Das staatliche Rettungspaket für die Lufthansa formiert sich Widerstand, insbesondere gegen die geplante Beteiligung des Bundes in Höhe von 20 Prozent über eine Kapitalerhöhung. Der größte Lufthansa-Einzelaktionär, Heinz Hermann Thiele, hat seinen Aktienanteil jetzt von zehn auf 15,5 Prozent aufgestockt und gleichzeitig die Regierungspläne scharf kritisiert. Mit seiner Beteiligung hätte er allein beinahe genug Stimmen, um die Bundesregierung draußen zu halten. Über das bis zu neun Milliarden Euro schwere staatliche Finanzpaket soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni abgestimmt werden. Bei einer Präsenz von weniger als 50 Prozent des Kapitals ist für den Beschluss zur Kapitalerhöhung eine Zweidrittelmehrheit nötig. Legt Thiele mit seinen 15 Prozent ein Veto ein, könnte er fast im Alleingang das Rettungspaket verhindern.

Im Gegenzug ruft die Lufthansa ihre Aktionäre nun dringend zur Teilnahme an der Hauptversammlung auf. Denn wenn mehr als 50 Prozent der Aktionärsstimmen vertreten sind, reicht eine einfache Mehrheit aus, um das Rettungspaket anzunehmen. An der Börse zog die Lufthansa-Aktie zunächst kräftig an, gab die Gewinne dann aber wieder ab.

Was der Investor will


Ob Thiele das Paket platzen lassen will, ließ er offen. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" forderte er Nachverhandlungen und kritisierte Luft-hansa-Chef Carsten Spohr, der "intensiver hätte verhandeln müssen". Die Aktionäre seien "überfallartig" mit dem Paket konfrontiert worden. Für sie bedeute die Kapitalerhöhung eine erhebliche Verwässerung ihres Aktienwerts. Als mögliche Alternative brachte Thiele eine indirekte Beteiligung der KfW-Bank ins Spiel.


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Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat Nachverhandlungen inzwischen abgelehnt. Er setze darauf, dass die Aktionäre die "gut abgewogene Lösung" unterstützen. Was Thiele mit einer Ablehnung des Rettungspakets erreichen will, ist Branchenkennern unklar. Denn die Lufthansa braucht dringend Geld: Wenn keine Lösung gefunden werde, müsse man in kürzester Zeit ein insolvenzrechtliches Schutzschirmverfahren beantragen, teilte die Airline mit. Um vorbereitet zu sein, habe man dieses Verfahren bereits geprüft.

Analyst Guido Hoymann von Metzler Capital Markets sieht die Verhandlungsleistung Spohrs differenzierter als Thiele: "Er hat, im Sinne der Aktionäre, sehr gut verhandelt und viele Forderungen aus der Politik - wie den Verzicht auf Inlandsflüge - abgewehrt", so Hoymann. Auch Wolfgang Donie, Analyst der Norddeutschen Landesbank, sagte im Gespräch mit €uro am Sonntag: "Ein Rettungspaket ist immer ein Kompromiss, und in der jetzigen Situation finde ich das Paket gut tragbar."