Ungeachtet jeglicher Krisen- und Schreckensszenarien rund um das Corona-Virus marschieren die Kurse in den USA stramm nach oben. Dies gilt vor allem für die Technologie-Aktien. Nach dem massiven Ausverkauf im Februar/März, bei dem der Nasdaq-100-Index von 9700 Punkten auf unter 7000 Punkte rauschte, drehte das Barometer V-förmig nach oben. Inzwischen fehlen dem weltweit wohl am meisten beachteten Techindex nur rund drei Prozent zum Allzeithoch.

In Anbetracht der wirtschaftlichen Aussichten ein Paradox. Ökonomen rechnen wegen der Pandemie mit einem Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um bis zu 40 Prozent fürs laufende zweite Quartal. Auch nach Ansicht der US-Notenbank Fed sind die dunklen Konjunkturwolken keineswegs schon vorbeigezogen. In einem aktuellen Bericht zur Finanzstabilität warnt sie vor möglicherweise "gravierenden Folgen", sollte die Pandemie länger dauern oder schwerere Folgen haben als bislang gedacht. Bereits jetzt stieg die Arbeitslosigkeit in den USA auf den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg. Allein im April gingen 20,5 Millionen Jobs verloren. Laut Sitzungsprotokoll der Notenbank erwarten einige Fed-Mitglieder "kurz- oder mittelfristig eine substanzielle Wahrscheinlichkeit von zusätzlichen Wellen des Ausbruchs."

Selbst Investorenlegende Warren Buffett agiert derzeit ungewohnt vorsichtig. Zuletzt trennte sich seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway nicht nur vom Großteil der Anteile an US-Fluggesellschaften, sondern stieß auch 84 Prozent der Goldman-Sachs-Aktien ab. Kein ermutigendes Signal, schließlich sah der Börsenprofi die Finanzkrise 2008/09, in der Buffett die Goldman-Position ausgebaut hatte, als Kaufchance.

Money, Money, Money

Das Gros der Anleger handelt aber nach dem Motto: "Der Tiefpunkt liegt hinter uns." Das Vertrauen schöpft der Markt vor allem aus dem schier endlosen Geldstrom der Fed. Chef-Währungshüter Jerome Powell kündigte an, gegen die von der Viruskrise ausgelöste Rezession alles in die Waagschale zu werfen. "Kraftvoll, vorausschauend und aggressiv" wird die Notenbank das gesamte Register der geldpolitischen Möglichkeiten ziehen. Selbst Negativzinsen sind mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen. Aktuell liegt der Leitsatz in einem Korridor von null Prozent bis 0,25 Prozent.

Dass vor allem den Techtiteln zuletzt eine besonders hohe Aufmerksamkeit zuteil wurde, dürfte verschiedene Gründe haben. Zum einen befindet sich im Nasdaq 100 eine Vielzahl von sogenannten Krisengewinnern. Dazu zählt der Onlinehandelsriese Amazon ebenso wie der Anbieter von Videokommunikation Zoom und der Streamingspezialist Netflix. Zum anderen erwarten Experten, dass die Corona-Krise der Digitalisierung einen neuen Schub verleihen wird. Davon würden Branchen wie die Halbleiterindustrie oder auch der IT-Sicherheitssektor profitieren.

Darüber hinaus treibt die Hoffnung auf ein Corona-Medikament oder einen Impfstoff die Kurse. In dem Auswahlindex sind Biotechtitel wie Amgen, Gilead Sciences oder Vertex zu finden. Laut dem Verband forschender Pharma-Unternehmen VFA gibt es weltweit mehr als 120 Impfstoffprojekte. Besonders eifrig forscht derzeit Gilead Sciences an einem wirksamen Therapeutikum gegen die durch das Virus ausgelöste Atemwegserkrankung. Von der US-Gesundheitsbehörde FDA erhielt das Unternehmen bereits die Zulassung für die Verwendung seines experimentellen Covid-19-Medikaments Remdesivir in Notfällen. Amgen arbeitet unterdessen an einer Antikörpertherapie gegen Covid-19. Zudem hat der Biotechkonzern sein Portfolio geprüft, er plant eine klinische Studie zur Hemmung überschießender Immunreaktionen bei Infektionen mit SARS-CoV-2.

Starker Track-Rekord

Mit einem Indexanteil von 7,5 Prozent ist der Gesundheitssektor die drittgrößte Branche im Nasdaq 100. Mit 56 Prozent und 41 Unternehmen dominieren allerdings die Technologie-Aktien den Index. Absolutes Schwergewicht ist momentan Apple, gefolgt von Microsoft und Amazon. Der Techsektor ist aber nicht erst seit Kurzem en vogue: In den vergangenen zehn Jahren warf der Index eine durchschnittliche Rendite von stolzen 16,2 Prozent pro Jahr ab. Damit schnitt das Technologiebarometer nicht nur um 4,5 Prozentpunkte besser ab als der breit gefasste S & P 500, der Nasdaq 100 konnte auch den Gesamtmarkt in neun von zehn Jahren schlagen.

Gewiss lässt sich diese überdurchschnittliche Performance nicht einfach in die Zukunft fortschreiben, doch besteht durchaus die Chance auf eine weitere positive Entwicklung. Corona hin, Corona her, im disruptiven Wandel steckt jede Menge Wachstumspotenzial. Wir haben sechs Mitglieder aus dem Nasdaq 100 herausgefiltert, denen wir weiteres Kurspotenzial einräumen.

Adobe: Bestens positioniert für die Zukunft


"Software as a Service", kurz SaaS, ist das alles beherrschende Thema bei Adobe. Der Erfinder des PDF hat seine kreativen Softwareprogramme frühzeitig in die Cloud verlagert und kann nun Quartal für Quartal die Früchte ernten. Auch zum Auftakt des neuen Geschäftsjahres 2020/21 am 29. November zeigten Erlös- und Gewinnkurve steil nach oben. Um 19 Prozent verbesserte sich der Umsatz auf einen Rekordwert von 3,1 Milliarden Dollar. Damit konnten die Kalifornier nicht nur die Erwartungen übertreffen, sondern setzten zudem ihre ununterbrochene Serie von Zuwächsen seit dem dritten Quartal 2015 fort. Wachstumstreiber waren erneut die beiden Segmente Creative Cloud und Document Cloud, die jeweils um über ein Fünftel zulegten. Dies wirkte sich wiederum positiv auf das Ergebnis aus, das überproportional um ein Drittel zunahm. Das Brokerhaus Piper Sandler stellte Adobe nach dem Zwischenbericht ein gutes Zeugnis aus: Dank des digitalen Direktvertriebsmodells, mit dem schnell auf dynamische Branchenbedingungen reagiert werden kann, ist das Unternehmen laut der Experten einzigartig positioniert. Vollkommen immun gegen die Corona-Krise ist Adobe trotzdem nicht. Finanzchef John Murphy erwartet unter anderem Verzögerungen bei den Kaufentscheidungen der Kunden. Doch der Ausblick kann sich angesichts der unsicheren Situation durchaus sehen lassen: Der Umsatz soll sich im zweiten Quartal um knapp 16 Prozent, der Gewinn je Anteilschein sogar um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal verbessern. Zudem wurde das bisherige Allzeithoch der Adobe-Aktie von 358,40 Euro soeben übertroffen.

Apple: Standardinvestment im Technologiesektor


Der Lockdown rund um den Globus sorgte bei Apple für einen Shutdown der Filialen. Bereits im Februar stimmte der iPhone-Hersteller daher seine Aktionäre mit einer Umsatzwarnung auf unsichere Zeiten ein. Im Internet lief das Geschäft aber weiter und so verzeichnete der App Store im April seinen stärksten Wachstumsmonat seit zweieinhalb Jahren. Mittlerweile ist auch der Restart der Stores in vollem Gange. So sind bereits seit Mitte März die Apple-Filialen im wichtigen Wachstumsmarkt China wieder geöffnet. Und auch in der restlichen Welt sperrt Apple immer mehr seiner insgesamt 510 Shops auf. "Unsere Verpflichtung ist es, unsere Läden für unsere Kunden wieder zu öffnen, wenn wir sicher sind, dass es ungefährlich ist", sagt Apple-Managerin Deirdre O’Brien. Knapp ein Fünftel der Filialen ist nun weltweit offen. Der Kultkonzern hat in seinen eigenen vier Wänden auch Innovatives zu zeigen. So dürfen sich Kunden auf das neue, günstigere iPhone SE 2 freuen. Zudem wurde das MacBook Pro getunt, das Notebook verfügt nun über mehr Speicher, eine "magische" Tastatur sowie deutlich schnellere Prozessoren. Apropos Chips: Berichten zufolge plant Apple, ab dem kommenden Jahr seine Mac-Computer mit eigenen Hauptprozessoren auszustatten. Diese sollen auf den Chipdesigns basieren, die bei iPhones und iPads verwendet werden. Wer an der Nasdaq investieren möchte, kommt an der Apple-Aktie nicht vorbei. Die Macht des Unternehmens und die weiteren Wachstumsaussichten sind unvergleichlich. Das scheint auch Chef Tim Cook so zu sehen. Er kündigte an, weitere 50 Milliarden Dollar in den Kauf eigener Aktien zu investieren.

Applied Materials: Ohne Halbleiter keine Digitalisierung


Reihum dampften die Halbleiterhersteller im Zuge der Corona-Krise ihre Jahresziele zuletzt ein. Doch dürfte dies nur ein temporäres Problem sein, mittelfristig könnte die Branche von der durch die Pandemie ausgelösten Tempoverschärfung bei der Digitalisierung profitieren. Dies gilt auch für Applied Materials. Das Unternehmen zählt zu den größten Herstellern von Fertigungsanlagen, mit denen innovative Chips oder moderne Displays hergestellt werden. Auch im Solarbereich und bei LEDs kommen die Maschinen des im Silicon Valley ansässigen Konzerns zum Einsatz. Bei Waferproduktionsausrüstungen für die Halbleiterindustrie ist Applied sogar weltweit führend. Der Bereich wächst kräftig: Voriges Jahr legte das globale Volumen in dem Sektor um 5,9 Prozent auf einen Rekordwert von 55,5 Milliarden Dollar zu. Aktuell sind es vor allem Störungen in der Lieferkette, die das Geschäft negativ beeinflussen. So schrammte Applied Materials mit einem Umsatzplus von zwölf Prozent im ersten Quartal an den Analystenerwartungen vorbei. Finanzvorstand Daniel Durn rechnet aber damit, verlorene Umsätze im dritten und vierten Quartal wieder aufzuholen. Die Experten von Mizuho Securities machen diesbezüglich ebenfalls Hoffnung, denn sie sehen vor allem bei DRAM/NAND-Speicherchips Nachholbedarf. Im Vergleich zu einer Vielzahl von Nasdaq-100-Mitgliedern fiel die Erholung bei Applied zuletzt nicht so deutlich aus. Noch fehlt dem Titel gut ein Viertel zum Hoch. Auch mit Blick auf die Bewertung hat die Aktie Potenzial. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 13 notiert Applied Materials aktuell unter dem Fünfjahresschnitt von 14,2.

Check Point Software: Mit Sicherheit ein gutes Investment


Wer denkt, dass in Corona-Zeiten das Thema Cyber Security ins Hintertreffen gerät, irrt. Hacker nutzen die aktuelle Situation gezielt aus. Eine aktuelle Untersuchung des IT-Sicherheitsspezialisten Check Point Software zeigt, dass im ersten Quartal vor allem Marken wie Netflix, Whatsapp, Facebook und Amazon Opfer von Markenphishing wurden. Alles Dienste, die während des Lockdown besonders genutzt wurden. Bei ihren Attacken versuchen Cyberkriminelle, die offizielle Webseite einer bekannten Marke zu imitieren und daraus Kapital zu schlagen.

Die zunehmenden Hackerangriffe bescheren der in Israel ansässigen Firma steigende Umsätze. Auch im ersten Quartal 2020 legten die Erlöse um drei Prozent zu. Vor allem die hohe Nachfrage nach Netzwerksicherheit kurbelte das Geschäft an, da während der Pandemie immer mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten. Beim Gewinn ging es überproportional um 7,5 Prozent nach oben. Check Point gelang es, mit einem Ergebnis von 1,42 Dollar je Aktie das achte Quartal in Folge einen Gewinn auszuweisen, der besser als erwartet ist. Eine Prognose fürs zweite Vierteljahr traut sich das Unternehmen zwar nicht zu, doch es ist laut Vorstandschef Gil Shwed gut in das laufende Quartal gestartet. Auch nach Corona dürfte IT-Sicherheit in unserer digitalen Welt eine immer wichtigere Rolle spielen und Check Point weiteres Wachstum bescheren. In Ausgabe 14/2020 haben wir diesbezüglich bereits auf das Unternehmen hingewiesen. Um knapp ein Zehntel legte der Titel seit unserer Kaufempfehlung trotz der scharfen Marktkorrektur zu. Das Potenzial sollte aber noch nicht ausgereizt sein.

Facebook: Ein Geniestreich folgt dem nächsten


Peu à peu baut Facebook sein Geschäftsmodell aus. So kündigte der Konzern vor wenigen Tagen einen neuen Dienst namens "Shops" an und geht so einen weiteren Schritt gen E-Commerce. Geschäften soll es damit möglich sein, über das gleichnamige soziale Netzwerk und Instagram ihre Waren anzupreisen und zu verkaufen. Dabei wird mit Branchengrößen wie Shopify zusammengearbeitet. Geld verdienen möchte CEO Mark Zuckerberg aber nicht mit klassischem E-Commerce, er erhofft sich vielmehr durch die Lösung ein höheres Anzeigenaufkommen. Auch Zukäufe sind ein probates Mittel für den US-Konzern, um zu wachsen. So verleibte sich das Onlinenetzwerk Mitte Mai Giphy ein, das auf animierte Bilder im Netz spezialisiert ist. Angesiedelt wird die US-Firma bei der Tochter Instagram. Darüber hinaus baute Facebook seine Präsenz in Indien aus, mit einer Beteiligung an der Digitalsparte des Reliance-Konglomerats. Mit der 2019 ins Leben gerufenen Digitalwährung Libra hat Facebook einen weiteren Trumpf im Ärmel. Zwar fiel diese anfänglich bei Finanzbehörden in Ungnade, doch mittlerweile wurde das künftige Zahlungsmittel überarbeitet. Es soll verschiedene Stablecoins geben, die jeweils an eine einzelne Währung gekoppelt sind. Noch in diesem Jahr wird mit einem Marktstart gerechnet. Einen konkreten Ausblick auf 2020 bleibt Zuckerberg aufgrund Corona bisher schuldig. Allerdings sieht der 36-Jährige die Krise als Chance. Anstatt jetzt auf die Bremse zu treten, soll "weiter aufgebaut und weiter investiert" werden.

Fiserv: Cash ist nicht länger King


Digital Payment zählt bereits seit Jahren zu den größten Wachstumsmärkten in der Technologiewelt. Daher wundert es nicht, dass es schon zu zahlreichen Megadeals in der Branche kam. Beispielsweise fusionierte 2017 der US-Kreditkartenabwickler Vantiv mit seinem britischen Rivalen Worldpay. Im vergangenen Jahr übernahm der Zahlungstechnologieanbieter Fiserv den Abwickler First Data für 22 Milliarden Dollar. Bei Fiserv könnte schon bald die nächste Wachstumsstufe zünden, denn am 1. Juli kommt es in dem Konzern zu einer Wachablösung. Der seit 2005 amtierende Vorstandschef Jeffery Yabuki wird das Zepter an seinen Wegbegleiter Frank Bisignano weitergeben. Dieser wird der vierte Chef in der 36-jährigen Firmengeschichte sein. "Mit der erfolgreichen Integration von First Data ist dies der richtige Zeitpunkt für Frank, um die nächste Phase der Unternehmensentwicklung zu leiten", sagt Yabuki. Die Fußstapfen, in die der neue Konzernlenker treten wird, sind groß. Unter Yabukis Regiment wurden bedeutende finanzielle und geschäftliche Erfolge erzielt. Er formte nicht nur einen weltweit führenden Anbieter von Zahlungs- und Finanzdienstleistungstechnologie, sondern erzielte auch Jahr für Jahr ein prozentual zweistelliges Ergebniswachstum. Die Entwicklung blieb Börsianern nicht verborgen. Aktionäre dürfen sich über eine Performance von mehr als 900 Prozent während der Amtszeit von Yabuki freuen. Bisignano sollte seinem Vorgänger in nichts nachstehen.