"Der positive Ergebniseffekt kommt. Wir werden ihn bei uns nur später sehen als beim Wettbewerb", sagte Finanzvorstand Klaus Keysberg am Mittwoch. Die Stahlsparte kam im dritten Quartal des Geschäftsjahres 2020/21 auf ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebit) von gerademal 19 Millionen Euro, nach einem Verlust von 309 Millionen im Vorjahreszeitraum. Auch konzernweit schrieb Thyssenkrupp mit 266 Millionen Euro operativ schwarze Zahlen. Im Vorjahresquartal war noch ein Minus von knapp 700 Millionen Euro angefallen.

Die Anleger waren mit der Quartalsbilanz nicht zufrieden. Die ThyssenKrupp-Aktien verloren zeitweise mehr als sieben Prozent an Wert und waren der größte Verlierer im Nebenwerte-Segment MDax. Negativ stieß bei Investoren vor allem die Prognose für den Free Cashflow auf. Thyssen erwartet hier zwar weiter eine Verbesserung in Richtung minus einer Milliarde Euro, fügte nun aber eine Bandbreite von minus 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro hinzu. Die Experten von Jefferies bezeichneten dies als enttäuschend. Im vergangenen Geschäftsjahr hatte Thyssenkrupp aber noch einen Mittelabfluss von 5,5 Milliarden Euro in den Büchern.

Überkapazitäten, Billigimporte und immer schärfere Klimaschutzauflagen haben die Schwerindustrie in den vergangenen Jahren unter Druck gesetzt. Die weltweite Konjunkturerholung hat dem Stahl nun einen Boom beschert wie lange nicht mehr, Stahl ist knapp geworden. Weltmarktführer ArcelorMittal fuhr im abgelaufenen Quartal das beste Quartalsergebnis seit 13 Jahren ein. Der deutsche Branchenzweite Salzgitter legte mit rund 308 Millionen Euro den höchsten Halbjahresgewinn seit mehr als zehn Jahren vor.

KEINE RASCHE KLARHEIT ÜBER ZUKUNFT DER STAHLSPARTE


Bei Thyssenkrupp hat Konzernchefin Martina Merz die Stahlsparte zur Disposition gestellt. "Wir sind überzeugt, dass ein reines Stahlunternehmen mit eigenständiger Aufstellung bessere Möglichkeiten hat", bekräftigte Finanzvorstand Keysberg am Mittwoch. Eine Entscheidung, wie es mit der Sparte und ihren rund 27.000 Beschäftigten weitergehe, werde es nicht vor dem Frühjahr nächsten Jahres geben. Die Restrukturierung werde fortgesetzt.

"Auch beim Stahl hat die deutliche Verbesserung im dritten Quartal gezeigt, dass wir Fortschritte machen", betonte Keysberg. "Das ist gut, aber mit unseren längerfristigen Vertragsstrukturen können wir die gestiegenen Rohstoff- und Stahlpreise erst zeitverzögert in unseren Erlösen und im Ergebnis abbilden." Hinzu kämen Einschränkungen der Produktion durch Wartungsarbeiten am Hochofen 1 in Duisburg. Diese Arbeiten müssten langfristig geplant werden und könnten nicht so einfach verschoben werden.

Dank der nach dem Höhepunkt der Corona-Krise stark gestiegenen Nachfrage und höherer Preise fuhr der Konzern von April bis Juni unter dem Strich einen Gewinn von 125 Millionen Euro ein nach einem Verlust von 678 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Thyssenkrupp bekräftigte die im Mai angehobene Prognose, wonach der Konzern insgesamt im Geschäftsjahr 2020/21 (per Ende September) eine signifikante Steigerung des operativen Ergebnisses hin zu einem mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag anstrebt. Unter dem Strich erwartet Vorstandschefin Merz jedoch einen Verlust in Höhe eines bis zu mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrags. Auch dies wäre eine deutliche Verbesserung nach dem Vorjahresverlust von 5,5 Milliarden Euro.

rtr