Die Wirkung der Corona-Pandemie lässt nach: Hatte Netflix noch zu den Halbjahreszahlen kräftig von dem coronabedingten Abo-Boom profitiert, bröckelt der Kundenandrang beim Streaming-Marktführer langsam ab. In den drei Monaten bis Ende September kamen unter dem Strich lediglich 2,2 Millionen Bezahlabos dazu, wie Netflix am Dienstag nach US-Börsenschluss mitteilte.

Damit verfehlte der Konzern seine eigene Prognose und blieb weit unter den Erwartungen der Analysten zurück. Experten hatten laut Refinitiv-Daten im Schnitt mit 3,4 Millionen neuen Kunden gerechnet.

Eher bescheidenes Quartal


Dabei sah es in den vergangenen Monaten recht gut aus für Netflix: Serienhits wie "Tiger King" in der Kombination mit dem erhöhten Interesse während der Corona-Pandemie hatten in den Vorquartalen für großen Ansturm gesorgt - im zweiten Quartal kamen mehr als zehn Millionen neue Kunden hinzu, von Januar bis März sogar 15,8 Millionen.

Auch gegenüber dem Vorjahreszeitraum, als 6,8 Millionen Kunden gewonnen wurden, sah es im abgelaufenen Quartal sehr viel bescheidener aus. Der Nettogewinn legte im Jahresvergleich zwar um 19 Prozent auf 790 Millionen Dollar zu, blieb aber ebenfalls unter den Erwartungen der Wall Street.

Der Umsatz stieg derweil um rund 23 Prozent auf 6,4 Milliarden Dollar und übertraf die Prognosen leicht. Für das laufende Quartal rechnet Netflix mit sechs Millionen neuen Kunden - hier hatten Analysten wiederum mit mehr gerechnet.

Die Konkurrenz ist da


Der zunehmende Wettbewerb im Streaming-Geschäft geht eben auch am Marktführer nicht spurlos r vorbei. Neben etablierten Rivalen wie Amazon Prime setzt nun auch der Hollywood-Riese Disney voll auf Streaming. So buhlen Disney+, Warner WarnerMedias HBO Max und Comcasts Peacock vermehrt um die Videodienstkunden.

Zudem kündigte Disney einen Konzernumbau an. Wegen der lahmgelegten Vergnügungsparks leidet der Netflix-Kontrahent massiv unter der Pandemie und will zukünftig Online-Videodienste wie Disney+ zum Schwerpunkt des Geschäfts machen. Kein Wunder also, dass sich Netflix im abgelaufenen Quartal mit Neukunden schwertat.

Das Management ist sich des erhöhten Wettbewerbsdrucks durchaus bewusst. "Wir sind begeistert, gegen Disney und eine wachsende Anzahl weiterer Akteure anzutreten", hieß es im Brief an die Aktionäre zwar selbstbewusst. Doch Netflix wolle seinen Service so schnell wie möglich weiter verbessern, um "Jedermanns erste Wahl für Online-Unterhaltung" zu sein. Die Konkurrenz umfasse nicht nur Streaming, sondern auch andere Entertainment-Formen wie Videospiele oder von Nutzern erstellte Inhalte bei Youtube oder Tiktok.

Beeinträchtigt die Pandemie das Angebot?


Neben dem wachsenden Konkurrenzkampf kommt noch ein weiterer Faktor hinzu, der den Aktionären Sorgen bereitet: Durch die Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen könnte es dazu kommen, dass sich viele Film- und Serienprojekte zeitlich verzögern oder gar ausfallen.

Co-Vorstand Ted Sarandos versicherte allerdings: Die Produktionspipeline für 2021 sei annähernd intakt. "Die Produktionen könnten etwas langsamer vorangehen, als wir geplant hatten, aber im Wesentlichen sind wir zurück im Geschäft", sagte Sarandos in einem Video-Interview. So hätten etwa die Produktionen der neuen Staffeln von Serienhits wie "Stranger Things" oder "The Witcher" schon wieder gestartet werden können.

Empfehlung der Redaktion

Die Zahlen für das dritte Quartal kamen am Aktienmarkt nicht sonderlich gut an. Nach Börsenbeginn brach die Netflix-Aktie um mehr als sechs Prozent ein.

Dabei lief es für die Streamingdienst-Aktie seit Jahresanfang mehr als rund: Im Verlauf des Jahres hatte das Papier rund 62 Prozent zugelegt. Bis April pendelte der Kurs seitwärts, danach etablierte sich eine leichte Aufwärtsbewegung - gut zu sehen an der 200-Tagelinie (in grün). Diese dient der Netflix-Aktie nun auch als Unterstützung bei rund 390 Euro.

Wir bleiben bei unserer Kauf-Empfehlung. Kurzfristig dürften die enttäuschenden Neuabo-Zahlen die Aktie belasten. Doch die Pipeline an Inhalten ist gut und die Abopreise könnten weiter steigen, was sich positiv für den Konzern auswirkt. Auch das Analysehaus Jefferies belässt das Papier weiterhin auf "Buy" und hebt sogar das Kursziel von 570 auf 585 US-Dollar an.

Unsere Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 505 Euro
Stoppkurs: 352 Euro



Mit Material von dpa-AFX