Akio Toyoda ist einer, der etwas riskiert. Der Chef des Autobauers Toyota sitzt gern selbst am Steuer eines Rennboliden, wenn es beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring mit quietschenden Reifen um die Kurven geht. Der Enkel von Toyota-Gründer Kiichirō Toyoda sieht sein Hobby pragmatisch. Er wolle sein Gespür für bessere Autos verfeinern, sagt er. Das sind für Toyoda nicht PS-starke Rennwagen, sondern vor allem umweltfreundliche Fahrzeuge. Unter seiner Regie wurde die Hybridtechnologie - die Kombination von Benzin- und Elektromotor - zum Markenzeichen des Konzerns. Das emissionsfreie Auto ist der nächste Schritt.

Der Spross der größten Autodynastie Japans setzt dabei nicht auf eine Batterie wie Tesla mit dem Model S oder BMW mit dem i3. Vielmehr spekuliert Toyoda auf den Durchbruch der Brennstoffzelle - mehr als 175 Jahre nach ihrer Erfindung. In dem Kraftpaket reagiert Wasserstoff mit Sauerstoff. Der erzeugte Strom treibt einen Elektromotor an, und am Ende bleibt nichts anderes übrig als Wasser. Anders als beim reinen Elektroauto müssen sich Käufer keine Gedanken um die Reichweite oder stundenlange Ladevorgänge machen.

Das weltweit erste Serienfahrzeug mit Wasserstoffantrieb will Toyota Anfang 2015 in Japan für rund 55 000 Euro auf die Straße bringen. Im Sommer soll die futuristisch designte Limousine mit dem schnöden Namen FCV ("Fuel Cell Vehicle") auch in Europa und den USA angreifen.

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Revolutionäre Umbrüche

Toyotas Vorstoß schürt die Hoffnung auf die Wasserstoffrevolution. Der Einsatz der Brennstoffzelle in der Autoindustrie könnte wie ein Turbo wirken. Das US-Energieministerium glaubt, mit der Brennstoffzelle sei die Stromversorgung des Landes komplett umzukrempeln. Die Kraftpakete ersetzen nach und nach Dieselaggregate etwa zur Notstromversorgung oder kommen bei der dezentralen Energieversorgung zum Einsatz. Angesichts solcher Aussichten wundert es nicht, dass sich vor allem Anleger in den USA wieder für das Thema erwärmen. Aktien von Brennstoffzellenunternehmen wie Ballard Power, Plug Power oder FuelCell erleben eine Renaissance, während der Hype an deutschen Firmen wie Heliocentris oder SFC Energy bislang vorbeigeht.

Rational nachvollziehbar ist die Bewertung vieler Unternehmen aus der Branche längst nicht mehr. Hohe Verluste und wackelige Umsätze sind an der Tagesordnung. Angesichts der Chancen, die die Technologie bietet, blenden viele Anleger das Risiko aus.

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Der Preis muss runter

Das größte Manko ist der Preis. Auf rund 45 000 Euro schätzt Wolfgang Bernhart, Autoexperte bei der Unternehmensberatung Roland Berger, die Kosten für ein Brennstoffzellensystem in der Kleinserie. Aber: "Mit dem Einzug der Brennstoffzelle in die Automobilindustrie könnten Skaleneffekte eintreten, die die Technologie deutlich verbilligen", sagt Thomas Strobl, Finanzvorstand des deutschen Brennstoffzellenanbieters Heliocentris.

Toyota dürfte es zwar gelungen sein, den finanziellen Aufwand auf 25 000 bis 30 000 Euro zu reduzieren, schätzt Bernhart. Dennoch erscheint es unwahrscheinlich, dass die Japaner an dem Fahrzeug anfangs etwas verdienen.

Der Preis ist nicht die einzige Hürde. In den USA trifft Toyoda auf einen alten Bekannten: Tesla-Gründer Elon Musk. Vor vier Jahren leistete der Toyota-Chef dem Elektroautopionier Starthilfe und verkaufte Tesla das eigene Montagewerk in Fremont. Gleichzeitig steckte Japans führender Autobauer 50 Millionen Dollar in das Start-up.

Inzwischen ist Musk nicht mehr auf Hilfe aus Japan angewiesen. Mit einer unflätigen Bemerkung zerriss der Selfmade-Milliardär die Brennstoffzellentechnologie. "Das ist alles Bullshit", frotzelte der Tesla-Lenker und spielte dabei wohl auch auf die fehlende Infrastruktur an.

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Angriff auf Tesla

Im Kampf um die grüne Krone im Autobau ist Musk im Vorteil. Tesla- Fahrer in den USA können inzwischen von der Ost- an die Westküste fahren - dagegen sind Wasserstofftankstellen rar. Toyoda will das ändern und Teslas Kernmarkt Kalifornien in den nächsten Jahren mit einem Netz von Wasserstofftankstellen überziehen. "Bei Toyota hat man nie an den Erfolg des rein batteriegetriebenen Elektroautos geglaubt und setzt jetzt fast alles auf die Brennstoffzelle", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR).

Auf einen schnellen Erfolg darf Toyoda aber nicht hoffen. In den nächsten zehn Jahren bleibt der Wasserstoffantrieb eine Nische, sind sich Experten sicher. "Langfristig gibt es allerdings wenige Alternativen, emissionsfrei zu fahren", verweist Bernhart auf die physikalischen Grenzen bei Batterien.

Auch andernorts glaubt man an den Erfolg der Brennstoffzelle. "Die Technik bietet langfristig die Chance auf hohe und emissionsfreie Reichweiten bei sehr kurzen Betankungszeiten", sagt BMW-Einkaufsvorstand Klaus Draeger. Gemeinsam mit Toyota wollen die Münchner bis 2020 einen Wasserstoffantrieb entwickeln. Insgeheim dürften die Bayern wohl an einer schnelleren Umsetzung arbeiten - zumal auch Daimler und Honda den Markt mit Wasserstoffautos aufrollen wollen.

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