Die Lust auf Urlaub kehrt mit Macht zurück. Hotels füllen sich nach der Pandemie, Flüge sind ausgebucht, die Preise ziehen an. Von der Rückkehr der Nachfrage profitieren Reiseportale besonders stark, denn ihre Fixkosten sind sehr überschaubar. Die Internetkonzerne unterhalten meist keine Investitionsobjekte wie Immobilien oder Schiffe. Die Geschäftsmodell von Firmen wie Expedia, Booking Holdings, Airbnb ist so in der Regel ohne Mühe skalierbar.

Der Weltmarktführer in diesem Bereich ist Booking.com. Der Konzern aus Norwalk in Connecticut spürt die derzeitige Aufbruchstimmung sehr deutlich. "Ich freue mich, im ersten Quartal einen Rekordwert von 27 Milliarden US-Dollar an Bruttobuchungen zu melden, den höchsten Quartalsbetrag in unserer Geschichte", verkündete Chef Glenn Fogel und freute sich über eine Umsatzverdoppelung sowie über einen Gewinn über Erwartungen. "Trotz eines unsicheren makroökonomischen Umfelds haben wir im zweiten Quartal 2022 bisher eine anhaltende Stärkung der globalen Reisetrends erlebt. Wir bereiten uns auf eine sehr aktive Sommerreisesaison vor", so Fogel. Die Erholung setzte sich im April fort, unterstrich Finanzchef David Goulden, vor allem in Europa brumme das Geschäft.

Booking ist ein Riese, der in über 220 Ländern mit sechs Marken seine Kunden gewinnt. Neben Booking gibt es hier etwa Priceline, Agoda, das Vergleichsportal Kayak, daneben Autovermieter wie Rentalcars.com oder Restaurant-Buchungsdienste wie Open Table. Es gibt eine Menge interner Verknüpfungen, die Websites pushen sich gegenseitig. Das schafft Skaleneffekte in einem Netz, in dem Nutzer landen, ohne zu merken, dass die sechs Marken zu einer Holding gehören.

Geschickter Kundenfang

Ein ebensolches Beziehungsgeflecht hat auch der US-Konzern Expedia aus 200 Websites aufgezogen. Zum Imperium gehören Webseiten wie Hotels.com, Travelocity, Traveldoo oder CarRentals.com. Auch an der Düsseldorfer Hotel-Suchplattform Trivago ist Expedia seit 2012 mehrheitlich beteiligt. Mit ihren geschickt gewebten Kundenfangnetzen verdrängen die Online-Anbieter immer mehr die traditionellen Reisebüros. Der Trend hält an, Verbraucher informieren sich bevorzugt im Internet. So fand Expedia per Studie schon im Jahr 2015 heraus, dass Amerikaner 45 Tage vor ihrer Buchung im Schnitt 140 Reisewebsites besuchen und sechs Wochen vor der Buchung durchschnittlich knapp 23 Stunden digitale Medien konsumieren. Auf diesen Informationsseiten wird dann auch oft gebucht.

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen helfen Kunden dabei, genau das zu finden, was ihren Bedürfnissen entspricht. Expedia schuf die Open-World-Technologieplattform, die offen für Partner jeder Größe ist. Mit dabei ist eine E-Commerce-Suite mit Bausteinen wie Zahlungen, Konversationen und Service. Ob Airlines, Reisebüros oder Tiktok-Influencer - alle können dort Angebote zusammenstellen.

Drei Schlüsselkomponenten

Expedia-Chef Peter Kern prognostiziert eine "starke Erholung des Urlaubsreiseverkehrs in diesem Sommer". Die Amerikaner fuhren von Januar bis März über 81 Prozent Umsatzplus ein, schrieben aber zugleich 122 Millionen Dollar Nettoverlust - das sind allerdings fast 500 Millionen weniger als im Vorjahr. Das Auftaktquartal ist saisonal schwach, im vierten Quartal buchte Kern hingegen 276 Millionen Dollar Gewinn.

"Wir freuen uns auch über die Rückkehr von Städte-, Geschäfts- und internationalen Reisen, drei Schlüsselkomponenten für die vollständige Rückkehr des Reisens", sagt Kern. Gleichzeitig schränkt er aber ein, dass die Inflation die Pläne der Verbraucher belasten könnte. Expedia führt nichtsdestotrotz dieses Jahr neue Produkte ein und rollt neue Märkte auf.

Die Flaute nutzte der Vorstand zur Vereinfachung der Firmenstruktur. Tochterfirmen, denen er wenig zutraute, versilberte er. Im Mai 2020 schloss Kern den Verkauf von Bodybuilding.com ab. Dass er die Website für Fitnessfans erst ein Jahr zuvor gekauft hatte und so schnell wieder den Stecker zog, wurde von vielen Analysten allerdings kritisiert.

Doch auch die Erholung verläuft noch holprig. Die Bruttobuchungen im Quartal enttäuschten zuletzt, die gebuchten Übernachtungen blieben hinter den Erwartungen zurück. Nach den jüngsten Zahlen brach der Aktienkurs um 14 Prozent ein. Credit Suisse senkte ihr Kursziel von 231 auf 225 Dollar. Inzwischen ist der Kurs aber spürbar unter den Durchschnitt der Ziele gerutscht, der bei gut 213 Dollar liegt. Darum fielen die jüngsten Bewertungen wieder deutlich positiver aus.

Von der anziehenden Reisenachfrage profitiert auch der Wohnraumvermittler Airbnb. Die Amerikaner kamen erst im Dezember 2020 an die Nasdaq. Danach brach das Geschäft um 80 Prozent ein. Gründer Brian Chesky entließ Mitarbeiter, stellte Bereiche ein, kürzte Werbebudgets. Seitdem erholt sich die Plattform rapide. Im vergangenen Jahr schnellte der Umsatz um 70 Prozent nach oben. Auch jetzt ziehen die Buchungen an. Zwischen Januar und März waren es bereits mehr als 102 Millionen Nächte. Eine Kehrseite gibt es jedoch: In der Corona-Zeit zogen sich viele Angestellte ins Homeoffice zurück und nutzten die Dienste von Airbnb, um an angenehmen Orten zu arbeiten. Diese Nachfrage nimmt jetzt wieder ab.

Lukrative Übernachtungen

Wie Airbnb erwirtschaften auch die Reiseportale das Gros ihrer Einnahmen durch die Vermittlung von Unterkünften. Bei Expedia waren es zuletzt 72 Prozent des Umsatzes. Auch Auto- und Reiseversicherungen sind einträgliche Geschäfte, weniger lukrativ jedoch ist die Vermittlung von Flügen. Mit steigenden Hotelpreisen nehmen deshalb die Vermittlerprovisionen zu. Die aufgestaute Nachfrage nach Reisen und Freizeitaktivitäten kann so für einen Boom bei den Portalen sorgen.

Die stetigen Innovationen sprechen dabei für die Branchengrößen Booking und Expedia. Die Riesen locken Kunden mit Informationen wie virtuellen Karten oder mit ansprechend präsentierten Bewertungen. Expedia führte auch die Funktion "intelligentes Einkaufen" ein, die Reisenden den Vergleich verschiedener Angebote erleichtert. 2023 will das Unternehmen mit einem universellen Treueprogramm namens "One Key" starten. Reisende können Bonuspunkte für alle Marken der Gruppe sammeln einschließlich Flug, Hotel, Ferienwohnung, Auto oder Kreuzfahrt.

Die Lust auf Entspannung könnte das weiter anfachen. Die Kurse der Portale haben sich dabei seit dem Höhepunkt der Pandemie bereits erholt. Analysten rechnen in den nächsten vier bis fünf Jahren mit Nachholpotenzial.

INVESTOR-INFO

Booking Holdings

Primus mit Rekorden

Bis 2018 firmierte das weltgrößte Reise- portal unter The Priceline.com. Die Erfolgsgeschichte ist geprägt durch Übernahmen, die niederländische Website booking.com kam 2005 für 135 Millionen Dollar hinzu. Das Vergleichsportal Kayak folgte für 1,8 Milliarden Dollar 2012. Im ersten Quartal gab es einen neuen Rekord bei den Bruttobuchungen, der Umsatz stieg um 136 Prozent auf 2,7 Milliarden Dollar. Das bereinigte Ergebnis je Aktie erreichte 3,90 Dollar, Analysten rechneten bloß mit 90 Cents. Starke Bilanz, guter Cashflow. Unser Favorit.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 2.400,00 Euro
Stoppkurs: 1.640,00 Euro

Expedia Group

Nummer 2 zieht nach

Der Konzern, der einst innerhalb des Softwareriesen Microsoft gegründet wurde, hat sich nicht ganz so flott erholt wie der Marktführer Booking. Internetmogul Barry Diller sitzt im Aufsichtsrat, knapp 900.000 Hotels und über 500 Airlines sind neben Ferienhäusern, Kreuzfahrten, Versicherungen und Mietwagen buchbar. Analysten erwarten für 2022 und 2023 ein Umsatzplus von 37 respektive 16 Prozent. Die Gewinne sollen dynamischer zulegen.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 150,00 Euro
Stoppkurs: 110,00 Euro

airbnb

Ergiebige Zuflüsse

Der Digitalkonzern kam erst in der Pandemie an die Nasdaq, erlebte anschließend einen fundamentalen Absturz. Im ersten Quartal lief zwar noch ein Verlust von 19 Millionen Dollar auf, doch der fiel deutlich geringer aus als Anfang 2021. Die Ertragswende ist absehbar, zumal der freie Kapitalfluss im Quartal mit 1,2 Milliarden Dollar einen Rekord markierte. Analysten erwarten 2022 Gewinne. Teuer.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 130,00 Euro
Stoppkurs: 100,00 Euro