Paukenschlag bei Kion: Ramsch-Rating von S&P, Millionenverluste und China-Konkurrenz – platzt jetzt der Börsentraum?
Downgrade
Was für eine Woche für Kion – und für alle, die auf den MDAX-Logistikausrüster wetten. Die US-Ratingagentur S&P hat ihr Emittentenrating für Kion kräftig herabgestuft – von BBB- auf BB+. Damit verliert der Frankfurter Konzern seinen Investment-Grade-Status und landet nun im spekulativen Bereich, von Anlegern gefürchtet als „Ramsch-Rating“.
Ein herber Rückschlag für ein Unternehmen, das sich nach harten Jahren eigentlich gerade wieder aufrappeln wollte. Doch S&P sieht düstere Wolken über Kions Zukunft:
„Das neue Effizienzprogramm des Konzerns in Verbindung mit den herausfordernden Branchenbedingungen wird die operative Leistung im Jahr 2025 erheblich beeinträchtigen. Die EBITDA-Marge dürfte schrumpfen. Auch der Verschuldungsgrad im Verhältnis zum EBITDA dürfte sich verschlechtern.“
Der tiefe Schnitt ins Rating – und was dahinter steckt
So lautet die offizielle Diagnose der S&P-Analysten. Hintergrund ist eine gemischte Lage im Kion-Konzern, der weltweit alles liefert, was Lager und Logistik schneller, smarter und automatischer macht: Stapler, Lagertechnik, Robotik, Software. Doch ausgerechnet die Lieferkettenkrise, steigende Zinsen und Preisdruck durch China haben das Unternehmen in den letzten Jahren hart getroffen.
Vor allem im angestammten Geschäft mit Gabelstaplern und Lagertechnik kämpft Kion seit Monaten mit Preisdruck. Immer mehr Kunden greifen zu günstigeren Modellen – und diese kommen zunehmend aus China. Die Folge: Margen bröckeln, Umsätze stagnieren.
„Der Wettbewerb hat 2024 zu Preisreduzierungen geführt“, gibt Kion inzwischen selbst zu. Ein Satz, der an der Börse wie ein Alarmsignal wirkt.
S&P bleibt „stabil“ – aber auf Ramsch-Niveau
Immerhin: Der Ausblick bleibt bei S&P stabil. Heißt im Klartext: Man glaubt bei S&P immerhin, dass Kion nicht komplett abstürzen wird, solange bestimmte Kennzahlen eingehalten werden:
EBITDA-Marge über 13 %
Netto-Verschuldung im Verhältnis zum EBITDA dauerhaft unter 4,5x
Aber ob das gelingt, ist alles andere als sicher. Denn Kion steht mitten in einem brutalen Transformationsprozess.
Milliarden-Sparprogramm: Kion zieht die Reißleine
Schon im Februar 2025 hatte Kion ein massives Sparprogramm angekündigt. Geplant sind:
Einmalige Aufwendungen 2025: 240 bis 260 Millionen Euro
Zukünftige jährliche Einsparungen ab 2026: 140 bis 160 Millionen Euro
Im ersten Quartal hat Kion bereits über 190 Millionen Euro an Restrukturierungskosten verbucht – das hat den freien Cashflow mehr als halbiert. Unter dem Strich blieb ein Verlust von knapp 47 Millionen Euro. Kein schöner Anblick für Aktionäre.
Doch das Management gibt sich kämpferisch. Konzernchef Rob Smith versuchte zuletzt Optimismus zu verbreiten:
„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Die Kapazitäten in Nordamerika und Asien-Pazifik wurden ausgebaut.“
Überraschung bei den Analysten: Jefferies & Warburg bleiben bei „Buy“
Das Downgrade von S&P kommt völlig überraschend, finden etliche Analysten.
Lucas Ferhani von Jefferies zeigt sich verwundert:
„Seit 2022 haben sich Barmittelschöpfung, Verschuldung und Margen bei Kion erheblich verbessert. Ich sehe nur begrenzte Auswirkungen auf den Aktienkurs.“
Er bleibt bei seiner Empfehlung „Buy“ mit einem Kursziel von 51 Euro.
Auch Warburg Research bleibt bullish:
„Im Segment Lieferkettenlösungen (SCS) ist mit aufeinanderfolgenden Steigerungen beim Auftragseingang zu rechnen.“
Warburg sieht das Kursziel bei 45 Euro.
Barclays optimistischer: Kursziel rauf auf 48 Euro
Sogar die britische Investmentbank Barclays hat das Kursziel jüngst von 46 auf 48 Euro angehoben. Analyst Timothy Lee lobt die globale Erholung im Markt für Lagerautomatisierung. Kion und Branchenkollege Jungheinrich seien in Europa führend – ein Wettbewerbsvorteil.
Doch Lee warnt auch vor Risiken:
Steigende China-Importe gefährden die Preise.
Handelskonflikte könnten Kions Wertschöpfungskette treffen.
Zahlen sprechen eine gemischte Sprache
Dabei war das erste Quartal 2025 gar nicht so schlecht:
Auftragseingang: +11 % auf 2,7 Mrd. Euro
Umsatz: leicht gesunken auf 2,8 Mrd. Euro
Bereinigtes EBIT: 196 Mio. Euro (–14 % gegenüber Vorjahr)
Die Zahlen lagen über den Erwartungen vieler Analysten. Besonders erfreulich: Im Geschäft mit Automatisierung und Software verbessert sich die Profitabilität langsam wieder – nach Jahren voller Pannen und teurer Altlasten.
China als Damoklesschwert
Doch das größte Risiko für Kion bleibt der Preiskampf mit chinesischen Herstellern. Bernstein-Analyst Philippe Lorrain warnt:
„Es ist das erste Mal, dass Kion offen über Preissenkungen spricht. Das zeigt, wie hart die Konkurrenz aus China drückt.“
Gerade günstige Einsteigermodelle bei Gabelstaplern spülen den Chinesen Marktanteile in die Kassen – ein echter Gamechanger, der Kion in die Defensive zwingt.
Die Kion-Aktie schwankt heftig. Zwischenzeitlich notierte sie 3,5 % höher, weil viele Anleger die S&P-Abstufung für übertrieben hielten. Dann bröckelte das Plus wieder auf 1,5 %.
Seit Jahresbeginn hat der Kurs dennoch über 15 % zugelegt – doch es war ein wackliger Anstieg. Nach einem starken Start 2025 stürzte der Kurs im März ab, ausgelöst durch US-Zolldiskussionen. Erst jetzt kämpft die Aktie sich mühsam wieder nach oben.
Lesen Sie auch: Euro 2.0: Geheimplan der EZB oder Statt US-Aktien: Diese Titel könnten die großen Gewinner der kommenden Jahre sein