Einige aktivistische Investoren seien dafür bekannt, dass Manager, die sie loswerden wollten, später in psychiatrische Behandlung gemusst hätten. Lehners Worte können als Frontalangriff auf den Thyssen-Großaktionär Cevian und insbesondere auf den US-Hedgefonds Elliott verstanden werden. Sie hatten Hiesingers Kurs heftig kritisiert.

Es sei zwar klar, dass es bei Themen wie dem Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel unterschiedliche Meinungen geben könne, sagte Lehner der Zeitung, fügte aber an anderer Stelle hinzu: "Es ist die Pflicht der Aktionäre, sich im Rahmen der üblichen Verfahrensweisen zu verhalten." Eine Firma, die jahrelang von treuen Aktionären begleitet worden sei, sei auf einmal mit einem Minderheitsaktionär konfrontiert, der in die Presse marschiere und sage: 'Wir bringen das Management mal auf Trab.' "Und wenn ich dann höre, dass auf Hauptversammlungen auch Stimmen gekauft werden, dann sind solche Aktionäre für Unternehmen kein Gewinn." Cevian lehnte eine Stellungnahme ab und auch von Elliott war zunächst keine zu erhalten.

Auch die Krupp-Stiftung, die mit 21 Prozent größter Einzelaktionär des Konzerns ist, ging auf Distanz zu den neuen Investoren. "Wir werden den Heuschrecken nicht das Feld überlassen, sonst verraten wir den Auftrag der Stiftung", sagte der Vizechef des Kuratoriums, Reimar Lüst, der Wochenzeitung. "Wenn wir könnten, würden wir Herrn Hiesinger sofort zurückholen. Wir haben immer hinter ihm gestanden." Daran hatte allerdings Hiesinger selbst Zweifel anklingen lassen.

LEHNER: PSYCHOTERROR REICHT BIS IN FAMILIEN HINEIN



Lehner wird bereits länger ein angespanntes Verhältnis zu Cevian nachgesagt. Der schwedische Finanzinvestor hält knapp 18 Prozent an Thyssenkrupp und hatte Hiesinger mehrfach kritisiert. Der Manager agiere beim Konzernumbau zu behäbig, alle Sparten müssten auf den Prüfstand und die Rendite gesteigert werden. Auch der kürzlich eingestiegene Hedgefonds Elliott hatte Hiesinger ein schlechtes Zeugnis ausgestellt.

Seit dem Rücktritt Hiesingers ist der Konzern in Aufruhr. Auch Lehner selbst steht unter Druck. Der langjährige Henkel-Chef muss möglichst rasch einen Nachfolger für den Chefposten finden. Zudem wird er sich fragen lassen müssen, warum er den Rücktritt des im Konzern von vielen verehrten Vorstandschefs nicht verhindern konnte. Dieser hatte wie auch Lehner noch ein Mandat bis 2020. Auf die Frage, was er mit dem Vorwurf des Psychoterrors meine, entgegnete der 72-Jährige: "Unwahrheiten in der Öffentlichkeit zu platzieren, unberechtigte Rücktrittsforderungen bis hin zum Belästigen von Nachbarn und Familienmitgliedern." Es sei auch unangebracht, als Aktionär den Rücktritt des Chefs zu fordern oder zu betreiben.

Lehner machte deutlich, dass der Mischkonzern mit fast 160.000 Beschäftigten auch künftig eher auf Evolution statt Revolution setzten werde. Eine Zerschlagung des Konzerns mitsamt seiner profitablen Aufzugssparte lehnte er ab. "Es bestehen keinerlei Pläne, uns von unserem besten Geschäft zu trennen. Das widerspräche jeglicher Vernunft."

Lehner zufolge wird der Konzern nicht erst mit einem neuen Chef an Bord eine neue Strategie entwerfen. "Das muss eher vorher, maximal parallel passieren. Wir suchen einen Vorstandsvorsitzenden ja für eine Aufgabe, und diese Aufgabe muss definiert sein." Das "Handelsblatt" berichtete unter Berufung auf Unternehmenskreise, dass vorerst Finanzchef Guido Kerkhoff als Interimschef die Führung übernehmen solle. Als ein möglicher Kandidat gilt der frühere Thyssenkrupp-Finanzchef Stefan Kirsten, der vor wenigen Wochen seinen Stuhl beim Immobilienkonzern Vonovia geräumt hatte. Kirsten war von 2002 bis 2006 Finanzchef von Thyssenkrupp gewesen.

rtr