Falls sich die jüngsten Medienberichte bestätigen, wird Softbank demnächst den Börsengang seiner Mobilfunksparte für Mitte Dezember ankündigen. Mit einem kolportierten Emissionsvolumen von umgerechnet 23 Milliarden Euro wäre es der weltweit größte Börsengang aller Zeiten. Noch hält Alibaba diesen Titel: Der chinesische Internetriese sammelte vor vier Jahren rund 21,6 Milliarden Euro ein. Der Rekord-IPO der Mobilfunksparte wäre ein weiterer Meilenstein in der bemerkenswerten Entwicklung von Softbank.

Einst gehörten die Japaner zu den Überfliegern des New-Economy-Booms. Mit dem Platzen der Dotcom-Blase lösten sich aber 99 Prozent des Börsenwerts in Luft auf, die Gesellschaft stand zeitweise kurz vor der Pleite. Softbank-Chef Masayoshi Son investierte 20 Millionen US-Dollar in einen 32-Prozent-Anteil an Alibaba - damit gelang ihm im Rückblick ein Supercoup. Noch heute hält die Holding ein Aktienpaket von 29,5 Prozent an dem chinesischen Internetkonzern, der zuletzt einen Börsenwert von 107 Milliarden US-Dollar hatte. Die Marktkapitalisierung des gesamten Softbank-Konzerns liegt derzeit bei rund 88 Milliarden US-Dollar - somit scheint die Softbank-Aktie unterbewertet.

Ganz so einfach ist es allerdings nicht. Dem Alibaba-Aktienpaket stehen Nettoschulden etwa in der gleichen Größenordnung gegenüber. Bleiben die übrigen Beteiligungen, die einem Gemischtwarenladen ähneln: Das Mobilfunkgeschäft, das unter dem Label Softbank Mobile an die Börse gebracht werden soll, hatte man im Jahr 2006 für 15 Milliarden US-Dollar von Vodafone gekauft. Für den britischen Chipproduzenten ARM legte man vor zwei Jahren fast 30 Milliarden Euro auf den Tisch. 83 Prozent hält Softbank am amerikanischen Telekommunikationsunternehmen Sprint sowie 48 Prozent an Yahoo Japan.

Zusammen mit dem Königreich Saudi-Arabien, dem Technologiekonzern Apple und zahlreichen anderen Investoren legte Softbank zudem den Vision Fund auf, der in Zukunftstrends investiert und 100 Milliarden Dollar schwer ist. 45 Milliarden davon stammen vom saudi-arabischen Staatsfonds. Seit Anfang Oktober der Journalist Jamal Khashoggi verschwand, belastet diese enge Verbindung zum Königreich. Saudi-Arabien hat den Mord an dem Regimekritiker inzwischen zugegeben.

Investoren fragen sich nun, wie sich das Management der Softbank positionieren wird. Man beobachte besorgt, was passiere, sagte Chief Operating Officer Marcelo Claure jüngst. Die Softbank-Aktie verlor in den vergangenen Wochen rund 18 Prozent. Dabei ist Softbank über den Vision Fund an aussichtsreichen Börsenkandidaten wie etwa WeWork beteiligt. Zuletzt war zu vernehmen, das Unternehmen wolle seinen Anteil an dem Anbieter von Gemeinschaftsbüros um weitere 15 bis 20 Milliarden US-Dollar aufstocken. Bislang haben die Japaner bereits 4,4 Milliarden Dollar in einen 20-Prozent-Anteil investiert.

Allerdings würde Investorenlegende Son mit einem solchen Schritt seinen eigenen Grundsätzen zuwiderhandeln: Er will sich auf Minderheitsbeteiligungen von 20 bis 40 Prozent an Unternehmen beschränken, die das Potenzial zum Marktführer in ihrer jeweiligen Branche haben oder bereits die Nummer 1 sind. "Softbank ist ein Einhornjäger", sagt Son. "Einhörner" sind Unternehmen, die bereits vor ihrem Börsengang einen Börsenwert von über einer Milliarde US-Dollar erreicht haben. An einigen dieser Einhörner wie etwa den Mitfahrdiensten Uber und Grab oder dem indischen Zahlungsabwickler PayTM ist Softbank längst beteiligt.

An Visionen mangelt es Son nicht. Im Januar dieses Jahres hatte der 61-Jährige das Ziel ausgegeben, Softbank zum wertvollsten Unternehmen der Welt zu entwickeln, das auch in 300 Jahren noch zu den mächtigsten Konzernen dieses Planeten zählen soll. Viele Experten trauen dem Konzern eine solche Transformation zu. Alle 13 Analysehäuser, die laut Thomson Reuters derzeit Softbank abdecken, empfehlen die Aktie aktuell zum Kauf. Zu ihnen zählen die Credit Suisse, die ihr Kursziel von 11 700 auf 13 800 Yen erhöhte, oder die Experten von Jefferies, die Luft bis 14 400 Yen sehen. Der anstehende Megabörsengang dürfte das Potenzial der Aktie unterstreichen.