Herr Heer, die Zuckerrüben-Ernte 2017 ist in vollem Gange. Wie läuft’s?


Wir haben unsere Anbaufläche für die Kampagne im laufenden Jahr erhöht und erwarten eine gute, teils sehr gute Ernte.

Ende September treten die neuen Regeln im EU-Zuckermarkt in Kraft. Die Produktionsquoten, Mindestpreise und Exportbeschränkungen fallen weg. Wie stellt sich Südzucker auf das neue Marktumfeld ein?


Wir haben unseren Vertrieb europaweit aufgestellt und verfügen jetzt über Niederlassungen in Spanien, Großbritannien und seit neuestem auch außerhalb der EU in Israel. Zudem optimierten wir unsere Logistik: Wir haben die gesamte Wertschöpfungskette untersucht und nach Möglichkeiten gesucht, Kosten zu sparen.

Wie wollen Sie das schaffen?


Unsere Fabriken sind stärker ausgelastet. Die Fixkosten - zum Beispiel Personal- oder Verwaltungskosten - verteilen sich auf eine größere Menge produzierten Zuckers. Pro Tonne sinkt damit die Belastung. Und wir wollen intern die Kosten senken.

Wie das?


Wir haben viele Prozesse aus der Administration, die wir in den Tochtergesellschaften hatten, auf die Muttergesellschaft verlagert. Wir haben unsere EDV-Strukturen angepasst und verbessert. Und wir haben unsere Logistikstrukturen - insbesondere im Export - überarbeitet. So sind wir, effizienter geworden.

Was werden Sie als Erstes merken, wenn die neuen Regeln am 1. Oktober in Kraft treten?


Das ist ein schleichender Übergang, auf den wir uns schon lange vorbereitet haben.

Sie haben die Anbauflächen bereits um 15 Prozent erhöht. Wie viel Zucker wollen Sie verkaufen?


Wir haben nur Einfluss auf die Anbaufläche. Was dann wächst, ist die Folge von Niederschlag, Temperatur, Sonneneinstrahlung. Wir verkaufen den Zucker, den uns die Natur beschert. Wir werden aber wesentlich mehr exportieren als im Vorjahr.

Durch die Neuregelung des EU-Zuckermarktes darf Südzucker mehr exportieren. Wie viel mehr?


Im Vergleich zum Vorjahr wollen wir unsere Exporte auf den Weltmarkt verdoppeln oder verdreifachen, das könnten dann schon 800.000 Tonnen Zucker sein.

Wo soll der Zucker hingehen?


Wie gesagt, haben wir ein Vertriebsbüro in Israel eröffnet. Wir haben auch sehr viele andere Staaten im Blick: Im Mittelmeerraum, in Afrika und Südostasien.

Und die USA?


Wir exportieren nicht in die USA, das ist auch nicht geplant. Denn auch dort gibt es eine Zuckermarktordnung und Importbeschränkungen. Wenn sich die Gegebenheiten ändern würden, täten wir das natürlich. Aber das erwarte ich derzeit nicht.

Was müsste denn passieren, damit Südzucker in die USA exportiert?


Das hängt an den Zollbestimmungen. Ich glaube nicht, dass die Regierung von Donald Trump Interesse daran hat, diesen Außenschutz zu lockern.

Haben die jüngsten Wirbelstürme in der Karibik Einfluss auf Ihr Geschäft?


Nein, bislang ist das nicht feststellbar.

Reagiert der Zuckerpreis auf solche Unwetterereignisse?


Das scheint derzeit nicht der Fall zu sein.

Mit der Neuregelung entfällt der Mindestpreis für die Zuckerrüben. Welchen Preis erwarten Sie?


Wir haben mit unseren Rübenbauern Lieferverträge. Der Zuckerrübenpreis leitet sich aus den Erlösen ab. Wir wissen noch nicht, wie sich die Zuckerpreise im Zuckerwirtschaftsjahr 2017/2018 entwickeln werden.

Welchen Zuckerpreis erwarten Sie im kommenden Jahr?


Wie sprechen öffentlich nicht über Preise.

Es wird erwartet, dass die Zuckerpreise durch die neue Marktsituation fallen. Im ersten Quartal sank der Absatz, der Umsatz aber wuchs, weil die Preise stiegen. Was, wenn die Preise wegen der Neuregelung des Zuckermarktes sinken?


Das werden wir sehen, wenn wir uns mit den Käufern auf einen Preis geeinigt und den Zucker ausgeliefert haben. Ich werde nicht darüber spekulieren, wie sich das konkret in Zahlen ausdrückt.

Wie schaut es mit Zukäufen aus, um Größenvorteile zu nutzen?


Wie schauen uns permanent um, was es auf dem M&A-Markt gibt, da sind wir aktiv - und zwar in allen Segmenten, nicht nur im Bereich Zucker. Wir haben kürzlich einen Pizzahersteller erworben. Wenn sich in Zukunft etwas ergibt, das uns Zusatzeffekte zu attraktiven Konditionen ermöglicht, dann werden wir das auch wieder machen.

Was erhoffen Sie sich?


Insbesondere Rendite und zusätzlichen Cashflow, wenn der Kaufpreis stimmt. Wenn sich eine zusätzliche Marktpositionierung in den einzelnen Segmenten ergibt, dann werden wir das auch versuchen umzusetzen.

In welchen Regionen will Südzucker dann zukaufen?


Das kann man pauschal nicht eingrenzen. Beispielsweise haben wir kürzlich im Segment Frucht einen Produzenten von Fruchtzubereitungen in Argentinien und dann auch noch einen in Indien gekauft.

Und im Segment Zucker?


Wir haben in Europa bereits eine gute Marktstellung. Wenn wir außerhalb von Europa wachsen können und ein interessantes Projekt fänden, dann wären wir zu einem Kauf bereit. Über genaue Projekte sprechen wir erst dann, wenn sie konkret und fixiert sind.

Beim jüngsten Index-Entscheid der Deutschen Börse ist Südzucker wegen der vergleichsweise schwachen Marktkapitalisierung knapp am Abstieg in den SDax vorbeigeschrammt. Was tun Sie, damit der Börsenwert wieder steigt und Sie die Klasse halten können?


Der MDax gibt die Regeln vor, auf die wir keinen Einfluss haben. Einfluss haben wir jedoch auf unser operatives Geschäft. Wir versuchen, unser Geschäft weiter zu entwickeln und eine attraktive Aktie für unsere Anteilseigner zu sein. Wir wollen unser Geschäft gut machen.

Trotz des neuen Wettbewerbs im EU-Zuckermarkt?


Über die Änderung der Zuckermarktordnung wissen wir seit Jahren Bescheid. Das ist für uns natürlich ein wichtiges Thema. Aber wir schauen in die Zukunft, fühlen uns gut aufgestellt und für den Wettbewerb unter veränderten Rahmenbedingungen gut gerüstet.

Zur Person: Dr. Wolfgang Heer kam 1987 zu Südzucker. Nach verschiedenen Stationen, darunter in der Zentralabteilung Betriebswirtschaft, stieg er 1997 zum Vorsitzenden der Freiberger Lebensmittel GmbH - ein Tiefkühlpizza-Hersteller, der zu Südzucker gehört - auf. 2008 wurde er erstmals in den Vorstand für den Zuckerverkauf berufen. Von 2009 bis 2012 war er Sprecher des Vorstandes. Seit 2012 ist er Vorstandsvorsitzender.