Mit Elektro-Autos, die auch für die breite Mittelschicht bezahlbar sind - und schnell vom Band in die heimische Garage kommen. Was bei der Firma von Tech-Guru Elon Musk los ist, was Analysten sagen und wie die Aktie zuletzt lief.

DAS IST LOS BEI TESLA

Tesla will bis 2030 rund 20 Millionen Autos jährlich ausliefern. Zur Einordnung: Im Geschäftsjahr 2020 waren es gerade eine halbe Million Fahrzeuge. Auch wenn dieser Anspruch noch unrealistisch scheint, zeigt es, wo die Reise hingeht: Musk will den Massenmarkt bedienen. Dazu müssen seine Autos zunächst günstiger werden. Im dritten Quartal ist der Preis pro verkauftem Auto bereits um sechs Prozent zum Vorjahresquartal gesunken. Richtig Fahrt aufnehmen soll diese Strategie allerdings mit dem neuen "Model 2", dessen richtiger Name noch nicht bekannt ist.

Je schneller, desto besser. Denn die Platzhirsche unter den Autobauern investieren längst Milliarden, um ihre E-Autos wettbewerbsfähig zu machen. Die gewaltigen Investitionsprogramme von Toyota (Toyota Motor), Volkswagen (Volkswagen (VW) vz) und General Motors sind da nur drei Beispiele von vielen.

Der weltweit wichtigste Markt für Autobauer ist China. Hier stieg die Nachfrage nach alternativen Antrieben im November erneut deutlich, wie der Branchenverband PCA (Passenger Car Association) berichtete. Im Vergleich zum Vorjahresmonat hat sich der Absatz demnach sogar verdoppelt - trotz der insgesamt schrumpfenden Nachfrage nach Autos aller Antriebsarten.

Im Rennen um diese wachsende Nachfrage hat Tesla einen Vorteil. Der Mangel an Halbleitern und anderen Fertigungsteilen hat weite Teil der Automobilbranche schwer getroffen. Tesla hingegen liefert so viele Fahrzeuge aus wie nie zuvor. Auch in China, wo Tesla Anfang des Jahres Probleme mit Kundenprotesten hatte, erfreuen sich Musks Autos großer Beliebtheit. Laut PCA gehören die Modelle 3 und Y in China zu den Topsellern unter den E-Autos. Nur der Kleinwagen Hongguang Mini war zuletzt noch beliebter.

Neben dem Preis geht es bei Tesla aber auch um die Kapazität. Auch Tesla baut aus, in Grünheide und Austin (Texas) entstehen derzeit die Werke vier und fünf. Auf dem Papier könnten sie Teslas Produktion von derzeit gut einer Million Fahrzeuge jährlich an die Marke von zwei Millionen bringen. Doch noch sind die Fabriken in Austin und Grünheide nicht fertig - geschweige denn hochgefahren.

Teslas Vorteil ist, dass derzeit kaum ein Autobauer mit seinen elektrifizierten Modellen Gewinn macht. Tesla hingegen weist Rekordzahlen aus. Der US-Elektroautobauer hat im dritten Quartal so viel verdient wie noch nie zuvor in einem Vierteljahr. In den drei Monaten bis Ende September stieg der Gewinn im Jahresvergleich um 389 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar (1,4 Mrd Euro). Der Umsatz wuchs um 57 Prozent auf den Rekordwert von 13,8 Milliarden Dollar. Zwar zieht Musks Unternehmen viel Ertrag aus dem Handel mit Abgaszertifikaten. Doch auch das Kerngeschäft wirft immer mehr ab.

DAS SAGEN ANALYSTEN

Wie zweigeteilt Teslas Erfolgsaussichten sind, spiegelt sich auch im Meinungsbild der Analysten wieder. 22 der 46 von Bloomberg erfassten Aktien-Analysten raten derzeit zum Kauf, elf zum Halten und 13 zum Verkauf des Papiers. Ein eher positives Stimmungsbild, das sich seit dem Sommer leicht verbessert hat. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund 850 Dollar und damit deutlich unter dem aktuellen Niveau. Doch die Spanne der Kursziele der großen Häuser reicht von 250 Dollar bis 1400 Dollar - eine selbst für hoch volatile Tech-Werte ungewöhnlich hohe Bandbreite.

Fest an den Erfolg von Tesla glaubt die Investmentbank Jefferies. Erst vor wenigen Wochen hob sie ihr Preisziel für Tesla-Aktien auf 1400 US-Dollar. Der Grund: Teslas Bruttomarge im dritten Quartal von 28,8 Prozent nähre die Hoffnung einer zukünftig profitablen E-Auto-Welt, schreiben die Analysten in ihrer Studie.

Überhaupt sei es beachtlich, dass Tesla weiterhin profitabel wirtschaften konnte - während zerrüttete Lieferketten anderen Autobauern den Stecker zögen. Laut Jefferies reagiert Tesla schlicht agiler als die Konkurrenz. Wenn traditionelle Autobauer ihre Flotten in den kommenden Jahren auf E-Antriebe umstellen, wird das laut Jefferies bestenfalls zum Nullsummenspiel für die Gewinnrechnung der Hersteller.

Komplett anders sehen es die Fachleute der US-Investmentbank JPMorgan. Sie prophezeien in ihrer Studie vom Oktober, dass Tesla sich im kommenden Jahr schlechter entwickelt als der Sektor. Als Kursziel halten sie 250 US-Dollar für realistisch - also dass der Kurs sprichwörtlich in sich zusammenfällt.

Teslas Versprechen, langfristig 20 Millionen Fahrzeuge jährlich auszuliefern, halten die Analysten von JPMorgan für ein extrem optimistisches Szenario. Das wären etwa so viele Autos, wie Toyota und Volkswagen im letzten vorpandemischen Jahr zusammen auslieferten. Letztlich preist der aktuelle Kurs nach Ansicht der JPM-Analysten ein, was der Konzern nicht wird leisten können: mit den Modellen 3 und Y den Massenmarkt zu bedienen. Die Auslieferungsprognosen gäben das schlicht nicht her.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die vergangenen Wochen waren für Tesla-Anteilseigner ungewohnt. Seit dem Anfang November erreichten Rekordhoch von mehr als 1200 Dollar ging es deutlich nach unten. Zuletzt kostete das Papier wieder weniger als 1000 Dollar. Doch trotz der Gewinnmitnahmen kostet eine Tesla-Aktie derzeit knapp 40 Prozent mehr als Ende 2020.

Seit Ende 2019 beläuft sich das Kursplus sogar auf mehr als 1000 Prozent. Mehr hat in diesem Zeitraum im NASDAQ 100 nur der Corona-Impfstoffhersteller Moderna zugelegt. Noch eindrucksvoller wird die Börsenbilanz beim Blick auf die vergangenen fünf Jahre. In diesem Zeitraum legte der Kurs knapp 2200 Prozent zu.

Das 2003 gegründete und 2010 an die Börse gebrachte Unternehmen ist am Finanzmarkt derzeit rund 980 Milliarden Dollar (870 Mrd Euro) wert. Anfang November hatte die Marktkapitalisierung sogar schon mal bei mehr als 1,2 Billionen Dollar gelegen. Damit gehörte Tesla schon einmal zum erlesenen Club der US-Techwerte, die mehr als ein Billionen Dollar wert sind.

Mit dem Börsenwert hat Tesla, an dem zwischenzeitlich auch mal Daimler und Toyota beteiligt waren, die deutschen Autokonzerne und auch alle anderen Hersteller längst deutlich überholt und abgehängt. Die drei deutschen Hersteller BMW, Daimler und Volkswagen (Volkswagen (VW) vz) kommen zusammen gerade mal auf rund eine Viertel Billion Euro.

Selbst wenn man Toyota mit seinen umgerechnet 270 Milliarden Euro, sowie die beiden US-Autohersteller Ford (Ford Motor) und GM (General Motors) dazurechnet, reichen sie zusammen nicht an Tesla ran. Im Zuge des E-Auto-Hypes am Kapitalmarkt der vergangenen Monate gelang auch dem potenziellen Rivalen Rivian (Rivian Automotive) vor wenigen Wochen ein spektakuläres Börsendebüt. Das Unternehmen, das noch keine nennenswerten Umsätze erzielt, ist am Kapitalmarkt derzeit mehr als 100 Milliarden Dollar wert.

Die immensen Kursgewinne haben den illustren Unternehmenschef Elon Musk, der seit 2004 bei Tesla an Bord ist, zum reichsten Mann der Welt gemacht. Die Nachrichtenagentur Bloomberg taxiert sein Vermögen derzeit auf etwas mehr als 250 Milliarden Dollar. Musk trennte sich in den vergangenen Wochen immer wieder von einigen Aktien, um die fälligen Steuern für Aktienoptionen zahlen zu können.

Musk besitzt einer Aufstellung von Bloomberg zufolge derzeit rund 17 Prozent der Tesla-Aktien. Da sich der seit 2008 amtierende Konzernchef überwiegend in Aktien-Optionen bezahlen lässt, hat er in absehbarer Zeit Zugriff auf weitere Anteile.

dpa-AFX