Mehrere Tausend Zuschauer beklatschen den neunten Sieg von Novak Djokovic beim Australian-Open-Tennisturnier in Melbourne. In Europa wäre eine solche Kulisse derzeit undenkbar. Doch in Down Under wurde die Pandemie mit harten Maßnahmen unter Kontrolle gebracht.

Aktuell gibt es daher so gut wie keine Corona-Fälle. Infiziert sich wie vor Kurzem während des Tennisturniers doch mal jemand, wird für ganze Städte sofort ein tagelanger Lockdown verhängt.

Das ist einer der Gründe, warum es den Australiern gelang, die Seuche gut in den Griff zu bekommen. Zudem halfen effiziente Kontaktverfolgungssysteme, eine gut funktionierende Corona- App sowie restriktive Grenzkontrollen. Jeder, der ins Land will, muss sich auf eigene Kosten in einem Hotel in eine zweiwöchige Quarantäne begeben.

Obwohl die Impfkampagne erst Ende Februar starten soll, funktioniert das tägliche Leben weitgehend normal. Einzelhandel und Gastronomie sind geöffnet, ebenso finden Kultur- und Sportveranstaltungen vor Publikum statt - unter Einhaltung eines strengen Hygienekonzepts. Trotzdem gab es im Vorjahr auch in Australien zwei längere, fast landesweite Shutdowns, unter denen die Wirtschaft stark litt. Für 2020 wird daher mit einem Rückgang des BIPs von 2,5 Prozent gerechnet, was im internationalen Vergleich aber wenig ist.

Dieses Jahr sieht es jedoch erheblich besser aus. Die australische Nationalbank rechnet mit einem BIP-Zuwachs von vier Prozent. Das hat verschiedene Gründe. Einer davon ist, dass die Zentralbank den Leitzins auf ein historisches Tief von 0,1 Prozent gesenkt hat.

Das heizt den Immobilienmarkt an. Obwohl dieser schon ein Rekordniveau aufweist, rechnet die Commonwealth Bank mit einem weiteren Preiszuwachs von 16 Prozent in den kommenden beiden Jahren. Als Indikatoren sehen die Analysten des Finanzinstituts die deutlich gestiegene Nachfrage nach Hypothekendarlehen und eine Verkaufsrate von 90 Prozent bei Häuserauktionen. "Der Boom wird von den Rekord-Niedrigzinsen und einer kräftigen Erholung auf dem Arbeitsmarkt befeuert", sagt Gareth Aird, Immobilienanalyst bei der Commonwealth Bank.

Denn die im Vorjahr zwischenzeitlich stark gestiegene Zahl der Arbeitslosen soll bis zum Jahresende wieder auf 6,4 Prozent zurückgehen. Für die Aussies war das vergangene Jahr ein Schock. In dem Staat, der in der Pandemie erstmals seit fast 30 Jahren wieder in eine Rezession rutschte, gab es 2020 vor den Arbeitsämtern Hunderte Meter lange Schlangen - wie zuletzt in der Zeit der Großen Depression.

Umso größer ist nun die Zuversicht der grundsätzlich optimistisch eingestellten Bewohner des Fünften Kontinents. Davon dürfte auch der Konsum profitieren. Wirtschaftsforscher rechnen mit einer V-förmigen Erholung.

Starke Nachfrage nach Rohstoffen

Dazu tragen auch die stark gestiegenen Rohstoffpreise bei. Im Boden von Down Under schlummern viele Rohmaterialien wie Eisenerz, Kohle, Gas, Gold, Kupfer, Uran und Nickel. Die drei Erstgenannten gehören zu den wichtigsten Exportgütern des Landes. Der rasche Aufschwung Asiens und vor allem Chinas hat die Nachfrage danach deutlich belebt, und die Rohstoffpreise sind auf Mehrjahreshochs gestiegen.

Einige Insider sprechen schon von einem neuen Rohstoff-Super-Zyklus, der Australien jahrelang hohe Einnahmen bescheren würde. So könnte Nickel noch zu einem bedeutenden Ausfuhrprodukt werden, da es für Elektrobatterien und Wasserstofftechnologien benötigt wird.

Trotz der rosigen Aussichten hat Australien jedoch auch ein paar Problemfelder. Der Tourismus, der immerhin drei Prozent zum BIP beiträgt, leidet an den Corona-Beschränkungen. Noch schlimmer für die Ökonomie des Staats ist indes der Einbruch im Bildungssektor, dem viertbedeutendsten Wirtschaftszweig. Ausländische Studenten, vorwiegend aus Asien, können derzeit wegen der Pandemie die australischen Universitäten nicht besuchen.

Überdies ist das Verhältnis zu China, dem wichtigsten Handelspartner, zum einen wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong stark belastet. Zum anderen ist Chinas Regierung verschnupft, weil Australien eine lückenlose Aufklärung des Ausbruchs der Pandemie in Wuhan gefordert hat.

Die kritische Haltung der Regierung in Canberra hat Peking veranlasst, Importbeschränkungen für Kohle, Kupfer und Agrarprodukte einzuführen. "Das ist aber nicht so verheerend wie es auf den ersten Blick scheint. Der Weltmarkt ist für Down Unders Exporte genügend aufnahmefähig. Zudem dürften die handelspolitischen Konflikte kein Dauerzustand bleiben", beschwichtigt Gerhard Heinrich, Analyst beim Informationsdienst Emerging Markets Trader.

Noch nicht überteuert

Daher bietet die Börse in Sydney Anlegern eindeutig mehr Chancen als Risiken. Der zuletzt haussierende Leitindex S & P/ASX 200 hat seit Anfang November 22 Prozent zugelegt, ist aber noch vier Prozent vom Top aus dem Februar 2020 entfernt. Mit einem KGV von 20 für 2021 ist er zwar nicht mehr billig, aber auch nicht überteuert.

Mit seinen ungefähr 200 Werten ist das Börsenbarometer breit auf mehrere Branchen gestreut und offeriert eine Dividendenrendite von 3,5 Prozent. Die wichtigsten Sektoren sind Finanzen, Rohstoffe, Konsum, Gesundheit und Immobilien. Neben Kursgewinnen haben Investoren überdies die Chance, zusätzlich von dem sich zuletzt verstärkenden Aufwärtstrend des australischen Dollar zum Euro zu profitieren.
 


INVESTOR-INFO

Lyxor ETF Australia

Down Under im Paket

Der ETF bildet den wichtigsten australischen Aktienindex S & P/ASX 200 ab. Fünf Banken, die Rohstoffkonzerne BHP und Rio Tinto sowie der Gesundheitskonzern CSL und der Einzelhändler Woolworth dominieren mit gut 40 Prozent Gewicht das Barometer. Da keine Devisensicherung besteht, gibt es auch Chancen auf Währungsgewinne. Die Nettodividenden werden ausgeschüttet.

MS Turbo-Short-Zert. EUR/AUD

Auf den Aussie-Dollar setzen

Einen intakten Aufwärtstrend zum Euro weist der australische Dollar auf. Wegen der sich rascher als in Europa erholenden Wirtschaft sollte sich diese Tendenz fortsetzen. Mit dem Turbo-Zertifikat von Morgan Stanley können Anleger mit Hebel 3,5 davon profitieren. Die K.-o.-Barriere ist aktuell 29 Prozent entfernt.