Anfang Juli verpuffte an der Börse die Hoffnung, dass Vectron zum Digitalisierer der Gastronomie wird. Damals verließ Oliver Kaltner nach nur fünf Monaten an der Spitze des Kassenherstellers überraschend das Unternehmen. Der Ex-Microsoft-Manager war geholt worden, um aus der Münsteraner Hardwarefirma einen Cloud- und Datenanbieter zu machen. Mit dem Unternehmenswandel will Vectron davon profitieren, dass Kassen ab 2020 digitale Schnittstellen zum Auslesen der Transaktionsdaten haben müssen.

Die gesetzliche Anforderung soll Steuerbetrug bekämpfen und macht Kassen nebenbei onlinefähig. Und genau hier vermutet Vectron ein großes Geschäft. Konkret sollen Gastrozulieferer wie Metro die Transaktionsdaten kaufen und Einzelhändler oder Wirte für die automatische Online-Anbindung der eigenen Kasse an das Buchhaltungsprogramm zahlen. Zugleich könnten Zusatzdienste - von der Onlinereservierung bis zum Punktesammeln - angeboten und zentral über die Kasse gesteuert werden. Unter der Marke Bonvito bietet Vectron seit einigen Jahren ein Bündel derartiger Kundenbindungssysteme an.

Vectron muss endlich liefern



Allerdings haben bisher weder Kaltner noch der aus dem Aufsichtsrat auf den Chefposten zurückgekehrte Thomas Stümmler den Datendiensten zum Erfolg verholfen. Entsprechend hoch dürfte die Erwartung der Investoren sein, denen sich Vectron Anfang kommender Woche in Frankfurt auf einer Konferenz präsentiert. Zumal Stümmler nach der Chefrochade erklärte, dass er in einigen vielversprechenden Verhandlungen stehe. Da Stümmler in Frankfurt viele Einzelgespräche führen will, wird in Nebenwertekreisen spekuliert, dass der Vectron-Großaktionär mit froher Kunde in die Mainmetropole kommt. Rechnerisch steckt allein in den provisions-basierten Bon-vito-Diensten viel Potenzial. So machte 2016 ein Restaurant in Deutschland im Schnitt 371 000 Euro Umsatz im Jahr.

Vectron ist Marktführer und installierte in der Gastronomie bereits 80 000 onlinefähige Kassen. Die Firma hofft, dass zwei Drittel dieser Kunden ihre Kasse bis 2020 ans Internet anschließen.

Angenommen, nur 20 000 Vectron-Kunden, mit einem Durchschnittsumsatz von nur 185 000 Euro machen mit, würde Vectron bei einem Prozent Provision immer noch 37 Millionen Euro einnehmen. Das entspräche über einem Viertel des aktuellen Börsenwerts. Außerdem wäre der Umsatz wiederkehrend und der Aufwand sehr gering. Zumal das Wachstum im Stammgeschäft und weitere Datendienste da noch nicht berücksichtigt sind. Kann Stümmler nächste Woche Positives melden, dürfte das den Vectron-Kurs recht schnell wiederbeleben.