Hola libertad" - "Hallo Freiheit", heißt es seit Anfang Mai in Spanien. Der am 14. März ausgerufene Alarmzustand wird schrittweise gelockert, die Menschen dürfen wieder ins Freie. Spanien ist eines der am stärksten vom Coronavirus betroffenen Länder der Welt. Mit strikten Beschränkungen gelang es, den täglichen Zuwachs an Virustoten seit Anfang April von 1000 auf zuletzt 244 zu senken. Auch wirtschaftlich verursachte der Krankheitserreger eine Katastrophe. Spanien steuert nach einer kurzen Phase des Aufschwungs erneut auf eine schwere Rezession zu. "Der unerwartete Covid-Schock hat dem 2014 begonnenen positiven Wachstumszyklus abrupt ein Ende gesetzt", sagt Wirtschaftsministerin Nadia Calviño. Die Regierung in Madrid prognostiziert für dieses Jahr ein Minus von 9,2 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt (BIP). Doch bereits 2021 soll der Spuk vorbei sein und das BIP um 6,8 Prozent zulegen.

Hoffnung setzt Ministerpräsident Pedro Sánchez auf seinen Vierphasenplan, mit dem das Land wieder in die Normalität zurückkehren soll. Während aktuell nach und nach Geschäfte und Lokale aufmachen dürfen, strebt die Regierung für den Sommer das Öffnen der Hotels an. Ein wichtiger Punkt, schließlich gilt das Land als das zweitbeliebteste Reiseziel der Welt. Zwölf Prozent des BIP generiert der Tourismus. Die desaströse Lage sowie eine öffentlich angeprangerte unzureichende Krisenbewältigung haben an der Börse tiefe Spuren hinterlassen. Der Leitindex IBEX 35 stürzte im März um mehr als ein Fünftel ab und konnte sich seither kaum spürbar erholen. Das reduzierte Kursniveau sorgt allerdings dafür, dass sich bei vereinzelten Aktien Einstiegsmöglichkeiten ergeben. Wir haben uns nach Titeln mit aussichtsreichem Chance-Risiko-Profil umgesehen.

Kaufenswerte Spanier

Fündig wurden wir im Gesundheitssektor bei Grifols. Der Blutplasmaspezialist verzeichnete im ersten Quartal einen Umsatzanstieg um elf Prozent, der Gewinn verbesserte sich um acht Prozent. Die weiteren Aussichten sind positiv, vor allem weil der Pharmakonzern in Sachen Corona eifrig mitmischt. Grifols sammelt seit Längerem Plasma von Patienten, die sich von der virusbedingten Lungenkrankheit erholt haben, und testet mögliche Therapien. Dabei wird das Plasma verarbeitet, um hyperimmunes Immunglobulin zu entwickeln. Ein erstes Produkt wird Mitte Juli erwartet. Während die Grifols-Aktie nahe ihrer Rekordmarke notiert, ist Viscofan der Ausbruch in neue Höhen bereits gelungen. Die 1975 gegründete Firma ist weltweit führend bei Kunstdärmen, die bei der Wurstherstellung als Ersatz für Naturdärme verwendet werden. Das Geschäft läuft gut: Der Umsatz kam in den vergangenen fünf Jahren um 16 Prozent voran. Das sorgte dafür, dass Viscofan den Marktanteil um vier Prozentpunkte auf 34 Prozent ausbauen konnte. Auch 2020 stehen die Zeichen auf Expansion: Die Erlöse legten im ersten Quartal um ein Zehntel, der operative Gewinn gar um 13,3 Prozent zu. Damit sieht sich der Konzern trotz Corona auf dem besten Weg, seine Ziele zu erreichen: ein Umsatzplus von sechs bis acht Prozent sowie ein überproportionales Ebitda-Wachstum von sieben bis neun Prozent.

Dem Virus trotzen kann auch Iberdrola. Der Energieversorger veröffentlichte soeben einen starken Zwischenbericht. Mit seinen mehr als 30 Millionen angeschlossenen Haushalten und Unternehmen erwirtschaftete Iberdrola zum Jahresauftakt einen Gewinn von 1,26 Milliarden Euro, fünf Prozent mehr, als Analysten auf dem Zettel hatten. Auch im April ließ sich Iberdrola nicht von dem Krankheitserreger stoppen und brachte eine 500-Megawatt-Solaranlage ans Netz. Ökostrom ist ein großes Thema bei Iberdrola. 2020 will Konzernchef Ignacio Galán von den geplanten zehn Milliarden Euro an Gesamtinvestitionen rund 40 Prozent in erneuerbare Energien stecken. Dass sich das Unternehmen in diesen Zeiten so hohe Ausgaben zutraut, liegt an dem dicken Kapitalpolster von 14,4 Milliarden Euro. In einem normalen Szenario reicht die Liquidität für stolze 30 Monate.

Während Iberdrola seine Kunden mit Strom versorgt, kümmert sich Masmovil um die Kommunikation. Mit durchschlagendem Erfolg: Das Unternehmen ist in den vergangenen drei Jahren bei Festnetz- und Mobilfunk-Breitbandkunden am stärksten gewachsen. An der Börse wurde dies noch nicht gebührend eingepreist, der Titel weist ein 2021er-Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp über elf auf. Die günstige Bewertung und das Wachstumspotenzial scheinen wiederum Finanzinvestoren auf den Plan zu rufen. Laut spanischen Medien sind der britische Private-Equity-Fonds Cinven sowie die in den USA ansässige KKR derzeit an einer Investition in Masmovil interessiert.

 


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