Grünes Licht gab es auch für das Umtauschrecht stiller Einlagen in Aktien, das der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Anspruch nehmen könnte. TUI-Chef Fritz Joussen äußerte sich auf dem virtuell abgehaltenen Treffen optimistisch, dass der weltgrößte Reiseanbieter die Krise damit meistern und mit der erhofften Erholung nach Überwinden der Pandemie wieder Gewinn erwirtschaften kann.

Der Staat stützt TUI mit insgesamt 4,3 Milliarden Euro, die sich in rund drei Milliarden Euro Kredit der Staatsbank KfW und bis zu 1,3 Milliarden Euro Kapitalspritze in Form von stillen Einlagen aufteilen. Die Finanzhilfen vereinbarte TUI mit dem WSF im März, August und zuletzt im Dezember. Mit dem dritten Paket schultern erstmals die Aktionäre einen Teil der Krisenlasten. Die neuen Anteilsscheine können in Deutschland ab 8. Januar zum Preis von 1,07 Euro bezogen werden, die in London börsennotierten Papiere ab 12. Januar. Da der Ausgabepreis auf Drängen des Staates unter dem bisherigen Nennwert der Aktien von 2,56 liegt, musste TUI das Grundkapital für die Kapitalerhöhung herabsetzen.

Sollten nicht genügend andere Aktionäre oder Privatinvestoren bei dem durch die Krise stark eingebrochenen Titel zugreifen, würde der russische TUI-Großaktionär Alexej Mordaschow seinen Anteil von derzeit knapp 25 auf bis zu 36 Prozent erhöhen. Die Finanzaufsicht BaFin stellte seine Gesellschaft Unifirm dafür von der Pflicht frei, bei Überschreiten der Schwelle von 30 Prozent allen Aktionären ein Übernahmeangebot machen zu müssen. Das hatte Mordaschow zur Bedingung seines Engagements gemacht. Der Rückhalt durch den größten Investor war laut BaFin zugleich die Voraussetzung für die Hilfen des WSF, "die letztlich wiederum zur Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit erforderlich sind".

Der Reiseveranstalter sehe angesichts der überall anlaufenden Impfkampagnen Licht am Ende des Tunnels, erklärte Konzernchef Joussen. "Das integrierte Geschäftsmodell der TUI ist grundsätzlich intakt und in der besten Ausgangslage, um bei Lockerung der Reisebeschränkungen kurzfristig wieder einen profitablen Betrieb zu ermöglichen." Denn der Reisewille der Kunden in Europa sei trotz der Pandemie ungebrochen. Im vergangenen Geschäftsjahr hatte die Krise TUI einen Verlust von 3,1 Milliarden Euro eingebrockt, nach 532 Millionen Euro Gewinn im Vorjahr.

STAATSBETEILIGUNG UMSTRITTEN


Nach der Lufthansa, die mit neun Milliarden Euro Staatshilfe aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Belgien vor der Pleite bewahrt wird, ist TUI der zweite große Krisenfall für den Rettungsfonds WSF in der Pandemie. Anders als bei der Airline, bei welcher der Staat direkt mit 20 Prozent einstieg, ist zunächst keine Beteiligung der öffentlichen Hand vorgesehen. Nur "bei Bedarf" könnte der WSF seine stillen Einlagen maximal in eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie umtauschen. Der CDU-Wirtschaftsrat und die FDP kritisierten eine Staatsbeteiligung an dem Tourismuskonzern als Sündenfall in einer Marktwirtschaft und als unfairen Vorteil für den Branchenprimus gegenüber den vielen kleinen Konkurrenten.

Die EU-Kommission, die bei Staatsbeihilfen für fairen Wettbewerb sorgen muss, hatte schon am Montag grünes Licht für bis zu 1,25 Milliarden Euro an Kapitalspritze gegeben. Der Reisekonzern zahle dem Staat dafür eine angemessene Vergütung. So lange TUI von öffentlichem Geld abhängig ist, darf das Unternehmen keine Firmen kaufen, Dividenden an die Aktionäre oder Boni an die Manager zahlen. So soll ein unfairer Wettbewerbsvorteil durch Staatshilfe verhindert und ein Anreiz geschaffen werden, die Milliarden zügig wieder zurückzuzahlen.

Dem WSF gegenüber müsse TUI auch Bericht erstatten darüber, welchen Beitrag das Unternehmen zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland leistet, erklärte Joussen. Wegen der Corona-Krise baut der Konzern weltweit Tausende Stellen ab. So war die Belegschaft zum Ende des Geschäftsjahres bereits um rund 23.000 auf gut 48.000 Personen geschrumpft. Die Gewerkschaften Verdi und Vereinigung Cockpit fordern, mit dem Geld der Steuerzahler Stellen hierzulande zu sichern. Der Staat macht den Erhalt von Jobs aber nicht zur Auflage, damit ein Unternehmen seine Krise durch Kostensenkungen auch über Personalabbau überwinden kann.

rtr