Von Thomas Oleks Büro, ganz oben im Opernturm in der Frankfurter Innenstadt, hat man eine grandiose Sicht. Am Horizont der Taunus, in der Nähe quirlige Baustellen, die von der regen Entwicklungs­tätigkeit künden, über der Stadt jede Menge Großflugzeuge im Lande­anflug auf Europas viertgrößten Verkehrsflughafen, auf der Straße das Gewimmel der Menschen.

Hier ist der 1968 in Essen geborene "Sohn eines freigestellten Betriebsrats" voll in seinem Element. Bei jedem Blick aus dem Fenster sieht er eine neue Chance: "Ich bin ein Händler", sagt Olek von sich, "ein Immobilienhändler". "Buy low, sell high", ist seine Devise. Gut 72 Prozent der an der Frankfurter Börse im Segment Scale gehandelten Publity AG gehören dem Mann, der seit dem 23. Lebensjahr selbstständig ist. Aktuell verwaltet Publity ein Immobilienvermögen von mehr als fünf Milliarden Euro für Investoren; seit Kurzem nimmt das Unternehmen aber auch Objekte aufs ­eigene Buch.

€uro am Sonntag: Am kommenden Montag beginnt in München die Expo Real. Wie lange kann es noch immer neue Rekorde an den Immobilienmärkten geben?
Thomas Olek: Wir sind in Deutschland tätig, und das hat international Nachholbedarf und bietet nach wie vor jede Menge interessante Gelegenheiten. Es wird noch viele Rekorde geben.

Woher nehmen Sie diesen Optimismus? Immerhin warnt das European Systematic Risk Board der EZB schon länger vor einer Überhitzung des Gewerbeimmobilienmarktes.
Dieses Überhitzungsgerede ist totaler Quatsch. Wir haben jetzt gerade erst angefangen, Immobilien aufs ­eigene Buch zu nehmen. Sehen Sie, solange wir eine Kapitalflucht aus dem Negativzins haben, gibt es keine Rückschlaggefahr - zumal die Renditeerwartungen der Investoren ­immer bescheidener werden. Das heißt nicht, dass viele Investoren mit ihren Engagements öfter auch einmal daneben liegen.

Wie vermeidet man solche Nieten?
Indem man fleißig ist. Sehen Sie, es ist doch kurios, dass sich die Deutschen nicht die Mühe machen, den Markt zu analysieren.

Und Sie tun das?
Allerdings! Und das ist unser eigentliches Kapital. Wir haben seit 15 Jahren für Millionen eine Datenbank mit über 8500 Großobjekten auf­gebaut. Da reisen ständig vier Re­searcher durchs Land und erfassen alles, was für die Begutachtung relevant ist. Im deutschen Büroimmobilienmarkt gibt es heute praktisch kein Objekt, das wir nicht kennen. Je mehr Sie wissen, desto weniger Fehler machen Sie.

Viele Investoren vertrauen auf ihr Bauchgefühl. Spielt das bei Ihnen keine Rolle?
Nein, davon sollte man sich nicht ­leiten lassen. Ich bin auch eher ein bisschen autistisch veranlagt, habe schon mit sechs Jahren angefangen, Fußballergebnisse aufzuschreiben, um Systematiken zu erkennen.

Und? Gibt es welche?
Nein.

Aber bei Büroimmobilien?
Das ist etwas ganz anderes als bei Fußballergebnissen. Mit unserem systematischen Vorgehen erarbeiten wir uns einen Informationsvorsprung. Und der bringt uns den entscheidenden Vorteil im Markt.

Wenn wir, wie Sie sagen, gerade eine Flucht vor den Negativzinsen in die Immobilie erleben, wer verkauft denn da noch ein Objekt?
Der Büroimmobilienmarkt ist ein ­internationaler Markt. Nehmen Sie jetzt einmal einen Engländer. So, wie wir denken, dass die Briten mit dem Brexit den größten Fehler ihres Lebens machen, denken viele Investoren auf der Insel, dass die Italiener nie ihre Schulden zurückzahlen werden und Frau Merkel alles falsch gemacht hat. Die wetten darauf, dass die Union nach der Bundestagswahl nicht mehr den Kanzler stellen wird und es zu einem massiven Linksrutsch kommt. Da ist es konsequent, sich von Investments in Deutschland zu trennen.

Und dabei helfen Sie ihnen?
Ja. Ich organisiere ihnen den in ihren Augen blöden Koreaner, dem sie den Schwarzen Peter weiterschieben können.

Und das funktioniert immer?
Nein, das funktioniert natürlich nicht immer, denn der koreanische Investor kennt keine B-Lagen. Den interessiert Frankfurt, weil er da landet und dann vielleicht noch München und Hamburg, aber nicht Bielefeld und Darmstadt.

Sie haben Berlin vergessen.
Nein, habe ich nicht. Berlin verliert gerade. Kein Flughafen, keine Infrastruktur, die leidige Enteignungs­diskussion und eine furchtbare ­Bürokratie. Wenn Facebook für sein Verwaltungsgebäude mit der Begründung kein Baurecht bekommt, dass die gutbezahlten internationalen Mitarbeiter den Stammwählern des zuständigen Senators die Wohnungen wegnehmen würden, spricht sich das herum. Frankfurt profitiert gerade enorm - ein leistungsfähiger Flughafen, schnelle Genehmigungsprozesse, Wohntürme.

Jetzt tauchen Firmen wie WeWork auf und bieten Coworking Spaces an; Arbeitsminister Hubertus Heil will das Recht auf das Arbeiten im Homeoffice gesetzlich verbriefen. Wer braucht da noch Büros?
Coworking Spaces gibt es nennenswert nur in Berlin. Wer da investiert, ist selber schuld. Wenn die Konjunktur einmal runtergehen sollte, haben Sie da viel schneller Leerstand als anderswo - und die Kosten laufen weiter. Und Dinge wie Desksharing und Homeoffice sind Mist. Eine Unternehmenskultur definiert sich durch zusammen arbeiten und zusammen Erfolg haben. Das bedeutet auch, dass sich alle im Büro treffen.

Sie bezeichnen sich als Händler?
Ja, die durchschnittliche Haltedauer beträgt 18 Monate. Am liebsten kaufen wir problematische Objekte, revitalisieren sie und verkaufen sie frisch vermietet an Investoren weiter. Wir sind schnell beim Bewerten, schnell bei der Transaktion und mit großen Investoren im Netzwerk schnell beim Zahlen.

Kurzvita

Für jeden Deal ein Buch
Thomas Olek ist seit 2003 Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzender der Publity AG. Seit 2004 ist er mit der Gesellschaft im deutschen Büroimmobilienmarkt tätig. Olek baute in dieser Zeit mit einem Team von vier Researchern eine einzigartige Datenbank mit über 8500 Objekten auf. Jeder der über 650 Käufe und 520 Verkäufe ist in einem eigenen Buch dokumentiert. Olek gilt nicht nur als systematischer, sondern auch leidenschaftlicher Arbeiter, der sagt, er habe noch nie mehr als eine Woche Urlaub am Stück gemacht. Wenn er nicht arbeitet, sammelt er Pop-Art.