Stephen Schwarzman, Jahrgang 1947, wuchs in einer jüdischen Mittelklasse- Familie in Philadelphia auf. Sein Vater besaß einen Laden, der Vorhänge, Bettwäsche, Handtücher und andere Haushaltswaren verkaufte. Bereits mit zehn Jahren arbeitete Schwarzman ohne großen Enthusiasmus im väterlichen Laden mit, faltete Taschentücher und packte Geschenke ein. Sein Stundenlohn: zehn Cent. Um sein Taschengeld aufzubessern, verkaufte er nebenbei Schokoriegel und Glühlampen, lieferte Telefonbücher aus und betrieb einen Rasenmähservice mit zwei "Teilzeitangestellten" - seinen jüngeren Zwillingsbrüdern, die die Arbeit übernahmen, während er neue Kunden akquirierte.

Auf Betreiben seiner ehrgeizigen Mutter zog die Familie in einen besseren Vorort Philadelphias um. "Wenn meine Mutter gegenüber meinem Vater nicht darauf bestanden hätte, in einen besseren Schulbezirk zu wechseln, hätte ich keine Chance gehabt, auf die Universitäten Yale und Harvard zu gehen. Dann wäre mein Leben sicherlich anders verlaufen", erinnerte er sich. In der Highschool schaffte er, was in seiner Schule niemand für möglich hielt: Es gelang ihm, die damals in den USA sehr populäre Band "Little Anthony and the Imperials" zu einem Gratiskonzert in der Turnhalle der Schule einzuladen.

Nach der Highschool schrieb sich Schwarzman an der Eliteuniversität Yale ein. Er wählte eine interdisziplinäre Hauptfächerkombination aus Psychologie, Soziologie, Anthropologie und Biologie und war unter anderem zusammen mit dem ein Semester zuvor eingestiegenen George W. Bush Mitglied der Studentenverbindung Skull & Bones.

Nach dem ersten Jahr in Yale hatte er Lust auf Abenteuer. Er heuerte auf einem norwegischen Tanker an, der von New York in die Karibik unterwegs war. Sein nächster Job: Zweiter Koch auf einem dänischen Frachter, der Richtung Südamerika unterwegs war. Nach drei Monaten auf See kam ihm das Leben in Yale öde und langweilig vor. Er hatte zeitweise sogar die Absicht, das Studium zu schmeißen, hielt aber durch. Sein größter Erfolg in Yale war, dass er mit einer gut orchestrierten Kampagne die 268 Jahre alte Regel kippte, wonach Frauen nicht in den Räumen der Studenten übernachten durften. Mit einem Bachelor verließ er 1969 die Universität und arbeitete an der Wall Street als Analyst für die Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ). Er wohnte in lärmigen und von Kakerlaken infizierten Zimmern, ernährte sich von Spaghetti mit Tomatensoße und analysierte Geschäftsberichte, die er nicht verstand. Er musste den Job aufgeben, als er 1970, auf dem Höhepunkt des Vietnamkriegs, eine Aufforderung für eine sechsmonatige militärische Ausbildung erhielt. Nach dem Ende des Militärdiensts wechselte er für ein postgraduales Studium an die Harvard Business School, das er 1972 mit einem MBA abschloss.

Nach dem Studium in Harvard versuchte es Schwarzman erneut an der Wall Street - "trotz meines schlechten Starts bei DLJ". Er bewarb sich bei verschiedenen Investmentbanken, heuerte schließlich bei Lehman Brothers an. Zwar hatte Schwarzman bereits früh prophezeit, dass das Geldhaus an seiner psychopathischen, teils von Hass dominierten Firmenkultur scheitern werde. Dennoch stieg er schnell die Karriereleiter hoch, war ab 1977 vornehmlich in der Sparte Mergers & Acquisitions tätig und wurde 1978 zum Managing Director ernannt. 1985 hatte Schwarzman genug, er wollte so schnell wie möglich weg von Lehman. Zusammen mit seinem 57-jährigen Mentor Peter George Peterson, dem damaligen CEO von Lehman, gründete er mit einem Startkapital von 400 000 US-Dollar die Blackstone Group, die vor allem über Private-Equity-Fonds fremdfinanzierte Übernahmen tätigte und später die Unternehmen mit Gewinn veräußerte.

Aus dem Nichts zum König


Blackstone schien anfangs keine Erfolgsstory zu werden: Sechs Monate nach der Gründung gab es noch keine einzige Zusage für den ersten Fonds. Die Wende brachten schließlich 1987 die japanischen Banker von Nikko Securities, die in New York eine Filiale eröffnen und ins M & A-Geschäft einsteigen wollten, aber kaum Englisch sprachen und keine Ahnung vom Investment-Business in den USA hatten. Schwarzman schlug ihnen in Tokio ein Joint Venture vor, Nikko investierte als Starthilfe 100 Millionen Dollar. Andere japanische Banker folgten. Schwarzman flog mit Zusagen über 325 Millionen Dollar zurück nach New York.

Am 15. Oktober 1987 - die Kurse an der Wall Street hatten gerade Rekordhöhen erreicht - schloss Blackstone den ersten Buy-out-Fonds. Gerade rechtzeitig, denn vier Tage später, am Schwarzen Montag, verlor der Dow Jones 508 Punkte. Es war der größte Tagesverlust in der Börsengeschichte. Der Rest der Erfolgsgeschichte ist bekannt. Das US-Magazin "Fortune" nannte ihn den "König der Wall Street".

Selbstkritik findet man in seinen Memoiren, die im März 2021 in deutscher Übersetzung mit dem Titel "Worauf es ankommt" erscheinen werden, kaum. Anlass dazu hätte es indes reichlich gegeben. Aus dem "König der Wall Street" wurde irgendwann der Lieblingsfeind der Wirtschaftspresse: Mitglied einer "Clique piratenhafter Führungskräfte" nannte ihn die "Business Week". Private-Equity-Unternehmen scheuen normalerweise das Rampenlicht. An der Wall Street gilt außerdem ein ungeschriebenes Gesetz, wonach Milliardäre nicht mit ihrem Reichtum protzen.

Aber irgendwann wollte Schwarzman mehr vom Leben. Er gab Millionen aus, als gäbe es kein Morgen. Sein 20 Jahre älterer Partner Peter Peterson, mit dem er Blackstone gegründet hatte, hatte ihm vergeblich geraten, sich mehr zu mäßigen. 2003 kaufte Schwarzman an der besten Adresse Manhattans eine dreistöckige Wohnung, die einst dem Ölmagnaten John D. Rockefeller gehört hatte. Im gleichen Jahr erwarb er eine Strandvilla in Florida. Später erweiterte er seinen Immobilienbesitz mit Häusern in St. Tropez, in den Hamptons und auf Jamaica.

Im Vorfeld des Börsengangs von Blackstone 2007 musste das Unternehmen erstmals Gehaltslisten seiner Vorstände veröffentlichen - darauf hatte die Wall Street seit Wochen gewartet. Aus der Pflichtmeldung ging hervor, dass Schwarzman Anteile für 677,2 Millionen Dollar verkaufen und ein Aktienpaket von 24 Prozent behalten werde, das fast acht Milliarden Dollar schwer war. Aus einer Pflichtmeldung ging auch hervor, dass Schwarzman im Geschäftsjahr 2006 Bezüge in Höhe von 398,3 Millionen US-Dollar erhalten hatte.

Ein Freund Schwarzmans, der für eine andere Bank arbeitete, sagte nach dem Blackstone-Börsengang zu einem Reporter des Magazins "The New Yorker": "Sie haben keine Ahnung, welchen Eindruck das an der Wall Street gemacht hat. Dort gibt es diese Menschen, die ihr ganzes Leben genauso hart arbeiten, um am Ende 20 Millionen auf dem Konto zu haben. Dann kommt Schwarzman und hat praktisch über Nacht acht Milliarden." Schwarzmans Antwort auf diese Kritiken: "Ich bin jeden Penny wert!"