Der 17. Mai ist für die Norweger ein besonderes Datum. Am Nationalfeiertag erinnert sich das skandinavische Land an die Unterzeichnung der Verfassung im Jahr 1814. Unzählige Menschen zieht es - gekleidet in traditioneller Tracht und ausgestattet mit der Landesfahne - auf die Straßen. Sie besuchen die von Marschkapellen angeführten Kinderparaden und greifen an den überall platzierten Verkaufsständen zu Eis und Hotdog.

Dieses Jahr dürfte das Geld besonders locker sitzen. Schließlich nimmt die Wirtschaft im Königreich gerade Fahrt auf. Der Finanzkonzern Nordea rechnet für 2018 beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit einer Steigerung um 2,4 Prozent (siehe "Auf einen Blick"). Laut Erik Bruce, Chefanalyst bei der Finanzgruppe, trägt der Konsum zum Aufschwung bei. Neben der rückläufigen Arbeitslosigkeit hebt eine geschrumpfte Inflation die Verbraucherstimmung. Bruce nennt auch den noch wichtigeren Faktor: "Die Ölindustrie kann wieder zu einem zentralen Wachstumstreiber werden." In der Tat spielt die Preiserholung bei dem Energieträger der norwegischen Wirtschaft in die Hände. Nachdem die Unternehmen des Sektors in den Jahren zuvor auf die Kostenbremse stiegen, wird jetzt wieder investiert.

Die Pläne von Statoil passen zu diesem Szenario. Der Ölmulti möchte die Kapitalausgaben in der laufenden Periode um 17 Prozent auf elf Milliarden US-Dollar erhöhen. Genug Geld ist vorhanden: Dank steigender Öl- und Gaspreise konnte Norwegens größtes Unternehmen den operativen Cashflow im ersten Quartal um 20 Prozent auf 7,1 Milliarden US-Dollar verbessern. Beim angepassten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) meldete Statoil ein Wachstum um ein Drittel auf 4,4 Milliarden US-Dollar. Das war zwar der höchste Wert seit dem dritten Quartal 2014, Analysten hatten aber mit mehr gerechnet. Doch die Enttäuschung über den verfehlten Konsens war schnell verflogen. Bereits am Tag nach der Zahlenvorlage setzte die Statoil-Aktie ihren Höhenflug fort und hievte den Leitindex OBX auf ein Allzeithoch.



Profitiert hat die Osloer Börse zuletzt auch vom Comeback der Fischereiaktien. Für Marine Harvest beispielsweise steht 2018 bis dato ein Kursplus um mehr als ein Viertel zu Buche. Damit konnte der Branchenprimus die Korrektur des vergangenen Jahres ausmerzen. Neben dem Hauptstandort Norwegen verfügt Marine Harvest über Zuchten in Schottland, auf den Färöer-Inseln sowie in Irland, Chile und Kanada. Im ersten Quartal lag die weltweit produzierte Fischmenge mit 81 000 Tonnen leicht unter dem Konsens. Auch beim Ebit verfehlte der größte Zuchtlachskonzern der Welt die Erwartungen knapp.

Die Aussichten aber bleiben positiv. Wegen des hohen Anteils an Proteinen und Omega-3-Fettsäuren steht der Lachs bei immer mehr Menschen auf dem Speiseplan. Gleichzeitig profitiert Marine Harvest von den zuletzt anziehenden Marktpreisen. Da der Konzern zudem mit einem Sparprogramm auf die gestiegenen Kosten reagierte, dürfte er beim Gewinn im Gesamtjahr deutlich wachsen. Wir halten an der Kaufempfehlung fest.

Derweil bekommt Norsk Hydro nur noch ein "Beobachten"-Rating. Mitte März ist die Aktie des Aluminiumproduzenten durch den Stoppkurs gefallen. Auf dem Kurs lasten die Probleme der brasilianischen Niederlassung Alunorte: Nachdem dort ungereinigtes Wasser in einen Fluss gelangt war, verdonnerten die Behörden Norsk Hydro zu einer Produktionskürzung um 50 Prozent. Diese Kapazitäten in der weltgrößten Aluminiumoxidraffinerie fehlen den Norwegern nun, um die jüngste Rohstoffpreisrally voll mitzunehmen. Im Zusammenhang mit den von den USA gegen russische Firmen verhängten Sanktionen kletterte das Metall zwischenzeitlich auf den höchsten Stand seit März 2012. Damit nicht genug: Sollte Norsk Hydro nicht bald grünes Licht für die volle Wiederinbetriebnahme erhalten, drohen Abschreibungen auf die Aktivitäten von Alunorte und weiteren regionalen Produktionsstätten.

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Profiteur steigender Zinsen



Dagegen wartete Storebrand zuletzt mit positiven News auf. Der Versicherungskonzern steigerte den operativen Gewinn im ersten Quartal um mehr als ein Drittel auf 635 Millionen norwegische Kronen. Damit übertraf das Unternehmen die Erwartungen deutlich. Im Asset Management baute Storebrand das verwaltete Vermögen um knapp ein Fünftel auf 707 Milliarden norwegische Kronen aus.

Dabei machte sich unter anderem die Übernahme der Fondsgesellschaft Skagen bezahlt. Gleichzeitig konnte der Konzern seine Finanzkraft verbessern: Mit 160 Prozent lag die Solvency-II-Quote um fünf Prozentpunkte über dem Wert des Schlussquartals 2017. Sollte Storebrand die Kennzahl im Jahresverlauf weiter ausbauen, dürften nach Ansicht der Analysten von DnB Markets die Dividendenerwartungen mit nach oben gehen. Profitieren würde der Finanzkonzern überdies von einer Zinswende in Norwegen.

Die für die Geldpolitik zuständige Norges Bank hat die Märkte bereits auf eine Erhöhung ihres Schlüsselsatzes - frühestens im Herbst - eingestimmt. Der anstehende Kurswechsel konnte weder die Stimmung an der Osloer Börse noch die Vorfreude auf den Nationalfeiertag trüben.



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