Showdown der deutschen Schwergewichte: SAP und Siemens sind mit Abstand die beiden wertvollsten DAX-Konzerne. Welche Aktie bietet Anlegern mehr Potenzial?

In Deutschlands Leitindex DAX sind zwei Namen nicht nur traditionsreich, sondern auch wertbestimmend: SAP und Siemens. Gemeinsam bringen die beiden Konzerne mehr Börsenwert auf die Waage als viele DAX-Mitglieder zusammen. 

Während Siemens 2025 eine glänzende Kursperformance hingelegt hat, kämpft SAP gegen eine scharfe Korrektur. Die entscheidende Frage für Anleger: Ist jetzt der Moment, bei SAP auf den Rebound zu setzen – oder bleibt Siemens die stabilere Wahl?

SAP: Europas Software-Champion am Wendepunkt

SAP, mit rund 290 Milliarden Euro Marktkapitalisierung noch immer das wertvollste börsennotierte Unternehmen Deutschlands, hat ein turbulentes Börsenjahr hinter sich. Nach fulminantem Jahresstart verlor die Aktie im Sopmmer binnen weniger Tage über 10 Prozent, unterschritt die 200-Tage-Linie und gab sämtliche Jahresgewinne wieder ab. Stand heute: Bei rund 232 Euro bleibt ein Minus von etwa 2 Prozent seit Jahresbeginn.

Fundament solide, Cloud boomt

Operativ allerdings steht SAP deutlich besser da, als der Kurs vermuten lässt. Im zweiten Quartal 2025 stieg der Umsatz um 9 Prozent auf 9,03 Milliarden Euro, der bereinigte Gewinn um 32 Prozent auf 2,57 Milliarden Euro. Der freie Cashflow schnellte um 83 Prozent nach oben, das Cloud-Geschäft legte um 24 Prozent zu. Besonders die Cloud-ERP-Sparte wächst mit 30 Prozent dynamisch – ein Beweis dafür, dass die milliardenschwere Transformation von Lizenzsoftware zu Abo-basierten Diensten greift.

CEO Christian Klein spricht von einer „neuen Phase integrierter KI-Plattformen“. Tatsächlich will SAP mit KI-gestützter Automatisierung Prozesse beschleunigen, Kosten senken und die Effizienz seiner Kunden erhöhen. Damit setzt der Konzern auf dieselben Hebel, die in den USA Microsoft oder Oracle Rückenwind geben.

KI-Allianz mit OpenAI als Gamechanger?

Ein potenzieller Kurstreiber: die neue strategische Allianz mit OpenAI. Gemeinsam sollen ab 2026 souveräne Cloud-Dienste für den öffentlichen Sektor entstehen – abgesichert durch EU-Recht, lokal gehostet und mit bis zu 4.000 Nvidia-GPUs. Das Projekt „OpenAI for Germany“ könnte SAP zur Schaltzentrale europäischer KI-Souveränität machen. Parallel investiert der Konzern 20 Milliarden Euro in eigene Sovereign Services.

Allerdings: Die Euphorie wird von regulatorischen Risiken gedämpft. Die EU-Kommission prüft, ob SAP Wettbewerb bei Wartungsleistungen behindert. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück – doch allein die Ankündigung sorgte an der Börse für Verunsicherung.

Analysten sehen 25 % Potenzial

Trotz der Korrektur bleibt das Vertrauen der Analysten hoch. Goldman Sachs setzt das Kursziel auf 310 Euro, UBS auf 300 Euro, J.P. Morgan auf 290 Euro. Im Durchschnitt liegt das Ziel bei rund 291 Euro – ein Aufwärtspotenzial von gut 25 Prozent. 

Charttechnisch steht die Aktie an einer wichtigen Unterstützung bei 230 Euro. RSI-Indikatoren signalisieren eine überverkaufte Lage – ein möglicher Startpunkt für eine technische Gegenbewegung.

SAP (WKN: 879535)

Siemens: Stabilität mit KI-Fantasie

Siemens hingegen präsentiert sich 2025 als einer der solidesten Performer im DAX. Seit Jahresbeginn hat die Aktie um rund 28 Prozent zugelegt und notiert mit 242 Euro nur knapp unter dem Allzeithoch von 250 Euro. Der Münchner Traditionskonzern profitiert von seiner erfolgreichen Transformation zum Technologiechampion – und vom anhaltenden Boom bei Automatisierung und Industrie-KI.

177 Jahre nach Gründung steht Siemens nicht mehr nur für Schaltanlagen und Turbinen, sondern für Industrie-Software, Automatisierung und vernetzte Fabriken. Der Konzern bespielt die Schnittstelle zwischen Hardware und Software – ein Bereich, in dem er global zu den Marktführern zählt. Besonders in der industriellen Robotik und bei KI-gestützten Assistenzsystemen sehen Analysten hohes Potenzial. Auch geografisch zeigt Siemens Stärke. Während viele europäische Industriewerte mit schwachen China-Zahlen kämpfen, überraschte Siemens dort positiv. In Nordamerika entwickelt sich das Geschäft stabil – ein Zeichen für die hohe Wettbewerbsfähigkeit.

Analysten gespalten, aber überwiegend positiv

Die DZ Bank erhöhte jüngst ihr Kursziel auf 260 Euro und verweist auf die starke Position bei Industrie-KI. UBS bleibt mit Ziel 240 Euro bei Buy. Goldman Sachs ist vorsichtiger mit 232 Euro, Barclays warnt vor zyklischen Belastungen und setzt auf 185 Euro. 

Im Schnitt liegt das Kursziel bei rund 226 Euro – leicht unter dem aktuellen Kurs. Die Bewertung bleibt dabei moderat: Das KGV liegt bei 19, also deutlich unter SAPs 42. Hinzu kommt eine Dividendenrendite von rund 2,15 Prozent – ein Argument für defensiv orientierte Investoren.

Was für SAP und was für Siemens spricht

Am Ende spiegelt sich in den beiden DAX-Champions ein Grundmuster des Marktes: Tech-Fantasie versus Industrieverlässlichkeit. Wer beides möchte, findet in einer Kombination aus Siemens und SAP eine interessante Balance – und damit zwei DAX-Schwergewichte, die auch im globalen Maßstab bestehen können.

SAP hingegen ist operativ stark und strategisch gut positioniert, steht jedoch kurzfristig unter Druck. Für langfristig orientierte Investoren könnte die aktuelle Schwächephase daher eine günstige Gelegenheit sein, in eine europäische KI-Story mit großem Potenzial einzusteigen. Für wachstumsorientierte Anleger mit langem Atem bietet SAP trotz Gegenwinds eine attraktive Story: starke Cloud-Zahlen, strategische KI-Allianz, solide Bilanz. Die Bewertung ist ambitioniert, aber die Fantasie groß.

Für defensivere Investoren oder Dividendenjäger könnte Siemens die bessere Wahl sein: berechenbar, solide, KI-getrieben, aber mit geringerer Volatilität. Siemens überzeugt mit Stabilität, planbaren Dividenden und industrieller KI-Fantasie. Das Unternehmen bietet damit eine attraktive Option für Anleger, die Wert auf Sicherheit, Berechenbarkeit und stetiges Wachstum legen.


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Siemens (WKN: 723610)