Im Strafverfahren um Manipulation der Wirecard-Aktien lässt die Justiz einen weiteren Investor gegen eine Geldauflage vom Haken. Das Amtsgericht München will das Verfahren gegen den britischen Leerverkäufer und Börsenbrief-Herausgeber Fraser Perring mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft als minderschweren Fall einstellen, wie ein Gerichtssprecher am Montag sagte. Im Gegenzug müsse Perring einen niedrigen fünfstelligen Euro-Betrag an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Der Brite ist nach eigenen Angaben einverstanden. "Die Zahlung ist erfolgt" teilte Perring der Nachrichtenagentur Reuters mit.

Er und andere Börsianer gerieten ins Visier der Finanzaufsicht Bafin und der Staatsanwaltschaft, nachdem die Wirecard-Aktie am 24. Februar 2016 um ein Viertel eingebrochen war. Denn unmittelbar zuvor hatte die von Perring betriebene Firma Zatarra Research dem Unternehmen in einer im Internet verbreiteten Analyse betrügerische Machenschaften vorgeworfen. Wirecard wies die Vorwürfe zurück. Der Kurssturz vernichtete binnen Minuten einen Börsenwert von 1,3 Milliarden Euro. Davon profitierten Investoren, die mit Leerverkäufen auf einen fallenden Aktienkurs gewettet hatten. Perring war auch mit Vorwürfen gegen die Fernsehgruppe ProSiebenSat.1 und mit der Aufdeckung eines Bilanzskandals beim deutsch-südafrikanischen Möbelkonzern Steinhoff bekannt geworden.

Im Fall Zatarra fiel es den Ermittlern schwer, den tatverdächtigten Börsianern kriminelle Machenschaften nachzuweisen. Leerverkäufe sind legal, lediglich Marktmanipulation ist strafbar. Perring hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Das Verfahren gegen einen Mitverantwortlichen wurde bereits vor zwei Jahren eingestellt, nachdem dieser einen fünfstelligen Betrag als Geldauflage gezahlt hatte. Nun will die Justiz auch bei Perring auf eine weitergehende Aufklärung verzichten, die für eine Entscheidung über Verurteilung oder Freispruch notwendig wäre.

ERINNERUNGEN AN FALL ECCLESTONE


Ein solches "Absehen von der Verfolgung unter Auflagen", wie es in Paragraph 153a der Strafprozessordnung heißt, ist bei Kleinkriminalität nicht selten. In einem spektakulären Fall hingegen handelte sich die Münchner Justiz im Jahr 2014 den Vorwurf ein, der Angeklagte könne sich freikaufen: Der damalige Formel-1-Chef Bernie Ecclestone sorgte mit einer Geldauflage von 100 Millionen Dollar dafür, dass der Korruptionsprozess gegen ihn ohne Urteil beendet wurde.

Nachdem sich die Ermittlungen im Fall Wirecard lange auf verdächtige Investoren und Journalisten beschränkt hatten, geriet auch das Unternehmen selbst ins Visier der Behörden. Die Bafin prüft, ob Wirecard die Kapitalmärkte ausreichend über die Untersuchung interner Ungereimtheiten informiert hat. Die Staatsanwaltschaft München hat nach eigenen Angaben Anzeigen gegen Wirecard erhalten und prüft diese. Parallel dauert das Ermittlungsverfahren gegen einen Journalisten und sechs weitere Beschuldigte außerhalb des Unternehmens wegen des Verdachts der Marktmanipulation an.

Am Freitag zog der Wirecard-Aufsichtsrat Konsequenzen aus jüngsten Kommunikationspannen und Kursstürzen: Er beschnitt die Kompetenzen des umstrittenen Vorstandschefs Markus Braun und berief einen Compliance-Vorstand. Daraufhin schoss die Aktie am Montag um zwölf Prozent auf 94 Euro in die Höhe und war mit Abstand größter Gewinner im Dax.

rtr