Auch wegen des steigenden Bedarfs in der Landwirtschaft wird die lebenswichtige Ressource Wasser weltweit knapper. Investoren sehen Chancen. Von Felix Petruschke, Euro am Sonntag

Willkommen! Genießen Sie Ihren Urlaub und denken Sie daran, Wasser zu sparen." Mit dieser Videobotschaft werden Reisende aktuell am Flughafen von Palma begrüßt. Die Behörden der beliebten Ferieninsel Mallorca mussten wegen akuter Wasserknappheit die zweithöchste Warnstufe ausrufen: Die Trinkwasserreservoirs der Insel sind derzeit nur noch zu rund 40 Prozent gefüllt. In den nächsten Wochen könnten sie völlig ausgetrocknet sein. "An anderen Orten regnet es viel, aber nicht hier." Mit diesen Worten endet die Videobotschaft.

Die Baleareninsel steht nicht allein. Aufgrund wachsender Bevölkerungszahlen, steigender Nahrungsmittelproduktion sowie eines aufwendigeren Lebenswandels steigt der Wasserbedarf in vielen Teilen der Welt massiv an. Die fortschreitende Klimaerwärmung verschärft das Phänomen, viele Beobachter sprechen schon von einer globalen Wasserkrise. In den kommenden Jahren stehen weltweit milliardenschwere Investitionen an, damit die Versorgung mit Trinkwasser weiterhin gewährleistet ist. Nach aktuellen Prognosen von WHO und OECD könnte schon im Jahr 2025 die Hälfte der Menschheit in Gebieten leben, in denen die Versorgung angespannt oder kritisch ist.

Künstliche Oasen in der Wüste


Die Probleme bei der Wasserversorgung lassen sich exemplarisch am Arabischen Golf beobachten. Die Golfstaaten verfügen über keine nennenswerten Grundwasserreservoirs mehr. Um die Versorgung sicherzustellen, sind sie auf Anlagen zur Meerwasserentsalzung angewiesen. In Saudi-Arabien stammen schon 70 Prozent des Trinkwassers aus dem Meer. Mit diesem Verfahren wird in riesigen Mengen Salzwasser verdampft und so lang gefiltert, bis es genießbar wird. Für diesen Prozess ist eine Menge Energie notwendig. Sie kommt meist aus Kraftwerken, die mit Erdöl oder Erdgas betrieben werden.

Die Salzwasseraufbereitung ist die teuerste und aufwendigste Methode der Wassergewinnung. Doch den Golfstaaten bleibt kaum eine andere Wahl. Im Gegenteil: Die Region will ihre Kapazitäten noch deutlich erhöhen. Bereits heute sind über 200 Kraftwerke an der Küste in Betrieb. Der französische Umweltkonzern Suez versorgt beispielsweise die Millionenstadt Jeddah zu fast 100 Prozent mit Trinkwasser aus Entsalzungsanlagen. Das Unternehmen rechnet bis 2025 mit einem Gesamtwachstum der Ent­salzungs­kapa­zi­tä­ten weltweit um acht Prozent. Neue Versuche, die Anlagen auf Solar­energie oder Photovoltaik umzustellen, gelten Fachleuten zufolge als vielversprechend, sind aber noch nicht ausgereift.

Trotz der hohen Kosten haben die Vereinigten Arabischen Emirate mit Abstand den höchsten Pro-Kopf-Wasserverbrauch weltweit. Der Grund: Die Ressource wird aus politischen Gründen zu 90 Prozent staatlich subventioniert - und damit de facto verschenkt. Dadurch fehlen Anreize zum Wassersparen.

Die Folgen sind Verschwendung und eine ausufernde Bewässerung in der Landwirtschaft. Der Agrarbereich spielt in allen Regionen der Welt eine Schlüsselrolle beim Wasserverbrauch. Hier schlummern auch die größten Poten­ziale für einen schonenderen Umgang mit dem Rohstoff. Heute ist die Landwirtschaft für rund 70 Prozent des weltweiten Verbrauchs verantwortlich, in einzelnen Ländern sind es sogar über 90 Prozent. Mit intelligenter Bewässerungstechnologie ließen sich große Mengen Wasser einsparen.

Strom von Investitionen


Ausgaben sind dringend notwendig - und sie stehen bereits auf der Agenda. Die Schweizer Großbank UBS geht für den weltweiten Agrarsektor im Technologiesegment von einer Verfünffachung der Investitionen auf rund 700 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2030 aus. So bietet beispielsweise die US-Firma Xylem vielseitige Lösungen an: von Analysesystemen zur Wasserqualität über Fil­trationstechniken bis hin zu Pump­stationen. Die Schweizer First Climate hat in Indien ein System zur zielgenauen Tröpfchenbewässerung für Zuckerrohr aufgebaut. Mit diesem System kann die Effizienz der Bewässerung um bis zu 90 Prozent gesteigert werden.

Für Raphael Lüscher, Experte der Fondsgesellschaft Swisscanto, ist es von größter Bedeutung, dass solche bereits bekannten Technologien zum Wassersparen und zum Wasserschutz stärker zur Anwendung gelangen. Mittlerweile haben viele Investoren diesen Markt entdeckt. Die Aussichten sind gut, denn die weltweite Nachfrage nach Wasser wächst um mehr als zwei Prozent pro Jahr, meint Experte Lüscher. Er ist überzeugt, dass hier "ein Angebotsdefizit entstehen wird". Die Folge: Unternehmen aus dem Wassersektor werden seiner Meinung nach künftig überdurchschnittliche Wachstums- und damit auch Gewinnchancen aufweisen.

Infrastruktur mit Nachholbedarf


Ein Bereich mit attraktiven Chancen sind zum Beispiel die Versorgungsnetze. In vielen Fällen verdunstet der kostbare Rohstoff oder versickert ungenutzt im Boden. Die Fondsgesellschaft Pictet, die den ältesten Wasserfonds am Markt anbietet, sieht laut Manager Marc-­Olivier Buffle in vielen Industrieländern hohen Sanierungsbedarf bei den teils über 100 Jahre alten Leitungen und Rohren. Allein in den USA versickern pro Jahr über 20 Prozent des Trinkwassers. Der Versorger American Water Works freut sich seit Jahren über volle Auftragsbücher - vor allem wegen der Erneuerung und Instandhaltung von Leitungssystemen. In vielen Schwellenländern wiederum müssen breite Teile der Bevölkerung überhaupt erst einmal an ein Wassernetz angeschlossen werden.

Anleger interessieren sich auch für Unternehmen, die Technologien zur Reinigung und Abwasserverwertung anbieten. Weltweit werden über 80 Prozent der Abwässer nicht geklärt. Das kann zur Verschmutzung des Grundwassers und zu Krankheiten führen. Länder wie China oder Indien investieren Milliarden in eine verbesserte Abwasserreinigung. Davon profitieren Firmen wie Ecolab, die Nummer 1 im Bereich der industriellen Reinigung von Wasser.

Der Investitionsdruck rund um die knappe Ressource dürfte über Jahrzehnte bestehen bleiben. Als Basisinvest­ment eignen sich für langfristig orientierte Anleger breit aufgestellte und ­aktiv gemanagte Wasserfonds (siehe unten). Viele davon sind auch für umweltbewusste Anleger interessant.

Die Behörden auf Mallorca könnten sich indes am brasilianischen São Paulo orientieren: Die Einführung eines nach Einkommen gestaffelten Wasserpreises hat dort die Versorgung wieder sichergestellt. Für Touristen auf der Balearen­insel dürfte es aber weiterhin bei ­einer Videobotschaft bleiben.

Investor-Info

OECD Umweltausblick
Wasserbedarf 2050


Die Grafik zeigt eine Prognose der OECD zu den Veränderungen des weltweiten Wasserbedarfs im Jahr 2050 gegenüber 2000. Der weltweite Bedarf wird um mehr als ein Drittel zunehmen. Nur in den OECD-Ländern wird mit einem leichten Rückgang gerechnet. Der größte Verbrauch resultiert aus künstlicher Bewässerung und Stromerzeugung.

Swisscanto Global Water
Langfristige Rendite


Der Fonds zählt zu den ökologisch beziehungsweise nachhaltig anlegenden Aktienfonds, die Unternehmen anhand der sogenannten ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) auswählen. Laut Swisscanto-Experte Raphael Lüscher eignet sich der Fonds besonders für nachhaltig orientierte, risikobewusste Investoren mit einem Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren. Top-Positionen sind unter anderem Xylem und Ecolab.

RobecoSAM Sustainable Water
Breit aufgestellt


Das Portfolio besticht durch einen hohen ­Anteil an technologischen Vorreitern. Damit hebt es sich von anderen Fonds der Branche ab. Schwerpunkt sind Industrieunternehmen mit einer starken Wassersparte wie beispielsweise der US-Konzern Danaher. Hinzu kommen Technologie- und Abwasserspezialisten wie Thermo Fisher Scientific und Suez. Die sonstige Auswahl zeichnet sich durch einen Risikomix nach Titeln, Regionen und Sektoren aus. Das Fondsvolumen beträgt fast 1,2 Milliarden Euro.