Lange Warteschlangen vor der Kasse, überfüllte Restaurants oder schlechte Beratung - Szenarien aus unserem täglichen Leben. Doch gehören sie immer mehr der Vergangenheit an. Um sich zu informieren oder einzukaufen, nutzen die Konsumenten in zunehmendem Maß das Internet. Zeitliche Flexibilität, Schnelligkeit sowie auch der oftmals günstigere Preis sind die vorrangigen Gründe, warum die Zahl der Onlineshopper kontinuierlich zunimmt.

"Mehr als jeder achte Euro im deutschen Einzelhandel geht nicht mehr in die Ladenkasse, sondern in die E-Commerce- und Versandhandelsbranche", weiß Gero Furchheim, Präsident des Branchenverbands E-Commerce und Versandhandel (bevh), und fügt hinzu: "Der E-Commerce wird damit immer mehr zum besseren Nahversorger, weil Beratung, Auswahl und Service flächendeckend angeboten werden."

Nach Berechnungen des bevh machte der Onlinehandel im vergangenen Jahr bereits 13 Prozent der gesamten Einzelhandelsumsätze aus. Der größte Anteil entfiel mit 11,2 Milliarden Euro auf Bekleidung. Der Verband geht davon aus, dass das Wachstum anhält. Für E-Commerce prognostiziert er in diesem Jahr erneut einen klar zweistelligen Zuwachs um elf Prozent auf 58,5 Milliarden Euro.

Waren es früher vor allem Mode und Bücher, die zum Onlinekauf verführen sollten, gibt es inzwischen kaum mehr etwas, was nicht im Web zu haben ist. Das Sortiment reicht vom Konzertticket über das Auto bis hin zum fertigen Menü.

Relativ neu sind Nahrungsmittel. Doch gerade daraus könnte sich ein hochkarätiger Wachstumsmarkt entwickeln. Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom stellen 93 Prozent der Käufer diesem Onlineservice bis dato ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder blickt daher erwartungsvoll in die Zukunft: "Der Onlinehandel mit Lebensmitteln steckt noch in den Kinderschuhen. Er wird aber jetzt Fahrt aufnehmen, da sich die große Zufriedenheit der Kunden he-rumspricht."

Als Marktöffner für die Essenslieferung haben sich wieder einmal US-Konzerne wie Amazon und Grubhub erwiesen. Um die Gewinner des Onlinebooms ausfindig zu machen, müssen Anleger aber nicht ins ferne Silicon Valley reisen. Auch hierzulande tummeln sich immer mehr Unternehmen, die mit funktionierenden Geschäftsmodellen im Internet erfolgreiche Wachstumsstorys schreiben. Zu diesen zählt unter anderem der Modeverkäufer Zalando. Das Unternehmen liegt sogar auf Platz 3 der umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland.

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Zalando denkt an eigene Shops



Um weiterhin vorn mitzuspielen, drückt das MDAX-Mitglied auch dieses Jahr kräftig auf die Tube. Der Umsatz soll um 20 bis 25 Prozent zulegen, die Ebit-Marge bei fünf bis sechs Prozent enden. Um langfristig noch besser abzuschneiden, investiert Zalando in die Zukunft. 200 Millionen Euro sollen 2017 in Infrastruktur, Automatisierung und Software fließen. "Unsere Top-Priorität ist profitables Wachstum", sagt Vorstand Rubin Ritter. Zudem zieht es Europas größten Online-Modehändler in die reale Einkaufswelt. Seit der Übernahme der Sportkette Kickz ist Zalando stolzer Besitzer von 15 Ladengeschäften. Zudem denkt das Unternehmen über Zalando-Shops in Städten wie Berlin, London und Paris nach.

Nicht minder erfolgreich ist Zooplus mit Tiernahrung. Nach einem Umsatzplus von 28 Prozent im vergangenen Jahr startete der Tierfutterhändler ebenso dynamisch in dieses Jahr. Die Erlöse von Europas größtem Onlineanbieter von Heimtierbedarf stiegen in den ersten drei Monaten um knapp ein Viertel. Das Wachstumstempo soll hoch bleiben: Bis 2020 plant Zooplus eine Umsatzsteigerung auf mehr als zwei Milliarden Euro, was im Vergleich zu 2016 dies einen Aufschlag von mehr als 100 Prozent bedeuten würde.

Der aktuelle Rekordlauf der Aktie, die auch im Wikifolio von BÖRSE ONLINE enthalten ist, gründet zum einen auf den starken Wachstumsaussichten, zum anderen kommt auch ein Schuss Übernahmefantasie hinzu. So wurde kürzlich der US-Wettbewerber Chewy.com mit einem Umsatzmultiplikator von mehr als drei von Petsmart übernommen. Ein vergleichbares Gebot für Zooplus würde bei über 500 Euro je Aktie liegen.

Gegessen wird immer



Doch zurück zum noch frischen Wachstumsmarkt Essenszustellung. Hierzulande ist es vor allem Delivery Hero, der in diesem Bereich für Schlagzeilen sorgt  - und dies nicht nur mit seinen Marken Lieferheld, Foodora und Pizza.de. Die Berliner sind gerade dabei, ihren Börsengang vorzubereiten. Insofern könnten bei dem Start-up-Investor Rocket Internet, der ein Drittel an Delivery Hero besitzt und dort gerade einen großen Partner bekommen hat, dieses Jahr noch die Kassen klingeln. Rocket setzt aber nicht nur auf Lebensmittel, die Holding ist weltweit an zahlreichen Webfirmen aus den Branchen Mode, Wohnen und Reise beteiligt. Dieses Jahr plant Rocket, drei Beteiligungen in die schwarzen Zahlen zu führen. Das dürfte auch das Unternehmen selbst auf der Ergebnisseite deutlich voranbringen - und könnte die Aktie in positive Gefilde tragen. Bereits 2016 schrumpfte das operative Minus um 234 Millionen auf rund 360 Millionen Euro.

Es müssen aber nicht immer nur Waren sein, auch mit Dienstleistungen lassen sich lukrative Internetstorys schreiben. Als Paradebeispiele dienen Holidaycheck und Scout24. Letztgenannter verfügt über die erfolgreichen digitalen Marktplätze Immobilien-Scout24 und AutoScout24. Der Onlineplattform-Betreiber ist gerade dabei, seine Dienstleistungsangebote mehr und mehr zu monetarisieren. Diese Bemühungen dürften sich langfristig in bare Münze verwandeln. Allerdings bedeutet das nicht, dass Scout24 seine Gewinne nicht schon heute weiter verbessern würde. Als Ziel haben sich die Münchner für dieses Jahr eine Steigerung der Ebitda-Marge um einen Prozentpunkt gesetzt.



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