Das Brexit-Votum der Briten hat den europäischen Banken in den vergangenen Tagen schwer zugesetzt und teils zweistellige Kursstürze ausgelöst. Chronische Ertragsschwäche, dünne Kapitaldecken und noch immer jede Menge Bilanzrisiken erweisen sich dabei mehr denn je als Achillesferse der Geldhäuser gerade in schwierigen Zeiten.

Die Meldung, dass eine vergleichsweise kleine US-Tochter durch einen US-Stresstest ge-rasselt ist, hat am vergangenen Donnerstag genügt, die Aktie der Deutschen Bank auf einen neuen Tiefstand von zwölf Euro zu schicken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) legte am selben Tag nach und erklärte, die Frankfurter stellten das größte Risiko für das weltweite Finanzsystem dar: "Unter den global systemrelevanten Banken trägt die Deutsche Bank am meisten zu systemischen Risiken bei, gefolgt von HSBC und Credit Suisse."

Bereits unmittelbar nach dem Brexit-Votum vom 23. Juni waren Bankaktien europaweit in den Sinkflug gegangen. Der europäische Bankenindex fuhr am Tag nach dem Referendum mit minus 15 Prozent den höchsten Tagesverlust seiner Geschichte ein.

Anleger haben die niedrigen Kurse allerdings auch gezielt für Käufe genutzt. Bei Comdirect etwa zählten Deutsche Bank und Commerzbank laut Vorstandschef Arno Walter zu den Top 5 der gehandelten Werte. Britische Banken verbuch- ten zweistellige Tagesverluste, ebenso italienische Geldhäuser wie Unicredit oder Intesa Sanpaolo. Diese Institute leiden besonders unter dünnen Erträgen, Kapitalschwäche und Bilanzrisiken. Bei Unicredit etwa beträgt das Nettovolumen notleidender Kredite drei Viertel der Bilanzsumme. Zumindest ihr Dauerführungsproblem haben die Mailänder gelöst: Der französische Investmentbanker Jean-Pierre Mustier ist zum Nachfolger von Vorstandschef Federico Ghizzoni ernannt worden.

Insgesamt hat das Brexit-Votum und somit ein mögliches Ausscheren der Briten aus der EU die Gefahren für die gesamte Branche erhöht. Eine europaweit schwächere Wirtschaftsleistung als Folge verstärkter Handelshemmnisse könnte die Bank-erträge weiter unter Druck setzen und es den Instituten noch mehr erschweren, ihre dünnen Kapitalpolster aus operativen Erträgen zu füllen. Dies wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit von Kapitalmaßnahmen.

Gegenwind droht den europäischen Geldhäusern auch von der Niedrigzinspolitik der EZB, die nun als Folge der schwächeren Konjunktur noch länger andauern könnte und ebenfalls das Ertragspotenzial schmälert. Hinzu kommt, dass sich in den Büchern insbesondere von -südeuropäischen Geldhäusern noch immer in großem Umfang Staatsanleihen von Krisenländern befinden. Der Brexit hat Sorgen um den Austritt weiterer Länder aus der EU geschürt. Schon die Spekulation über ein Wiederaufflammen der EuroSchuldenkrise birgt für diese Banken existenzielle Risiken.

Die Commerzbank hat solche Risiken inzwischen abgebaut und wäre auch aufgrund ihrer Aufstellung nicht sofort von einem Brexit betroffen. Doch als größte deutsche Mittelstandsbank ist sie stark von ihren wiederum konjunktursensiblen Firmenkunden abhängig.

Die Deutsche Bank mit 8000 Mitarbeitern in Großbritannien ist mit ihrem Geschäftsmodell als Investmentbank wohl am stärksten mit dem Finanzplatz London verknüpft. Sie hat bereits angekündigt, notfalls Kapazitäten wegzuverlagern.