Der Nahrungsmittelriese Nestle hat am Freitag seine Prognose für das Gesamtjahr gesenkt. Statt eines organischen Wachstums von fünf Prozent erwartet der Schweizer Konzern nur noch 4,5 Prozent. Wegen Problemen in China, Indien und den USA fiel der Umsatz in den ersten neun Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwei Prozent auf 64,86 Milliarden Franken. Das organische Plus schrumpfte um 0,3 Prozentpunkte auf 4,2 Prozent.

Damit enttäuschte der Hersteller von Nespresso-Kaffee und Kitkat-Schokoriegeln die Erwartungen der Analysten. Von Reuters befragte Experten hatten ein organisches Wachstum von 4,77 Prozent und einen Umsatz von 65,87 Milliarden Franken prognostiziert. Anleger reagierten daher vergrätzt. Die Nestle-Aktie lag am Freitagmittag auf Euro-Basis 2,7 Prozent und auf Franken-Basis 2,1 Prozent im Minus.

In China macht Nestle schwaches Wachstum zu schaffen. In Indien steht der Konzern im Mittelpunkt eines Lebensmittelskandals. In den USA verbuchte das Unternehmen Umsatzeinbußen in der Sparte Nestle Skin Health. Da alle drei Probleme lösbar oder von kurzfristiger Natur sind, halten wir die negative Reaktion der Anleger übertrieben.

Warum die negative Reaktion der Anleger übertrieben ist



China

: Die Börsenturbulenzen und das schwächere Wirtschaftswachstum haben viele Menschen in der Volksrepublik konsumfaul gemacht. Zudem hat Nestle mit seinen Milchprodukten in der jüngsten Vergangenheit nicht mehr den Geschmack seiner Kunden getroffen. Das soll sich aber durch neue Angebote zeitnah ändern.

Indien

: Der Verkaufsstopp für die Maggi-Fertignudeln in Indien dürfte nicht ewig währen. Am Freitag zeigte sich Nestle-Chef Paul Bulcke hoffnungsvoll, die Produkte könnten "eher früher als später" wieder in die Regale zurückkommen. Ein Test, der von einem indischen Gericht in Auftrag gegeben worden sei, habe gezeigt, dass das Produkt sicher sei. Zuvor hatten im Juni Lebensmittelprüfer in einigen Packungen bedenklich hohe Blei-Konzentrationen gefunden. Der Hersteller dagegen hatte betont, die Nudeln seien sicher. Der Rückruf hat Nestle im laufenden Jahr nach Einschätzung von Experten bislang 200 Millionen Franken an Erlösen gekostet.

USA

: Die Umsatzeinbußen in den USA sind auf einen negativen Einmaleffekt im Geschäft mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zurückzuführen. Nestle hatte Kunden höhere Rabatte als geplant gewährt und deswegen Rückstellungen gebildet.

Unabhängig davon zeichnete sich im dritten Quartal im schwächelnden US-Tiefkostgeschäft eine Erholung ab, und in Europa stieg dank des ungewöhnlich langen Sommerwetters die Nachfrage nach Speiseeis. Ebendiesen Bereich hat Nestle vor Kurzem durch die Übernahme des Konkurrenten R&R Ice Cream verstärkt.

Last but not least hält Nestle an seinem Mittelfristziel fest. Demnach will der Konzern weiterhin ein organisches Plus von fünf bis sechs Prozent erreichen.

Was BÖRSE ONLINE empfiehlt



Analysten stehen der Aktie neutral bis positiv gegenüber. Am Freitag gaben Experten vier Kauf-, sechs Halte- und eine Verkaufsempfehlung ab. "Die schlechtere Jahresprognose ist an sich nicht so schlimm - aber ungewöhnlich für Nestle", erklärten die Branchenkenner der Bank Sarasin.

Nach Einschätzung von BÖRSE ONLINE sollten Anleger nun Ruhe bewahren. Langfristig orientierte Investoren können sich die Aktie nach wie vor ins Depot legen, zumal auch die Charttechnik einen guten Eindruck macht.

Stoppkurs: 53,50 Euro

Kursziel: 80,00 Euro