Wenn die erste Arbeitswoche im Januar durch ist und die SAP-Finanzabteilung einen ersten, breiten Überblick hat, ist High Noon in Walldorf. Dann liefert der größte europäische Softwarekonzern die Eckzahlen für das abgelaufene Jahr und eröffnet damit zugleich die Berichtssaison im Dax. Wenn die SAP-Ergebnisse ein Menetekel für die Berichtssaison in Deutschland sind, dürfen sich Anleger wohl auf einen schönen Zahlenreigen im Dax einstellen.

Immerhin nämlich lieferten die Walldorfer für 2014 ansehnliche Zahlen ab. Zwar sank das bereinigte Betriebsergebnis im vierten Quartal wie erwartet um ein Prozent auf 2,13 Milliarden Euro und die klassischen Lizenzerlöse schrumpften um zwei Prozent auf 1,87 Milliarden Euro. Aber beim Umsatz ging’s um sieben Prozent auf 5,47 Milliarden Euro nach oben. Bei den Software- und softwarebezogenen Serviceerlösen - also Produktumsatz plus Wartung und Support - reichte es für einen Zuwachs von acht Prozent auf 4,73 Milliarden Euro. Und beim noch relativ neuen Cloud-Geschäft legte der Konzern ein organisches Wachstum von gut 40 Prozent hin. Einschließlich der jüngsten Übernahme von Concur lag der Zuwachs sogar bei 72 Prozent auf 360 Millionen Euro. Zum Vergleich: Erzvriale Oracle schaffte zuletzt nur ein Mini-Cloud-Wachstum aus eigener Kraft.

Zufriedene Analysten

Analysten waren denn auch zufrieden. SAP habe ein "gutes Gleichgewicht zwischen Cloud-Wachstum und einem stabilen Software- und Support-Geschäft gehalten", lobte etwa Thomas Becker von der Commerzbank. Hochgerechnet aufs Gesamtjahr, dürfte SAP 2015 alleine in der Datenwolke 1,7 Milliarden Euro einsammeln nach 1,1 Milliarden Euro im Vorjahr. Damit wäre der Konzern weiterhin weltweit die Nummer 2 hinter dem - aberwitzig bewerteten - US-Cloud-Spezialisten Salesforce.

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Keine Alternative zum Weg in die Cloud

Cloud-Lösungen gelten seit einiger Zeit als der letzte Schrei in der Branche. Statt Software zu kaufen, mieten immer mehr Unternehmen ihre Lösungen für Themen wie Vertriebssteuerung, Personalwesen oder Reisekosten-Abrechnung. Für die Software-Anbieter hat das weit reichende Folgen. Denn das Geschäft mit Cloud-Lösungen ist weniger profitabel als der klassische Software-Verkauf. Zudem fallen die Lizenzerlöse nicht mehr mit dem Vertragsabschluss komplett an, sondern verteilen sich auf die gesamte Vertragslaufzeit von drei bis fünf Jahren. Gegenüber dem traditionellen Geschäft fehlt also zunächst Umsatz. Umgekehrt ist das Geschäft mit Mietsoftware aber auch besser kalkulierbarer. "Mit der verstärkten Ausrichtung auf das Cloud-Geschäft und unseren wachsenden Supporterlösen bauen wir langfristig ein größeres, besser planbares Geschäft auf", warb auch SAP-Finanzvorstand Luka Mucic am Montag für das vorläufige Zahlenwerk.

Eine Alternative dazu gibt es ohnehin nicht. Schließlich wächst vor allem in den USA die Nachfrage nach Mietmodellen. Darauf haben sich die Walldorfer frühzeitig eingestellt und fleißig zugekauft. Neben der B2B-Plattform Ariba hat sich der Konzern in den vergangenen Jahren unter anderem den Personalmanagement-Spezialisten SuccessFactors sowie Fieldglass zugelegt. Das US-Unternehmen liefert Cloud-Lösungen zum Einsatz externer Dienstleister. 2014 kam auch noch Concur hinzu. Mit einem Kaufpreis von 6,5 Milliarden Euro war der Reiseabwickler die teuerste Übernahme in der SAP-Geschichte.

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Einschätzung der Redaktion

Die SAP-Aktie war im Vorfeld der in diesen Tagen erwarteten Eckzahlen unter Druck geraten. Am Markt machten selbst Spekulationen über eine mögliche Gewinnwarnung die Runde. Doch die Befürchtungen haben sich nicht bestätigt - im Gegenteil. Vor allem im Cloud-Geschäft punktet SAP derzeit fleissig. Das hat Anleger beruhigt und am Montag für eine kleine Erleichterungsrallye gesorgt.

Eine Trendwende in der Aktie ist das aber noch nicht. SAP-Chef Bill McDermott und Finanzvorstand Luka Mucic werden am 20. Januar das vollständige Zahlenwerk für 2014 präsentieren. Wichtiger noch als der Blick auf das bislang noch offene Nettoergebnis und die Entwicklung in den drei großen Vertriebsregionen (Americas, Asia-Pacific, EMEA) dürfte jedoch der Ausblick für das laufende Jahr sein - und die erwartete neue Langfrist-Prognose. Die derzeit gültige (und bereits ein Mal verschobene) Vorgabe läuft bis 2017 und zielt auf 22 Milliarden Euro Umsatz und eine operative Marge von 35 Prozent.

Doch mit dem starken Cloud-Wachstum ist das Makulatur. Jetzt dürften McDermott und Mucic ein neues Ziel für die Zeit bis 2020 ausgeben. Analysten erwarten bis dahin einen Umsatzanstieg bis auf 25 Milliarden Euro. Das Margenziel sehen die ersten Auguren bei 33 bis 34 Prozent. Doch ob sich Investoren damit zufrieden geben, ist derzeit offen.

Anleger sollten also abwarten, wie viel Ehrgeiz McDermott und sein Finanzchef entwickeln. Wenn sie sich allzu deutlich vom ursprünglichen Margenziel verabschieden, könnten viele Investoren den Daumen senken. Dann wäre die Luft aus der SAP-Aktie erst mal raus. Halten. Stopp: 52. Ziel: 62 Euro.