfeld und das niedrige Zinsniveau" (NordLB). Insgesamt gaben Analysten am Donnerstag sechs Halte- und drei Kaufempfehlungen ab.

Auf Seite 4: Was BÖRSE ONLINE empfiehlt





Was BÖRSE ONLINE empfiehlt



Anleger lieben die Munich Re wegen ihrer hohen

Dividendenrendite

. Wenn dann auch noch die Dividende stärker als erwartet angehoben wird, kennt die Euphorie kaum noch Grenzen. Das hat sich nach der Vorlage der Jahreszahlen für 2015 gezeigt. Diese besonders aktionärsfreundliche Politik ist erfreulich, birgt allerdings auch zwei Risiken: Zum einen läuft sie Gefahr, die Investoren anspruchsvoller zu machen, zum anderen erhöht sie das Enttäuschungspotenzial.

Das Management betont, die Dividende sei ihr "heilig". Die Frage ist nur, ob sie das auch noch dann tun wird, wenn der Gewinn in den kommenden Jahren weiter schrumpft. Bei einer Dividendenkürzung würde das Unternehmen eine wichtige Stütze für den Aktienkurs verlieren. Andererseits steht noch eine weitere Stütze parat: Die Munich Re will weiterhin rund eine Milliarde Euro pro Jahr über

Aktienrückkäufe

an die Anteilseigner zurückgeben.

Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten, dass sowohl die hohe Dividendenrendite als auch die Aktienrückkaufprogramme zwei Gründe sind, die selbstverständlich für ein Investment sprechen. In Kombination mit der niedrigen Bewertung - das

Kurs-Gewinn-Verhältnis

für 2016 beträgt knapp 10 - dürften sie viele Anleger zu einem Kauf animieren.

Interessanter wird es aber, wenn man sich die Geschäfte der Munich Re anschaut, vor allem große Baustellen wie die Erstversicherungstochter Ergo. Deren Sanierung birgt

Überraschungspotenzial

- im positiven wie im negative Sinne. Im ersten Halbjahr 2016 will der neue Spartenchef Markus Rieß seine Pläne für den Umbau vorstellen.

Spannend bleibt auch die Preisentwicklung im

Rückversicherungsgeschäft

. Falls sich hier tatsächlich ein langfristiger Boden herausbildet, dürfte dies die Ergebnisse verbessern. Letztlich wird dabei auch die Intensität des Wettbewerbs durch Hedgefonds und Pensionskassen eine Rolle spielen.

Fazit: Für den Moment ist die Euphorie berechtigt. Auf lange Sicht sollten Investoren aber mit Vorsicht agieren.

Wir empfehlen die Aktie der Munich Re zunächst weiter als Halteposition.