Technologie, Innovationen und Zukunftstrends - der Nvidia-Chef und -Gründer Jen-Hsun Huang hat all das im Blut. Im Jahr 1993 startete der Selfmademilliardär mit Grafikchips für PCs, danach mischte er den boomenden Gamingbereich auf. Heute steht das Unternehmen beim Thema künstliche Intelligenz (KI) ganz vorn.

Der umtriebige Huang ist aber längst nicht am Ende seiner Mission angekommen. Er will den Chipmarkt noch mehr revolutionieren und schreckt dabei nicht vor Übernahmen zurück. Erst kürzlich schluckte Nvidia den Netzwerk-Chiphersteller Mellanox und stärkte damit sein Geschäft mit Rechenzentren. Dank des Zukaufs schnellte der Umsatz im vergangenen Quartal um 50 Prozent auf 3,86 Milliarden Dollar empor.

Ein Deal mit Signalwirkung

Aktuell sorgt der 57-Jährige für einen Paukenschlag in der gesamten Halbleiterbranche. Für 40 Milliarden Dollar will sich Nvidia - vorausgesetzt die Wettbewerbsbehörden stimmen zu - die britische ARM einverleiben. Damit macht das Unternehmen einen weiteren Riesensprung in Richtung Mobile Computing und KI, denn die Technologie der Briten steckt in fast allen Smartphones rund um den Globus. Laut ARM wurden bisher 180 Milliarden Chips basierend auf ihren Lösungen hergestellt. Sie sind auch in Fabrikanlagen oder Heimelektronik zu finden. "Mit ARM schaffen wir das Chip-Powerhouse der Zukunft für KI", erklärt Huang.

Die Zukunft ist das Stichwort bei diesem Deal. Denn es geht weniger um das schnelle Geld, sondern vielmehr um langfristiges Wachstum. Winzige Prozessoren mit geringem Energieverbrauch sollen nämlich in immer mehr Dingen des täglichen Gebrauchs eingesetzt werden. Das Potenzial ist enorm: Laut den Experten von Delaware Research wird der weltweite Markt für KI-Chips bis 2027 ein Volumen von 83,2 Milliarden Dollar erreichen, das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 35 Prozent.

Ziel von Nvidia ist es, dass letztlich kein Weg mehr an den Prozessoren des Konzerns vorbeiführt. In vielen Bereichen, wie dem Gaming, ist das bereits heute der Fall. In der inzwischen größten Unterhaltungsbranche der Welt ist Nvidia mit seiner GPU-Computing-Lösung führend.

Für eine weitere Sensation sorgte das Unternehmen soeben mit dem Launch einer neuen Grafikkartengeneration. Die Geforce-RTX-Serie ist aufgrund ihrer Ampere-Architektur um bis zu 50 Prozent schneller als ihre Vorgängermodelle.

Die Analysten gehen davon aus, dass durch die neuen Produkte der Gewinn, der sich bei Nvidia zuletzt lediglich unterproportional entwickelt hat, erneut in Schwung kommen wird. Auch das Unternehmen selbst blickt zuversichtlich nach vorn und erwartet im laufenden dritten Quartal einen Rekordumsatz von 4,4 Milliarden Dollar - und das bei gleichzeitig steigenden Margen.

Demnächst dürfte Nvidia zusammen mit ARM aber noch in ganz andere Dimensionen aufsteigen. Jefferies traut dem fusionierten Konzern innerhalb von fünf Jahren einen Gewinn von 50 Dollar je Aktie zu. Zum Vergleich: Aktuell rechnet der Konsens mit einem Ergebnis für 2020 von 6,10 Dollar je Anteilschein.

Nvidia ist bereits heute die dominierende Kraft bei Grafikchips, hat sich einen großen Teil des Data-Center-Markts erarbeitet und wäre nun zusammen mit ARM in Sachen künstliche Intelligenz nahezu unerreichbar für die Konkurrenz. "Es ist ein Unternehmen mit einer Reichweite, die mit keinem Unternehmen in der Geschichte der Technologie vergleichbar ist", bringt es Huang auf den Punkt.

Noch nicht ausgereizt

Obwohl die Kurskurve zuletzt vielleicht etwas steil nach oben zeigte, sollte die Nvidia-Aktie nicht ausgereizt sein. Das historische Kurs-Umsatz-Verhältnis von 17 bis 19 dürfte längst nicht mehr ausreichen, die derzeitigen Wachstumschancen angemessen zu bewerten - unter anderem wegen der fast konkurrenzlosen RTX-Karten. Experten sehen vielmehr bei einem rund 22-fachen Umsatzmultiple eine faire Bewertung. Legte man die fürs nächste Jahr erwarteten Erlöse von 18,5 Milliarden Dollar zugrunde, wäre ein Börsenwert von etwa 400 Milliarden Dollar gerechtfertigt. Daraus ergibt sich ein Kurspotenzial von einem Viertel. Kommt nun ARM dazu, sollten mindestens weitere zehn Prozent oben drauf kommen.

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