Es ist ein Wettlauf der Superlative: In China ging jetzt einer der größten Photovoltaikparks der Welt ans Netz. Er liegt in einer abgelegenen Gegend, in der Wüste im Nordwesten Chinas in der Provinz Qinghai. Der Park soll eine Leistung von 2,2 Gigawatt erreichen, was der von zwei Atomkraftwerken entspricht. Dazu haben die Chinesen einen Speicher gebaut, der rund 200 Megawatt aufnehmen kann. Über Hochspannungsleitungen soll der Strom dann in den Osten Chinas transportiert werden. Die Bauzeit betrug gerade mal ein Jahr, knapp zwei Milliarden Euro wurden in das Vorhaben gesteckt.

Es ist eines von vielen Solarprojekten, die in China aktuell umgesetzt werden. Schließlich hat das Land Großes vor: Im Jahr 2060 will es Klimaneutralität erreichen. Bis dahin sollen Treibhausgase vermieden oder gespeichert werden. Das bedeutet das Umkrempeln des Energiesystems. Den Höhepunkt beim Ausstoß von Kohlendioxid will das Land noch vor 2030 erreichen. Immer noch stammt rund ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen aus China. Aktuell sind dort Dutzende neuer Kohlekraftwerke geplant. Experten von der Tsinghua-Universität schätzen, dass 15 Billionen Dollar investiert werden müssten, um das Klimaziel zu erreichen.

Handelt es sich also lediglich um einen großen PR-Gag, inszeniert von der kommunistischen Partei? Eher nicht. Ganz klar setzt China verstärkt auf erneuerbare Energie. Vorangegangen ist man jedenfalls mit großen Schritten: Im vergangenen Jahr erreichte die kumulierte installierte Photovoltaikleistung im Land etwas mehr als 200 Gigawatt. Das wiederum entspricht mehr als einem Drittel der installierten Leistung weltweit. Von fünf Solarmodulen, die global verbaut werden, kommen schon jetzt vier aus China. Selbst die restriktiven Zölle, die US-Präsident Donald Trump auf importierte chinesische Panele erhob, stoppten die Einfuhren nicht.

Angeschoben wurde die Produktion in China nicht zuletzt aus Deutschland dank der großzügigen Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Während es hierzulande kaum noch größere Modulhersteller gibt, Unternehmen wie Solarworld oder Q-Cells haben längst Insolvenz angemeldet, gibt es diese in China zur Genüge. Der größte Produzent ist Jinko Solar. Die Gesellschaft produziert Wafer, Solarmodule und Zellen und verkauft sie weltweit. Jahrelang ging es mit dem Kurs auf und ab. Vor allem 2018, als die chinesische Regierung die Förderung senkte, knickte er ein. Mittlerweile sind die Preise für Solaranlagen so stark gesunken, dass Subventionen nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Die Nachfrage im Inland dürfte stark zulegen und Jinko ist in der Lage, die Kapazitäten schnell hochzufahren. Seit September explodierte die Notiz förmlich und legte von 20 auf knapp 90 Euro zu. Aktuell konsolidiert der Titel etwas. Anleger sollten abwarten und erst bei Kursen um 40 Euro kaufen.

Auch den Hersteller von günstigem Polysilizium, Daqo, sollten sich Investoren genauer anschauen. Für kristalline Solarmodule ist das Material unverzichtbar und der Konzern einer der Marktführer. Seit August legte der Preis je Kilogramm um mehr als 20 Prozent zu - auch weil chinesische Wettbewerber zuletzt Probleme hatten. In einem Industriepark brach ein Großfeuer aus und legte die Produktion lahm. Kurzfristig sorgte das für einen Engpass des Materials am Markt. Davon profitierte auch die Aktie von Wacker Chemie. Das Polysilizium der Bayern ist zwar deutlich teurer, dafür aber hochrein. Der Vorteil: Mit ihren Produkten lassen sich höhere Wirkungsgrade erzielen. Im dritten Quartal legte der operative Gewinn um ein Fünftel zu und übertraf die Analystenschätzungen deutlich.

Deutsche Zulieferer in guter Position


Nicht nur in China, weltweit steigt die Nachfrage nach Produkten, die mithilfe der Sonne Strom produzieren. "Es sieht sehr gut aus, das Wachstum für die kommenden Jahre sollte gesichert sein", sagt auch Thiemo Lang, Portfolio Manager bei RobecoSAM. Nach Bloomberg-Berechnungen kletterten allein in diesem Jahr die Herstellungskapazitäten weltweit bislang um 20 Prozent. In den kommenden Jahren sollen zusätzliche 110 Gigawatt bereitstehen. Das wäre eine Verdopplung der Kapazität des vergangenen Jahres.

Vor allem auch deutsche Maschinenbauer, Hersteller von Wechselrichtern und andere Komponentenentwickler sollten das Interesse der Investoren wecken. Einstige Highflyer wie Manz, Singulus oder Centrotherm sind mittlerweile tief gefallen und haben Erholungspotenzial.

Ein sehr spekulativer Kandidat für höhere Kurse ist der Maschinenbauer Singulus. Wie so viele Firmen kämpft er aktuell mit der Pandemie-Krise. Einige Aufträge wurden verschoben und mit 16 Millionen Euro lag der Umsatz zum Halbjahr deutlich unter dem Vorjahreswert von 44 Millionen Euro. Auch das Betriebsergebnis lag unter dem Vergleichswert und war deutlich negativ. Allerdings hat Singulus einen direkten Draht nach China: Der Staatskonzern CNBM ist Großaktionär und hat Anfang des Jahres Anlagen zur Produktion von sogenannten CIGS-Dünnschichtmodulen bestellt. Auch deswegen lag der Auftragsbestand zur Jahresmitte deutlich über dem Vorjahr. Finanziell ist Singulus nicht gerade auf Rosen gebettet, allerdings besteht die Hoffnung auf mehr Aufträge. Der Aktienkurs liegt am Boden und könnte sich bei positiven Meldungen schnell erholen.

Auch der schwäbische Maschinenbauer Manz hat einen chinesischen Großaktionär an Bord. Sein Vorteil: Das Geschäft mit Maschinen zur Herstellung von Akkus - ein großer Abnehmer ist Varta - läuft sehr gut. Bislang herrscht Flaute im einst wichtigsten Segment Solar. Auch hier gilt: Kommen Aufträge aus Fernost ins Haus geflattert, sieht es mit der Umsatzverteilung im Unternehmen deutlich besser aus. Der Aktienkurs ist schon angesprungen. BÖRSE ONLINE hat den Titel bereits früh empfohlen. Weitere Kursgewinne sollten drin sein.

Deutlich spekulativer und ausschließlich für hartgesottene Anleger ist Centrotherm. Auch der Maschinenbauer aus dem Schwarzwald ist tief gefallen, hat jedoch zuletzt einen starken Auftragseingang gemeldet. Schnell kann es hier nach oben gehen. Allerdings ist das Unternehmen finanziell angeschlagen. Nachdem der Kurs zurückgekommen ist, stufen wir SMA Solar wieder hoch. Die Firma ist mit Wechselrichtern und Speichersystemen gut positioniert. Sowohl Umsatz als auch Ergebnis werden in diesem Jahr deutlich besser ausfallen als im Gesamtjahr.