Mit JP Morgan, Citigroup, Wells Fargo und Morgan Stanley eröffnen heute die US-Großbanken die Berichtssaison zum dritten Quartal an der Wallstreet. Analysten rechnen bei den Geldhäusern mit zweistelligen Gewinneinbrüchen.

Nach einem guten ersten Halbjahr mit soliden Quartalsgewinnen steht in den USA die Berichtssaison zum dritten Quartal vor der Tür. Bei vielen Konzernen aus dem US-Leitindex S & P 500 dürften sich Bremsspuren einer schwächeren Konjunktur, höherer Notenbankzinsen und nicht zuletzt von Währungseffekten zeigen. Kräftige, teils zweistellige Gewinn-einbrüche zwischen 20 und 30 Prozent wird es Analysten zufolge vor allem bei den großen US-Banken geben, denen die schwächelnde Wirtschaft zu schaffen macht. Den Auftakt geben an diesem Freitag JP Morgan, Bank of America, Citigroup, Wells Fargo und Morgan Stanley.

„Die US-Unternehmen leiden insgesamt unter dem nachlassenden Wachstum der Weltwirtschaft, aber auch unter der scharfen Aufwertung des US-Dollar“, erläutert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer gegenüber BÖRSE ONLINE.

Krämer zufolge haben die Analysten ihre 2022er-Gewinnschätzungen für den S&P 500 bereits um fünf Prozent reduziert und für 2023 um sechs Prozent. Für das dritte Quartal gingen sie inzwischen sogar von einem Gewinnrückgang aus, nachdem vor Kurzem noch mit einem Gewinnplus von acht Prozent gerechnet worden sei. Dass die Prognosen nach einem stabilen ersten Halbjahr nun auf breiter Front ins Rutschen kommen, nimmt auch VP-Bank-Analyst Harald Brandl an.

Nach einer Umfrage des Nachrichtendienstes Bloomberg rechnen inzwischen die meisten Analysten damit, dass die Berichtssaison den Markt zusätzlich unter Druck setzen könnte. Vor allem geht die Sorge um, dass noch längst nicht alle Risiken aus dem aggressiven Zinssenkungskurs der Notenbanken in den Aktienkursen berücksichtigt sind.

Gegen diesen Trend stemmt sich Donner & Reuschel-Chefvolkswirt Carsten Mumm. Wesentliche US-Konjunkturindikatoren, vor allem der private Konsum, deuteten darauf hin, dass die Wachstumsdynamik in den USA noch stabil sei, sagte Mumm gegenüber BÖRSE ONLINE. Der Konsum, die wichtigste Säule der US-Wirtschaft, werde gestützt durch einen sehr gut ausgelasteten Arbeitsmarkt, sodass Lohnsteigerungen einen Großteil der inflationsbedingten Kaufkraftverluste bislang ausgleichen konnten. Mumms Fazit: „Es ist gut möglich, dass die Ergebnisse dieser Berichtssaison einmal mehr die Erwartungen übertreffen.“

Besondere Lage der US-Banken

Die Geldhäuser wiederum sind in einer speziellen Lage: Sie profitieren zwar von höheren Zinsen, machen aber wegen der drohenden Rezession weniger Geschäft und müssen wegen möglicher Kreditausfälle vorsorgen. Bereits im ersten Halbjahr buchten die zehn größten US-Institute laut Analyse der Beratungsfirma EY einen Gewinnrückgang um 20 Prozent auf 76,7 Milliarden Euro (siehe Tabellen unten). Damit verdienten sie immer noch doppelt so viel wie die europäischen Top-10-Banken (36 Milliarden Euro, minus vier Prozent).

Auch bei Eigenkapitalrentabilität (11,9 Prozent nach 17,0 Prozent im Vorjahreszeitraum) liegen die US-Banken deutlich vor den Europäern (8,2 nach 8,8 Prozent), ebenso beim Börsenwert, der sich bei den US-Häusern um 18 Prozent auf 1,2 Billionen Euro reduzierte. Bei den Europäern ging er im ersten Halbjahr um 20 Prozent auf knapp 400 Milliarden Euro zurück.

Die europäischen Banken seien dennoch wetterfester geworden, verdienten besser als früher und seien für den bevorstehenden Wirtschaftsabschwung gut gerüstet, heißt es bei EY.