Verbote will man, so gut es geht, vermeiden. Empfehlungen sollen es stattdessen sein. Lockdowns wie in allen anderen europäischen Staaten gab es in Schweden nicht. Der Staat empfiehlt seinen Bürgern zwar, im öffentlichen Leben eine Maske anzulegen, Abstand zu wahren und von zu Hause aus zu arbeiten. Aber er schreibt es nicht vor. Mit einem vielleicht erstaunlichen Effekt: Die Wirtschaft der Skandinavier steht heute besser da als anderswo. Verbote gibt es nur wenige. Etwa an der Landesgrenze: Die Einreise aus Großbritannien und Dänemark beispielsweise ist für Ausländer derzeit gesperrt.

Außerdem sah sich Ministerpräsident Stefan Löfven zuletzt gezwungen, die bislang als eher lässig bekannte Strategie in Sachen Restaurants zu ändern: Die dürfen ab sofort nur noch bis 20.30 Uhr öffnen, der Verkauf von Alkohol am Abend ist verboten. Außerdem will die Regierung die Zahl der Kunden in Lokalen und Fitnessstudios begrenzen. Doch es bleibt dabei: Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes wird empfohlen, nicht vorgeschrieben.

Der IWF lobt die Skandinavier

Im restlichen Europa wurde und wird Schweden für diese Art Politik gern kritisiert. Allerdings steht das Land in Sachen Konjunktur in Europa vergleichsweise gut da. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt: Die Wirtschaftspolitik sei angemessen, Schweden habe rasch reagiert und sei besser durch die Krise gekommen als viele europäische Partner. Im vierten Quartal wuchs das schwedische Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem dritten Quartal um 0,5 Prozent, während das Euroland-BIP im selben Zeitraum um 0,7 Prozent sank. Für das laufende Jahr rechnen die Analysten von Nordea mit bis zu vier Prozent Wachstum.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Oxford Economics findet, Schweden befinde sich in einer "starken Position". Die Regierung werde wohl keine zusätzlichen fiskalpolitischen Programme beschließen müssen. Auch die deutlich gestiegene Arbeitslosigkeit werde sich stetig reduzieren. Dabei hilft, dass die Notenbank Riksbank den Leitzins weiter bei null Prozent hält.

Der IWF verweist dabei auch auf strukturelle Vorteile Schwedens: Der Tourismussektor sei eher klein. Und bereits vor Corona seien Online-Arbeitsplätze weiter verbreitet gewesen als in vielen anderen Ländern. Die Anpassung sei also relativ reibungslos möglich gewesen.

Die Börse Stockholm läuft gut

Zu sehen ist Schwedens erfolgreicher Sonderweg auch am Aktienmarkt. Der Leitindex OMX 30 hat Vergleichsindizes wie den Euro Stoxx oder den DAX abgehängt. Ähnlich sieht es bei der Landeswährung aus: Die Krone wertete bis Ende März 2020 deutlich ab, gewann aber seither stetig dazu.

Bei den Aktien liegt etwa der Modekonzern Hennes & Mauritz (H & M) gut im Rennen. Wir hatten die Aktie im April 2020 empfohlen. Seither hat sich der Preis fast verdoppelt. Ein aktueller Quartalsumsatz leicht über Markterwartungen sorgte kurz vor Redaktionsschluss für weitere Kursgewinne. Auch die Erlöse von vier Milliarden Euro sind vor dem Hintergrund der Pandemie ordentlich. Im vergangenen Geschäftsjahr waren Gewinn und Umsatz aufgrund zahlreicher Filialschließungen eingebrochen.

In den Schlagzeilen ist H & M jedoch auch, weil man drastisch Stellen abbauen will. Allein in Deutschland geht es um 800 Arbeitsplätze. Die Gewerkschaft Verdi wirft H & M dabei vor, hauptsächlich junge Mütter loswerden zu wollen. In Hamburg werden angeblich Blanko-Aufhebungsverträge verschickt. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Anschuldigungen: Um betriebsinterne Kündigungen zu vermeiden, wolle man den Stellenabbau über ein Freiwilligenprogramm abwickeln.

Auch beim zweiten April-Tipp Ericsson lief es gut. Die Aktie legte gut 50 Prozent zu. An der Story hat sich nichts geändert. Die Nachfrage der Telekommunikationsanbieter nach 5G-Ausrüstung schiebt das Geschäft und damit den Gewinn des Unternehmens deutlich an. Das bereinigte operative Ergebnis legte im vierten Quartal um mehr als zwei Drittel zu. Im Gesamtjahr 2020 kletterte der Gewinn sogar um 163 Prozent.

Um bis zu 170 Prozent stieg der Kurs von Spotify seit der Empfehlung vom April vergangenen Jahres. Zuletzt hat der Kurs korrigiert, ist auf diesem Niveau wieder kaufenswert. Allerdings sollten Anleger im Auge behalten, dass der Trend zu Wachstumsaktien insgesamt etwas abflaut. Trotzdem bleibt Spotify bemerkenswert. So will man in weiteren 85 Ländern weltweit künftig Musikdienste und Podcasts anbieten. Es geht um ein zusätzliches Kundenpotenzial von einer Milliarde Menschen. Für Spotify ist es der größte Expansionsschritt seit dem Start 2008.

 


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