Der Anstieg liegt zwar im Rahmen der Erwartungen von Regierung und Ökonomen. Doch die kommunistische Führung in Peking bleibt unter Druck, der Wirtschaft mit weiteren Konjunkturspritzen über den schwierigen Strukturwandel hinwegzuhelfen. An den Börsen in Fernost und am deutschen Aktienmarkt sorgten die BIP-Zahlen dennoch für gute Stimmung. Anleger waren erleichtert, dass sich die Konjunktur nicht noch stärker abkühlte.

Nach jahrzehntelangem Boom mit teils zweistelligen Wachstumsraten will die Regierung das exportlastige Wirtschaftsmodell stärker auf die Binnenkonjunktur ausrichten und den privaten Konsum ankurbeln. Dafür nimmt sie weniger Wachstum in Kauf. Doch beim Umbau hakt es. Dies schürte zuletzt Sorgen, dass China als Schrittmacher für die Weltkonjunktur stärker aus dem Tritt kommen könnte - und führte zu Turbulenzen an den Börsen rund um den Globus. Das für westliche Maßstäbe immer noch extrem hohe Wachstum ist für die Regierung in Peking Voraussetzung, um genug Jobs für das Milliardenvolk schaffen und größere soziale Unruhen vermeiden zu können.

UMBAU VOM SCHWELLEN- ZUM INDUSTRIELAND



China befinde sich mitten im schwierigen Wandel vom Schwellen- zum Industrieland, erklärte der Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel. "Alte Industrien verschwinden oder wandern ab, neue kommen hinzu." So sorgt der Umbau für tiefe Einschnitte in Schlüsselbranchen. Die Rohstahlherstellung in der Volksrepublik etwa sank im vergangenen Jahr erstmals seit 1981, die Stromproduktion sogar erstmals seit 1968. Chinas Weg vom Billiglohnland zu einem technologieintensiveren Standort biete aber vor allem in Nischen "vielfältige Chancen für die deutsche Wirtschaft", sagte der Präsident des hiesigen Außenhandelsverbandes, Anton Börner. "Das chinesische Wirtschaftswunder ist vorüber", ergänzte der Chefvolkswirt der deutschen Chemiebranche (VCI), Henrik Meincke. Er betonte aber auch: "Die Bedeutung der Volksrepublik als Absatzmarkt und Produktionsstandort für die deutsche Chemie wird in den kommenden Jahren weiter steigen."

Allerdings spürten die deutschen Exporteure zuletzt Gegenwind durch das Schwächeln. Im vorigen Jahr dürften die Ausfuhren nach China erstmals seit 1997 gesunken sein, nach elf Monaten standen dem Statistischen Bundesamtes zufolge gut minus vier Prozent zu Buche. Allein die Maschinen- und Anlagenbauer verzeichneten 2015 einen Rückgang von knapp sechs Prozent. "Wir erwarten in diesem Jahr aus China keine wesentlichen Wachstumsimpulse für unsere Exporte", sagte der Chefökonom des Branchenverbands VDMA, Ralph Wiechers. Aber man erhoffe sich Wachstum bei allem, "was mit Automatisierung, Effizienzsteigerung und Umwelt zu tun hat". Auch die Autobauer setzen 2016 auf gute Geschäfte in China. "Das Potenzial ist in dem Markt in jedem Fall vorhanden", sagte Porsche -Chef Oliver Blume jüngst im Reuters-Interview.

Daten zur Industrieproduktion und zum Einzelhandel belegen allerdings die aktuelle Konjunkturschwäche in China. Die Fabriken steigerten ihren Ausstoß im Dezember überraschend gering. Der Einzelhandelsumsatz legte ebenfalls nicht so stark zu wie von Fachleuten angenommen. Im Schlussquartal 2015 schwächte sich das gesamte Wirtschaftswachstum auf 6,8 Prozent von 6,9 Prozent ab. Auf das Jahr hochgerechnet ist dies das geringste Plus seit den Hochzeiten der Finanzkrise Anfang 2009.

An den Finanzmärkten kamen die Daten dennoch gut an. "Böse Überraschungen oder gar die gefürchtete harte Landung blieben aus", sagte NordLB-Analyst Frederik Kunze. Der Internationale Währungsfonds erwartet in China ein abflauendes Wachstum von 6,3 Prozent in diesem Jahr und nur noch 6,0 Prozent für 2017. Der schwächelnde Außenhandel werde auch andere Volkswirtschaften bremsen.

Reuters