Beim Blick auf den europäischen Aktienmarkt sticht besonders ein Index aus der Masse heraus: der Stoxx Europe 600 Industrial Goods & Services. Jüngst erreichte das Börsenbarometer seinen Rekordstand. Allein in den vergangenen zwölf Monaten legte es um 30 Prozent zu. Zum Vergleich: Der Stoxx Europe 600, der die 600 größten Aktien Europas enthält, brachte es im gleichen Zeitraum auf ein Plus von 18 Prozent.

Der Index fasst Aktien europäischer Industriegüter- und Dienstleistungsunternehmen zusammen. Die Aktienanzahl ist variabel, derzeit sind es 105 Titel, die nach Marktkapitalisierung gewichtet werden. Die aktuellen Schwergewichte Siemens, ABB, Schneider Electric, Airbus und Deutsche Post zeigen, wie heterogen das Börsenbarometer ist. Deshalb fällt es schwer, bei dem Index von einer einheitlichen Branche zu sprechen.

Breit gestreut oder herausgepickt



Anleger können mit Indexfonds (ETF) auf den weiteren Aufwärtstrend setzen. Die zum Teil unterschiedlichen Branchen, zu denen die Titel gehören, tragen zur Diversifikation des Investments bei. So bietet etwa die Commerzbank einen entsprechenden ETF (WKN: ETF 069) an. Dieser berücksichtigt bei der Indexberechnung die Dividendenzahlungen der Indexmitglieder abzüglich der Quellensteuer (Nettodividenden). Als jährliche Pauschalgebühr fallen erträgliche 0,25 Prozent an.

Aber auch die Einzeltitel des Index sind für Anleger interessant. Schwergewicht Siemens kostete vor einem Jahr noch 93 Euro, heute sind es rund 130 Euro - gut 40 Prozent mehr. Das Analysehaus Kepler Cheuvreux sieht noch ein leichtes Aufwärtspotenzial und setzt das Kursziel bei 135 Euro an. Allerdings ist die Bewertung schon recht hoch: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für das laufende Geschäftsjahr ist auf ein Zwölfjahreshoch gestiegen. Die guten Geschäftszahlen bestätigen den Aufwärtstrend. Der Industrie- und Elektrotechnikkonzern hat den Umsatz zwischen Januar und März im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf 20,2 Milliarden Euro gesteigert. Das operative Ergebnis der Industriegeschäfte legte unerwartet kräftig um 18 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro zu. "In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres stehen für uns die sorgfältige Integration von Mentor Graphics und ein erfolgreicher Start von Siemens Gamesa Renewable Energy im Vordergrund", sagt Konzernchef Joe Kaeser.

Siemens-Rivale ABB ist derzeit mit rund fünf Prozent das zweitstärkste Indexgewicht des Stoxx Europe 600 Industrial Goods & Services. Der Schweizer Industriekonzern verzeichnete im ersten Quartal 2017 wegen ausgebliebener Großaufträge einen Rückgang bei Auftragseingang und Umsatz. Der operative Gewinn sank um ein Prozent auf 943 Millionen Dollar. "Wir sehen erste Anzeichen einer Marktstabilisierung in Teilen der Prozessindustrie und auch einige Wachstumssignale in frühzyklischen Geschäften", zeigt sich ABB-Vorstandschef Ulrich Spiesshofer jedoch zuversichtlich.

Das Wachstum in China und die fortlaufenden Investitionen in wichtige Zukunftsmärkte wie die Robotik stimmen auch die Analysten positiv. Der Kurstrend zeigt jedenfalls nach oben. In den vergangenen zwölf Monaten steht ein Plus von rund 22 Prozent zu Buche.

Im Steigflug befindet sich auch die Airbus-Aktie, die in den vergangenen zwölf Monaten um 40 Prozent zulegte. Die Schweizer Bank Credit Suisse hat das Kursziel zuletzt von 76 auf 100 Euro angehoben. Grund dafür ist das langfristige Aufwärtspotenzial bei den Margen. Denn in der Flugzeugindustrie zeichnet sich durch neue technologische Trends eine strukturelle Wende ab, von der Flugzeugbauer schrittweise auch auf der Ergebnisseite profitieren sollten.

Goldman Sachs hat das Kursziel ebenfalls erhöht: von 84 auf 89 Euro. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern litt zwar weiterhin unter den Anlaufkosten für die neue Baureihe A320neo, allerdings hat das Management mit Aussagen zu den in diesem und dem kommenden Jahr erwarteten Belastungen für mehr Klarheit gesorgt.



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Positive Überraschungen möglich



Ein Kauf ist derzeit für viele Analysten das Papier des Elektrotechnikkonzerns Schneider Electric. In den vergangenen zwölf Monaten kletterte der Titel von 55 auf 73 Euro. Goldman Sachs sieht das Kursziel bei 86 Euro. Die jüngsten Gewinnkennziffern der Franzosen seien besser als erwartet und die Konsensschätzungen nach wie vor zu niedrig gewesen. Positive Überraschungen bei den Margen könnten neue Kursimpulse liefern.

Die Aktie der Deutschen Post kannte zwischen Mai 2016 und Mai 2017 ebenfalls nur eine Richtung: nach oben, und zwar um rund 32 Prozent. Das Kursziel, welches die Deutsche Bank ausgibt, liegt bei 35 Euro. Der Fokus dürfte nach Ansicht der Experten auf den Zielen des Logistikkonzerns für 2020 liegen: Investitionen und Barmittelschöpfung.



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