Die Bestwerte von RIB waren den Anlegern zuletzt nicht mehr genug. Obwohl die Stuttgarter Softwarefirma 2016 Rekorde bei Umsatz und Ergebnis erzielte, bewegte sich die Aktie kaum. Der Umsatz stieg um 19 Prozent auf 97,8 Millionen Euro, das operative Ergebnis sprang gut 58 Prozent auf 33 Millionen Euro in die Höhe.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Planungen für das laufende Jahr eher Verhalten. Der Umsatz soll 98 bis 108 Millionen Euro erreichen, das Ebitda bei 33 bis 38 Millionen Euro liegen. Im schlechtesten Fall stünde RIB so vor einer Nullrunde und auch am oberen Rand der Prognose geht das Wachstumstempo im Vergleich zum Vorjahr zurück. Im optimistischsten Szenario würden die Einnahmen um rund zehn Prozent zulegen, während sich das Ebitda um 15 Prozent verbessern würde. Die Wachstumsraten würden damit deutlich unterhalb des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) von 27,1 liegen.

"Das Wachstumstempo der Weltwirtschaft hat sich in den letzten Monaten spürbar verlangsamt und Branchen wie die Öl-/Gasindustrie oder Regionen wie China haben im 12-monats Ausblick ihr prozentuales Wachstum reduziert", erklärt RIB-Chef Thomas Wolf den vorsichtigen Ausblick. Abseits dieser Momentaufnahme befindet sich das Unternehmen jedoch in einem wachsenden Markt. Die Schwaben stellen Software her, mit denen Bausprozesse geplant und gesteuert werden. Angesichts einer besonders in den Schwellenändern wachsenden Bevölkerung, sehen Experten das Volumen der globalen Bauwirtschaft von heute neun Billionen auf 15 Billionen Dollar bis 2025 ansteigen.

Auf Anbieter von Konstruktionssoftware könnte dabei eine Sonderkonjunktur zukommen. Die Bauwirtschaft ist eine der am wenigsten digitalisierten Branchen der Welt, auch deshalb gilt Bauen mit seinen oft gesprengten Budgets und überzogenen Zeitplänen als eines der ineffizientesten Gewerbe. Mittels stärkerem Softwareeinsatz will die Branche diesen Missstand beheben. Werden aktuell nur rund ein Prozent der Umsätze in die IT investiert soll dieser Anteil auf 3,3 Prozent steigen. Damit würde sich das Marktvolumen von RIB mit 500 Milliarden Euro in den kommenden Jahren vervielfachen.

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Einschätzung der Redaktion

Die Börse reagiert enttäuscht auf den schwachen Ausblick von RIB, die Aktie gibt im frühen Handel nach. Ein Grund: der TecDax-Titel ist teuer. Auch die Bilanz- und Margenqualität kann die hohe Bewertung nicht ausgleichen. Die Eigenkapitalquote liegt bei 82 Prozent, die Ebitda-Marge bei einem Drittel. Die Gewinnspanne soll zudem trotz Expansion nicht unter 30 Prozent fallen, während RIB mit fast 136 Millionen Euro Cash gut finanziert ist.

Doch RIB ist seit diesem Jahr mit einem möglicherweise revolutionären neuen Produkt auf dem Markt. Das Unternehmen bietet eine Software an über die Bauvorhaben digital durchsimuliert werden können. Zudem verbindet die YTWO Formative getaufte Plattform die Planung und spätere Steuerung des Baus direkt mit der Lieferkette von Zulieferern. "Mit unserer Software wissen Sie bereits zwei Jahre vor der Installation, wo und wann welcher Wasserhahn eingebaut werden muss. Diese Information war bislang nie mit dem Hersteller vernetzt.

Die Plattform schließt diese Lücke und ermöglicht, Produktion, Anlieferung und Einbau zeitgenau zu steuern. Das bringt um 15 bis 30 Prozent geringere Baukosten", erklärt RIB-Chef Thomas Wolf. "Unser Ziel ist es, bis 2026 ein Auftragsvolumen von bis zu 40 Milliarden Dollar auf die Plattform zu bringen", so der Manager weiter. Während das System für Baukunden kostenfrei ist, sollen Zulieferer eine Gebühr je erhaltener Order zahlen. Angenommen, die Provision läge bei fünf Prozent, wären das Einnahmen von zwei Milliarden Dollar. Weil RIB die Plattform mit dem US-Auftragsfertiger Flex betreibt gingen davon 50 Prozent an die Deutschen.

Zugegeben, die neue Plattform enthält viel Zukunftsfantasie doch RIB hat bereits einen ersten Kunden gewonnen. Die Berliner CG Gruppe wird YTWO Formative nutzen und damit Bauvorhaben von bis zu 4,7 Milliarden Euro bis 2022 umsetzen. Die mit der Plattform verbunden Chancen werden in der aktuellen Bewertung jedoch noch nicht berücksichtigt. Doch kann RIB auch nur einen Teil der erwarteten Auftragsvolumina über die Plattform abwickeln, dürfte sich das Wachstumstempo in den kommenden Jahren deutlich beschleunigen. Hinzu kommt, dass die Stuttgarter vom weltweiten Bauboom profitieren. Wegen der hohen Bewertung eignet sich die Aktie aber nur für spekulativere Anleger.

Kursziel: 16,00 Euro

Stoppkurs: 9,40 Euro