Volkswagen-Chef Herbert Diess stellte zudem eine globale Allianz mit Ford in Aussicht, die auch die US-Autoindustrie stärken würde. Offen blieb allerdings, ob das Treffen auch dazu beitrug, Trump von seinen Drohungen mit Strafzöllen abzubringen. Die Bundesregierung betonte am Mittwoch, die Gespräche hätten einen unternehmerischen Hintergrund gehabt. Auf politischer Ebene liege die Zuständigkeit für Handelsfragen bei der EU-Kommission.

Analysten gehen davon aus, dass bei den Beratungen am Dienstag in Washington auf allen Seiten eine gehörige Portion Taktik im Spiel war. Sie vermuten, dass es Volkswagen, BMW und Daimler vor allem darum gehe, Entgegenkommen zu zeigen und zugleich Zeit zu gewinnen. "Ich glaube, die deutschen Autobosse setzen darauf, dass in ein paar Jahren jemand anderes gewählt wird", sagte Frank Schwope von der NordLB. "Man kann jetzt ein paar Zusagen machen, die mittel- oder langfristig wirken sollen. Ob man das dann umsetzt unter einem möglichen neuen Präsidenten, sei mal dahingestellt. Momentan geht es darum, gute Mine zu machen zum bösen Spiel", sagte Schwope. Trump komme es in erster Linie darauf an, bei seinen Anhängern zu punkten, denen er im Wahlkampf neue Jobs versprochen hat. Arndt Ellinghorst vom Londoner Investmentberater Evercore ISI schrieb in einem Kurz-Kommentar, das Treffen im Weißen Haus lege nahe, dass das Risiko höherer Importzölle gesunken sei. "Dies ist aus unserer Sicht aber ein Verhandlungsmanöver." Es sei allerdings ein gutes Zeichen, dass diese Diskussionen stattfänden. "Reden ist besser als tweeten."

Auch der deutsche Branchenverband VDA wertete das Gespräch mit der US-Regierung positiv. Ebenso wie die Bundesregierung betonte VDA-Präsident Bernhard Mattes aber, Zollfragen und Handelskonflikte seien nicht das Thema gewesen, sondern die Pläne der Unternehmen in den USA. Die Lösung des Handelskonflikts sei Aufgabe der EU und der USA. "Wir hoffen, dass die Gespräche unter Einschluss der Automobilindustrie fortgesetzt werden."

BMW teilte mit, bis 2021 weitere 600 Millionen Dollar in seine Fabrik in Spartanburg in South Carolina zu investieren und dort 1000 neue Jobs zu schaffen. Insgesamt sichere der Münchner Konzern fast 70.000 Arbeitsplätze in den USA. Auch Daimler kündigte an, weiter in den USA zu investieren. Dafür dürften sich die Rahmenbedingungen aber nicht verschlechtern, schränkte Konzernchef Dieter Zetsche ein. Zetsche, Diess und BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter waren in der Hoffnung in die US-Hauptstadt gereist, die von Trump angedrohte Erhöhung der Zölle auf Autoimporte aus der EU auf bis zu 25 Prozent zu verhindern. Die Autobauer hätten dabei einen "großen Schritt nach vorne gemacht", sagte Diess. "Jetzt liegt es an den Regierungen und an der EU-Kommission, eine gute Lösung für alle Seiten zu erreichen", erklärte der Volkswagen-Chef weiter. "Für mich ist klar: Neue Zölle helfen niemandem und sollten vermieden werden."

VIELE FRAGEZEICHEN



Trump, der im Wahlkampf versprochen hatte, Amerika 'wieder stark' zu machen, wünscht sich, dass die Autoindustrie mehr auf dem US-Markt produziert und beklagt ein Ungleichgewicht im Handel. Ob die deutschen Autobosse die US-Regierung von den Vorbereitungen zur Einführung von Sonderzöllen abbringen konnten, blieb allerdings offen. Von der US-Regierung kamen dazu keine Signale. Auch äußerte sich Trump zunächst nicht - wie sonst üblich - über den Kurznachrichtendienst Twitter.

An dem Treffen im Weißen Haus nahmen auch US-Handelsminister Wilbur Ross, der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer und Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow teil. Die deutschen Autobauer hatten schon im Vorfeld Friedenssignale gesendet: So erwägt BMW den Bau eines zweiten Werks in den USA, Volkswagen sucht dort einen Standort für Elektroautos, wofür auch Chattanooga infrage käme. Dort unterhalten die Niedersachsen eine große Fertigungsstätte.

Trump hatte der EU-Kommission im Sommer zwar versichert, auf höhere Autozölle vorerst zu verzichten und stattdessen über den Abbau von Handelsbarrieren zu verhandeln. Unter dem Eindruck der Sparpläne von General Motors klang er in der vergangenen Woche jedoch wieder kämpferischer und drohte, die gesamte Branche in Haftung zu nehmen. Der größte US-Autobauer GM hatte mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, mehrere Werke in Nordamerika zu schließen und bis zu 15.000 Stellen abzubauen.

Ford geht weniger radikal vor. Der Konzern versetzt zunächst Hunderte Arbeiter in andere Fabriken, um mehr Geländewagen und Pick-up-Trucks bauen zu können. Um die Kosten zu senken und Mittel für die Neuausrichtung auf E-Mobile und selbstfahrende Autos freizuschaufeln, setzen Ford und Volkswagen auf eine groß angelegte Partnerschaft. Die Wolfsburger verhandeln mit dem zweitgrößten US-Autobauer bereits über eine Kooperation bei Transportern und leichten Nutzfahrzeugen, die Insidern zufolge schon bald auf weitere Gebiete ausgedehnt werden könnte.

rtr