Der mit Abstand wertvollste Konzern Deutschlands schwächelt 2025, doch Analysten wittern großes Potenzial. Die Walldorfer könnten mit KI und Cloud bald zurück in die Erfolgsspur finden.

Nach einem Jahr voller Turbulenzen steht Europas ehemals wertvollster Konzern an einem entscheidenden Wendepunkt. Die Aktie von SAP notiert aktuell bei rund 232 Euro – und damit rund 3 Prozent im Minus seit Jahresbeginn. 

Doch unter der Oberfläche brodelt es: Mit neuen KI-Allianzen, einer robusten Cloud-Strategie und starken Bilanzen mehren sich die Anzeichen, dass die Walldorfer schon bald wieder in die Erfolgsspur finden könnten.

Vom Fels in der Brandung zum Underperformer

Noch zu Jahresbeginn schien SAP unantastbar: Der DAX-Schwergewicht war mit über 350 Milliarden Euro Börsenwert das wertvollste Unternehmen Europas und steht seit Jahren nach Börsenwert unangefochten an der Spitze des deutschen Leitindex. Dann kam der Einbruch. Mitte August verlor die Aktie binnen drei Tagen über 10 Prozent, unterschritt erstmals seit Monaten die 200-Tage-Linie und gab sämtliche Jahresgewinne wieder ab.

Die Gründe für die Schwäche lagen weniger im operativen Geschäft als in der Marktstimmung: US-Medien wie MarketWatch warnten seinerzeit, dass „KI traditionelle Software auffressen“ könnte – eine These, die Investoren weltweit verunsicherte. Auch geopolitische Unsicherheiten unter einem möglichen US-Präsidenten Trump, ein schwächerer Dollar und schleppende IT-Budgets taten ihr Übriges.

Fundament stark – Cloud wächst weiter zweistellig

Tatsächlich aber liefert SAP operativ weiter solide Zahlen. Im zweiten Quartal 2025 stieg der Konzernumsatz um 9 Prozent auf 9,03 Milliarden Euro, der bereinigte Gewinn kletterte um 32 Prozent auf 2,57 Milliarden Euro, und der freie Cashflow schoss um 83 Prozent nach oben. Das Herzstück des Geschäfts – die Cloud – wuchs um 24 Prozent, der Auftragsbestand („Current Cloud Backlog“) erreichte mit 18,1 Milliarden Euro ein Rekordniveau.

Besonders im Bereich Cloud ERP legt SAP kräftig zu: +30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit beweist das Unternehmen, dass die milliardenschwere Transformation weg vom Lizenzmodell hin zu Abo-basierten Cloud-Diensten funktioniert. CEO Christian Klein spricht von einer „neuen Phase integrierter KI-Plattformen“, die Prozesse automatisieren und Entscheidungen beschleunigen sollen.

KI-Allianz mit OpenAI als Gamechanger?

Ein neuer Kurstreiber könnte die neue Partnerschaft mit OpenAI werden. Gemeinsam wollen SAP und die Microsoft-Tochter künftig souveräne Cloud-Dienste für den europäischen öffentlichen Sektor bereitstellen – rechtssicher, lokal gehostet und mit Rechenpower von bis zu 4.000 Nvidia-GPUs.

Das Projekt „OpenAI for Germany“ soll 2026 starten und markiert einen strategischen Brückenschlag: modernste US-Technologie in einem europäischen Rechtsrahmen. SAP investiert parallel 20 Milliarden Euro in sogenannte Sovereign Services – ein Schritt, der Walldorf zum Zentrum der europäischen Cloud- und KI-Souveränität machen könnte.

Kurzfristig allerdings dämpfen regulatorische Risiken die Euphorie. Die EU-Kommission prüft derzeit, ob SAP den Wettbewerb bei Wartungs- und Supportleistungen behindert. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück, doch allein die Ankündigung sorgte an der Börse für neue Nervosität.

Analysten bleiben optimistisch

Trotz der jüngsten Rückschläge zeigen sich die Analysten weiterhin überzeugt von der SAP-Aktie. Im September haben nahezu alle großen Investmenthäuser ihre positiven Einschätzungen bekräftigt: So beließ Goldman Sachs die Einstufung auf Buy mit einem Kursziel von 310 Euro, UBS empfiehlt die Aktie ebenfalls zum Kauf mit einem Ziel von 300 Euro, und auch Deutsche Bank Research bleibt optimistisch, wenngleich das Kursziel leicht auf 270 Euro gesenkt wurde. 

J.P. Morgan stuft SAP mit Overweight und einem Kursziel von 290 Euro ein, während Jefferies nach Gesprächen mit dem Finanzvorstand ebenfalls auf Buy mit 290 Euro bleibt. Auch Barclays bestätigt die Einschätzung Overweight und sieht das faire Kursniveau bei 290 Euro.

Charttechnik und Timing

Charttechnisch befindet sich SAP in einer sensiblen Zone. Die Region um 230 bis 247 Euro dient als zentrale Unterstützung. Der Relative-Strength-Index (RSI) signalisiert mit 41 Punkten eine überverkaufte Situation – ein mögliches Startsignal für eine technische Gegenbewegung. Fällt die Aktie jedoch unter 220 Euro, droht eine Ausweitung der Korrektur bis in den Bereich von 200 Euro.

Umgekehrt würde ein Ausbruch über 250 Euro das Bild drehen und den Weg Richtung 280 Euro freimachen – und damit das Tor zu einer neuen Aufwärtsbewegung öffnen.

Die Ruhe vor dem Rebound?

SAP bleibt ein europäischer Ankerwert – hochprofitabel, global diversifiziert und technologisch mit Microsoft, Nvidia und OpenAI strategisch verzahnt. Die Cloud-Pipeline ist gefüllt, der Burggraben tief, die Bilanz stark. Kurzfristige Schwankungen ändern daran wenig. Sollte der Markt die KI-Story aus Walldorf neu bewerten, könnte die Aktie schnell wieder zur europäischen Wachstumsikone aufsteigen.

Ob der aktuelle Kursrücksetzer der Auftakt einer längeren Schwächephase oder die Basis für die nächste Rallye ist, könnte sich in den kommenden Wochen entscheiden. Wer langfristig denkt, sieht in SAP weniger einen Verlierer des KI-Zeitalters – sondern womöglich seinen ersten großen europäischen Gewinner.

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SAP (WKN: 879535)

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