Die deutsche Kreditwirtschaft bündelt ihre Verfahren Paydirekt und Giropay - vereint will man dem Platzhirsch Paypal die Stirn bieten. Doch sein Vorsprung ist groß. Von Brigitte Watermann

Erst war man spät dran, und dann ging es auch noch nur sehr schleppend vorwärts: Als deutsche Banken und Sparkassen Ende 2015 neben dem Online-Bezahlverfahren Giropay den neuen Hoffnungsträger Paydirekt in Deutschland an den Start brachten, hatte US-Anbieter Paypal hierzulande seine Kundenbasis schon gut zehn Jahre aufbauen können. Ende 2020 kam er bereits auf knapp 30 Millionen registrierte Kunden.

Doch die deutsche Kreditwirtschaft gibt nicht klein bei: Seit Mitte Mai ver- zahnen die Banken und Sparkassen in den nächsten Monaten ihre bisher getrennten Online-Bezahlverfahren Paydirekt und Giropay. Das Ganze soll unter dem Markennamen Giropay weiterexistieren - und endlich Platz- hirsch Paypal Paroli bieten. Das Ziel gilt Beobachtern zufolge allerdings als ambitioniert, die Gesamtnutzerzahl für das neue Giropay liegt derzeit erst bei rund sieben Millionen Kunden. BÖRSE ONLINE erläutert, was Ver- braucher nun wissen müssen.

Was bedeutet der Zusammenschluss für Kunden, die das neue Giropay nutzen wollen?


Für sie soll das Girokonto in Zukunft stärker in den Mittelpunkt des Bezahlens rücken, und zwar beim Onlineshopping ebenso wie beim Versenden und Anfordern von Geld von Smartphone zu Smartphone. Das läuft derzeit über die Funktion Kwitt, die bislang in der Sparkassen-App und der VR-Banking-App integriert ist. Das Handy-zu-Handy-Zahlverfahren Kwitt soll ebenfalls in Giropay aufgehen. Unter dem Namen "Giropay Geld-Sen- den" wird es in den nächsten Monaten von weiteren Banken neu eingeführt. Die Commerzbank ist mit "Giropay Geld-Senden" Mitte April gestartet.

Was unterscheidet Giropay und Pay­ direkt bisher?


Giropayistsoetwaswieder"Dino"unter den deutschen Online-Bezahlverfahren und existiert schon gut zehn Jahre länger als Paydirekt. Giropay lässt sich beim Bezahlen in angeschlossenen Onlineshops spontan ohne vorherige Registrierung nutzen. Der Kunde löst über Giropay eine Überweisung von seinem online geführten Girokonto aus; zum Bezahlen wird er auf die Login-Seite seines Onlinebankings weitergeleitet. Nach erfolgreichem Login erhält der Kunde dort eine bereits mit allen für den Einkauf erforderlichen Daten ausgefüllte Online-Über- weisung angezeigt. Für Paydirekt müssen sich Nutzer vorab registrieren, zahlen kann man dann einfach mit Benutzername und Passwort. Bei Käufen in angeschlossenen Onlineshops werden Zah- lungen dann ebenfalls direkt über das eigene Girokonto abgewickelt. Beide Varianten bleiben vorerst erhalten.

Gibt es auch eine Bezahl­App?


Ja. Die Bezahl-App kann man beim Shop- ping mit dem Smartphone ebenso benut- zen wie beim Onlineshopping vom Rech- neraus.BeiderVariantePaydirektkann man beim Bezahlen mit der App einen QR-Code am Bildschirm scannen und dann die Zahlung mit Fingerabdruck oder Gesichtserkennung freigeben.

Was bringt Verbrauchern der Zusammenschluss?


Verbraucher sollen künftig von erweiterten Zahlungsmöglichkeiten profitieren: Mit dem neuen Giropay kann in mehr als 23 500 vorher geprüften Onlineshops gezahlt werden. Künftig sollen Kunden bei bestehenden Paydirekt-Händlern die Wahl zwischen dem Giropay-und Pay-direkt-Verfahren haben. Sie zahlen dann entweder wie bisher bei Paydirekt mit Benutzername und Passwort via PIN oder biometrischem Verfahren oder wie bisher bei Giropay mit ihren Onlinebanking-Zugangsdaten. Beim Paydirekt-Verfahren wird überdies wie bisher schon ein Käuferschutz angeboten. Wer Giropay wählt, muss darauf verzichten. Das neue Giropay lässt sich überwiegend bei inländischen sowie einigen österreichischen Onlineshops nutzen.

Womit will das neue Giropay punkten?


Mit Sicherheit und Datenschutz: Alle sensiblen Daten wie die eigene Kontonummer bleiben bei beiden Varianten in der Bankumgebung. Drittanbieter erhalten - anders als bei Paypal möglich - keine Einsicht, weder in Warenkorbdaten noch in Käuferprofile. Die künftige gemeinsame Marke Giropay strebt an, "Bequemlichkeit, Sicherheit und europäischen Datenschutz miteinander zu verbinden", sagt Joachim Schmalzl, Geschäftsführen- des Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen-und Giroverbandes.

Welche Bedeutung haben Paydirekt und Giropay bislang am Markt?


Bislang nur eine winzige. Das zeigt die Studie "Online-Payment 2021" des EHI Retail Instituts. "In unserer Auswertung der Umsatzanteile fallen Giropay und Paydirekt unter ,Sonstiges‘. Einzeln können wir die Anteile leider nicht aufschlüsseln", erklärte ein Sprecher gegenüber BÖRSE ONLINE. Die Kategorie "Sonstiges" macht nur drei Prozent vom Umsatzkuchen im E-Commerce aus. Der belief sich nach Schätzungen des EHI für 2020 auf knapp 65 Milliarden Euro netto. Beim Onlineshopping setzen deutsche Verbraucher noch immer an erster Stelle auf den altgedienten Kauf auf Rechnung (gut 30 Prozent Marktanteil). Danach folgt Paypal: Jeder vierte Onlinekauf wurde im vergangenen Jahr damit beglichen.