KIare Linien, eine weitgehend auf Schwarz, Grau, Weiß und Silber beschränkte Farbpalette und eine beinahe ein halbes Jahrhundert und auf einen genialen Gründer zurückreichende Firmengeschichte - Porsche Design ist eine fast schon legendäre Marke. Jan Becker, Chef seit 2016, ist aber nicht in der Stadt, um für die ohnehin etablierten Brillen, Uhren und Accessoires seines Hauses zu trommeln. Er möchte, zusammen mit Marcus Bernhardt, dem Chef der Deutschen Hospitality, eine globale Erweiterung der Produktpalette verkünden: die Steigenberger Porsche Design Hotels. Noch sind keine Häuser gebaut, Verträge mit Bauherren nicht geschlossen, und das Erscheinungsbild ist erst in Renderings definiert. Aber die Veranstaltung zeigt, wie ernst das Vorhaben gemeint ist.

Im Anschluss sind wir mit Becker, perfekt sitzender Anzug, Brille und Uhr aus erratbarer Herstellung, in einem kleinen Konferenzraum verabredet. Und nicht nur, weil die Zeit zum nächsten Termin drängt, beantwortet er die Fragen von €uro am Sonntag konzentriert, ohne überflüssige Nebensätze und beneidenswert konziliant.

Euro am Sonntag: Einen Porsche kann sich nicht jeder Fan leisten. Ein Stück von Porsche Design schon eher. Ist das Ihr Geschäftsmodell?

Jan Becker: Ich würde es nicht darauf reduzieren, aber als Teil durchaus so bezeichnen. Wir sind angetreten, das ikonische Thema Porsche in andere Bereiche zu transferieren und damit auch einen Zugang zur Marke zu schaffen. Ich glaube, wir haben neben Porsche-Besitzern tatsächlich auch Kunden, die sich das Auto (noch) nicht leisten können, aber gern Produkte von Porsche Design nutzen. Sowohl für uns als auch für die Muttergesellschaft wird es immer wichtig sein, dass wir demokratisch sind. Wir wollen nicht abgehoben, nicht versnobt und vor allem nicht arrogant sein.

Würden Sie unseren Lesern kurz den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Porsche Design und der Porsche AG erläutern?

Wir sind eine 100-prozentige Tochtergesellschaft und agieren mit einer klaren Gewinnerzielungsabsicht. Wir werden über einen Beirat gesteuert, in dem zwei Vorstandsmitglieder der Porsche AG sitzen.

Wie groß ist der Anteil von Porsche Design am Umsatz der AG?

Nicht besonders groß. Wir machen dazu aber keine konkreten Angaben. Nur so viel: Die Zahlen von Porsche kennen Sie, sie bewegen sich deutlich im Milliardenbereich. Wir bewegen uns nicht im Milliardenbereich.

Ihr Unternehmen wird nächstes Jahr 50, sein Gründer, Ferdinand Alexander Porsche, hatte den ikonischen Porsche 911 gestaltet. Welche Items Ihres Unternehmens haben einen vergleichbaren Status?

Die P’8478 als Wechselglas-Sonnenbrille, aber sicher auch das erste Produkt, der ebenfalls von Ferdinand Alexander Porsche gestaltete Chronograph 1 von 1972.

Wüssten Sie, welches Ihr Bestseller ist?

Zeitpunktbezogen oder zeitraumbezogen? Das meistverkaufte Produkt ist die eben erwähnte Sonnenbrille, die 1978 gelauncht und ein paar Millionen Mal verkauft wurde. Allerdings haben wir hier auch einen Partner, der weltweit 6.000 Optiker beliefert. Das Produkt ist auch nicht ganz günstig. Deshalb: Wenn ich das multipliziere, müsste das unser umsatzstärkstes Produkt sein.

Und Ihr stärkster Markt?

Ich würde lieber von Markträumen sprechen. Dann sind wir, wenn man das Retail- und das Online-Geschäft zusammennimmt, schon in Europa am stärksten. Wir haben aber nicht den einen Riesenmarkt, nach dem lange nichts kommt. Die USA folgen dichtauf.

Im Porsche Design Shop habe ich eine ziemlich schicke Shisha entdeckt. Welche Kunden kaufen denn so was?

Zum einen sind wir im Mittleren Osten sehr präsent und haben auch in London sehr viele Kunden, die aus diesem Raum kommen. Zum anderen hatten wir die Shisha als ein Objekt kennengelernt, das es nur in sehr verschnörkelten, stark ornamentierten Varianten gab. Da konnte man wirklich etwas designen und das Porsche-Design-Thema applizieren. Und das, ohne dass sich ein anderer Player unserer Branche damit beschäftigt hätte. Die Resonanz war überwältigend.

In Zahlen?

Mehrere Tausend Stück.

Brillen und Uhren sind aber eher Ihre Imageträger?

Wir sprechen eher von Brand Shapern. Und Uhren sind auch historisch unser erstes Produkt. Wir haben übrigens gerade ein Programm gelauncht, mit dem Sie Ihre Uhr hochgradig individualisieren und alle möglichen Elemente von Ihrem Porsche-Fahrzeug aufgreifen können. Sie haben 1,5 Millionen Möglichkeiten. Das ist einmalig, da gibt es keinen Wettbewerber. Und es ist sehr erfolgreich. Ich habe gerade heute Nacht die Nachricht bekommen, dass sich ein US-Superstar - den Namen darf ich leider nicht nennen - soeben eine solche Uhr konfiguriert hat.

Wird Design immer individueller? Und wenn ja, wie profitiert ein Designunternehmen davon?

Den ersten Teil der Frage würde ich klar mit "ja" beantworten. Man profitiert, indem man sich die modernen Technologien zunutze macht. Das Internet erleichtert diesen Prozess enorm. Und weil uns seit 2014 eine Uhrenmanufaktur in der Schweiz gehört, können wir diese Uhren custom-built herstellen: Die haben wir ja nicht auf Lager, sondern: Sie platzieren die Order, und wir bauen - innerhalb von acht bis zwölf Wochen - Ihre Uhr.

Nun haben Sie eine Kooperation mit Steigenberger Hotels verkündet. Was versprechen Sie sich davon?

Das Thema Markenerlebnis wird für Luxusmarken immer wichtiger. Mit den Steigenberger Porsche Design Hotels haben wir die Möglichkeit, unsere Marke einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen und damit auch eine Erfahrung der Marke Porsche Design in Bereichen und Anlässen zu ermöglichen, die uns bislang gefehlt haben.

Verlangt denn der Markt nach einem neuen Fünf-Sterne-Brand in der Hotellerie?

Wenn wir uns das Premiumluxussegment im Hospitality-Bereich ansehen, sind wir der Meinung, dass wir hier mit einer Brand wie Steigenberger Porsche Design Hotels noch Platz haben, aber eben lifestyliger und nicht mit klassischem Grandhotel-Charakter.

Mussten Sie sich für die Kooperation mit Steigenberger mit Ihrem Mutterhaus absprechen?

Müssen ist vielleicht allzu hart ausgedrückt, aber ja. In diesem speziellen Fall gab es zwei Faktoren: Zum einen die Außenwirkung - wir werden mit dieser Marke öffentlich schon sehr stark wahrgenommen -, zum Zweiten die Langfristigkeit der Zusammenarbeit. Ein solches Unterfangen könnte man nicht sinnvoll in einer fünfjährigen Partnerschaft betreiben.

Zumal Sie ja frühestens in zwei Jahren ein physisches Hotelerlebnis werden präsentieren können …

… mit der Betonung auf frühestens. Wir suchen im Moment und führen erste Gespräche mit Investoren. Und beides führt dazu, dass wir mit unserer Eigentümerin sprechen, bevor wir einen solchen Vertrag unterzeichnen.

Wie tief wollen Sie nun ins Interior Design einsteigen?

Unser Designstudio in Zell am See entwirft seit vielen Jahren - neben unseren eigenen Produkten - auch für diverse andere Branchen, unter anderem auch zu den Themen Interieur und Exterieur im Kontext von Immobilien. Von daher gibt es bereits eine Kompetenz, solche Dinge zu machen.

Ihre Produktwelt ist eminent männlich. Warum lassen Sie Konsumentinnen außer acht?

Da würde ich Ihnen nicht recht geben. Gerade bei den Sonnenbrillen haben wir einen signifikanten Anteil weiblicher Konsumentinnen - 20 Prozent plus. Was aber stimmt: Wir gehen nicht in Rosa und Rüschen. Das passt nicht zu uns. Dennoch sollten wir nicht vergessen, dass es da draußen eine große Gruppe an Frauen gibt, die sehr viel reisen, Business Women sind und sich durchaus für unsere Produkte interessieren.

Ist Nachhaltigkeit ein Thema für Porsche Design?

Ja, und zwar über die gesamte Bandbreite, von den Ingredienzen der Produkte bis hin zum Fuhrpark. Von den sechs Säulen, auf denen die Strategie unseres Hauses beruht, heißt eine Nachhaltigkeit. Und wir haben den Anspruch definiert, dies auch mit Leben zu füllen. Wir sind dabei, unseren Fuhrpark zu elektrifizieren, wir beschäftigen uns mit der CO2-Neutralität unserer Gebäude, wir verwenden in vielen Produkten - unseren Textilien etwa, aber auch in der Sportkollektion - bereits recycelte Materialien.

Wie oft kommt es vor, dass Sie persönlich einen Entwurf Ihrer Designer mögen würden, ihn aber als Betriebswirtschaftler nicht vertreten können?

Das kommt immer mal wieder vor. Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird dieser Entwurf als markenbildend und markenprägend eingestuft und wir bringen ihn eventuell trotzdem. Oder er wird ganz nüchtern betrachtet, durchläuft eine Wirtschaftlichkeitsprüfung und wird abgelehnt. Aber als Designmarke müssen Sie auch ab und zu mal ein Statement abgeben und etwas machen, das betriebswirtschaftlich vielleicht nicht allen Anforderungen genügt.

Ist gutes Design ein chancenreiches alternatives Investment?

Ja, und zwar dann, wenn es langlebig ist. Wenn ein Design von kurzer Dauer ist, nur effekthascherisch oder Moden hinterhergeht, würde ich dringend davon abraten. Wenn man aber in Design investiert, das gezeigt hat, dass es Moden überdauert, könnte es eine Idee sein. Im Übrigen: Langlebigkeit ist bei Porsche Design ein großes Thema.

Wie sind Sie selbst investiert?

Diversifiziert. Ich folge dem Leitspruch: "Don’t put all your eggs in one basket." Immobilien, Aktien, ein bisschen auch alte Autos. Von Letzterem ist meine Frau noch nicht ganz so überzeugt. Aber die Wertsteigerung gibt mir bislang recht.
 


Vita:

Straight forward

1970 in Frankfurt geboren, studiert Jan Becker Betriebs- und Volkswirtschaft in Koblenz, Tours und in Texas. 1998 promoviert er an der WHU - Otto Beisheim School of Management und tritt ein Jahr darauf als Projektmanager bei Porsche in Stuttgart an. Ab 2004 verantwortet er als Marketing- und Salesmanager den Porsche Cayenne, bis er vier Jahre später als Director Product & License zur Porsche Design Group geht. 2014 steigt er dort zum Chief Operating Officer auf, seit fünf Jahren leitet er das Unternehmen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
 


Unternehmen:

Design voraus

Vor fast 50 Jahren gegründet von Ferdinand Alexander Porsche, dem Schöpfer des Porsche 911, sitzt Porsche Design heute als Tochtergesellschaft der Porsche AG in Ludwigsburg. Zu den bekanntesten Produkten gehören Uhren und Brillen, aber auch Bekleidung, Accessoires oder Feuerzeuge. Das Studio F. A. Porsche in Zell am See arbeitet für Kunden wie Samsung, Faber-Castell oder Siemens.