Ist es dieses Mal wirklich anders? Carmen Reinharts berühmtes, mit Kenneth Rogoff 2009 veröffentlichtes Buch "This time is different" könnte auch ein Mutmachen für ihr in dieser Woche angetretenes Amt sein. Ihre Vorgängerin als Chefökonomin der Weltbank, Penny Goldberg, hielt es nur 15 Monate im Amt aus, deren Vorgänger Paul Romer war im Januar 2018 nach ebenfalls nur 15 Monaten zurückgetreten. Die Frau, von der man sich einen stärkeren Durchhaltewillen verspricht, zählt weltweit zu den prominentesten und einflussreichsten Vertreterinnen ihrer Zunft. Ihr Forschungsschwerpunkt sind Finanzkrisen. Das kann sie in Corona-Zeiten gut gebrauchen. Schließlich hat Reinhart in ihren Arbeiten gezeigt, dass Krisen der Realwirtschaft über einen Anstieg der Verschuldung schnell zu Finanzkrisen werden können.

Am Montag sind die Grenzen in Europa wieder aufgegangen. In Brüssel wurde das als Wiederherstellung einer politischen Errungenschaft der Europäischen Union gefeiert. In der Tat waren die Einreiseverbote in den vergangenen drei Monaten ein ungewohnter und damit für viele seltsamer Zustand. Aber angetrieben, so spottet die Sonntagsausgabe der "Neuen Zürcher Zeitung", wurde die Öffnung nicht von der "europäischen Idee", sondern von dem Wunsch, das Geschäft mit den ausländischen Touristen in den bald beginnenden Sommerferien halbwegs zu retten.

In der vergangenen Woche wurde in New York Börsengeschichte geschrieben: Der Nasdaq Composite übersprang erstmals die 10 000-Punkte-Marke. Wenn man bedenkt, dass er nach dem Corona-Absturz Mitte März unter 7000 Punkten stand, ist das ein famoser Anstieg in rekordverdächtiger Zeit. Getrieben wurde die Rally von den Dickschiffen Amazon, Apple und Microsoft - allesamt Lockdown-Gewinner. Sie sind zusammen jetzt so viel wert wie die Summe der in diesem Jahr in Deutschland hergestellten Waren und Dienst leistungen. Offensichtlich reden sich die Börsianer ein "This time is different" ein.