In einem schwachen allgemeinen Marktumfeld beweist die SAP-Aktie derzeit relative Stärke und verteuert sich am Mittwochvormittag deutlich. Verantwortlich hierfür waren die vom US-Konkurrenten veröffentlichten Quartalszahlen.
Auf den ersten Blick lieferte das Oracle-Zahlenwerk allerdings wenig Grund zur Freude, schließlich lagen sowohl die im ersten Quartal erzielten Umsätze (14,93 Mrd. Dollar) als auch der Gewinn pro Aktie (1,47 Dollar) leicht unter den Analystenschätzungen von 15,04 Mrd. bzw. 1,48 Dollar (Quelle: TradingView.com). Für Begeisterung sorgten unter den Investoren hingegen drei Buchstaben RPO. Diese Kennzahl steht für Remaining Performance Obligations und gilt als Maß für vertraglich gesicherte, aber noch nicht realisierte Umsätze. Diese sind im vergangenen Quartal um 359 Prozent auf 455 Mrd. Dollar regelrecht explodiert und übertrafen damit die Analystenerwartungen deutlich. RPO lieferte den Impuls zum nachbörslichen Tagesgewinn von über 28 Prozent bei Oracle und die heutige Aufwärtsbewegung von zwei Prozent bei SAP.
Softwarefirmen in Zeiten von KI
Der gewaltige RPO-Anstieg war vor allem getrieben durch Großaufträge, die stark mit dem Cloud-KI-Geschäft verknüpft sind. CEO Safra Catz bezeichnete das Quartal sogar als „erstaunlich“ und betonte, dass die Nachfrage nach Oracle Cloud Infrastructure (OCI), insbesondere für KI-Anwendungen, weiter stark wachse. Dazu kommen strategische Partnerschaften im KI-Umfeld — etwa mit OpenAI im Rahmen des Stargate-Projekts oder die Integration von Googles Gemini- und anderen KI-Modellen über Multi-Cloud-Strategien — die dem Geschäftsmodell zusätzlichen Schub verleihen.
Was SAP und Oracle unterscheidet
Die beiden Software-Giganten werden in der Wirtschaftspresse zwar häufig in einem Atemzug genannt, grundsätzlich sollten Investoren beim Vergleich der beiden Titel allerdings folgendes beachten. SAP agiert eher wie ein klassischer Enterprise-Software-Anbieter, der schrittweise mit Cloud-Abomodellen und KI-Funktionen seine Basis transformiert. Oracle hingegen beschleunigt radikal den Wandel – hin zu einem reinen Cloud-Infrastruktur- und KI-Servicedienstleister. Während SAP durch Stabilität und planbare Einnahmen auffällt, setzt Oracle auf die hohe Wachstumsdynamik des KI-Sektors und langfristig gebuchte Services. Vereinfacht ausgedrückt kann man derzeit behaupten: SAP punktet mit Verlässlichkeit, Oracle mit Momentum.
Dies dürfte auch der Hauptgrund dafür sein, dass sich die Oracle-Aktie in den vergangenen zwölf Monaten um 69 Prozent und SAP um „lediglich“ 20 Prozent verteuert hat. Wer bei der Oracle-Aktie auf dem aktuellen Niveau einsteigt, benötigt aus zwei Gründen deutlich stärkere Nerven als bei einem SAP-Engagement. Erstens: Aufgrund der starken diesjährigen Performance fällt das Korrekturpotenzial bei Oracle deutlich höher als bei SAP aus. Zweitens: Zudem bringt die historische 250-Tage-Volatilität bei Oracle (53,8 Prozent p.a.) ein markant höheres Risiko als bei SAP (33,7 Prozent p.a.) zum Ausdruck.
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