Seit Juli 2013 ist Vonovia an der Börse, seit September 2015 im DAX und seit September 2020 auch im europäischen Euro Stoxx 50 Index, wo der Wohnungsriese den Gesundheitskonzern Fresenius ersetzte.

Gelingt Vonovia-Chef Rolf Buch, der den Bochumer Vermieter aufs Parkett führte, auch die Fusion mit Deutschlands zweitgrößtem Wohnungskonzern Deutsche Wohnen, wäre das die Krönung der bisherigen Firmenentwicklung.

Europas neuer Wohnungsriese

Mit mehr als 500.000 Einheiten in Deutschland, einschließlich des auf Berlin fokussierten Portfolios von Deutsche Wohnen, würde die künftige Vonovia SE drei Prozent der Mietwohnungen bundesweit sowie neun Prozent des Mietbestands in Berlin verwalten. Der Konzern wäre Europas größter Wohnungsvermieter mit signifikanter Präsenz in Schweden und Österreich sowie einer Kooperation mit Groupe SNI in Frankreich. SNI ist dort der größte Wohnungsvermieter.

Vonovia bietet den Aktionären der Deutsche Wohnen rund 18 Milliarden Euro, umgerechnet 52 Euro pro Aktie. Einschließlich der Schulden von Deutsche Wohnen liegt der Wert der bisher größten Übernahme in der europäischen Immobilienbranche bei 28,4 Milliarden Euro. Finanziert werden soll der Deal über ein 22 Milliarden Euro Darlehen von mehreren Banken sowie weiteren acht Milliarden Euro, die Vonovia über eine Kapitalerhöhung einsammeln will. Die Kapitalmaßnahme sei über die Beschlüsse der Hauptversammlung gedeckt. Für die Übernahme sei eine außerordentliche Hauptversammlung nicht notwendig, sagte Vonovia-Chef Buch.

Zudem hätte ein außerordentliches Treffen der Anteilseigner den straffen Zeitplan der Fusionspartner erheblich verzögert. Buch und Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn, der im künftigen Konzern Buchs Stellvertreter werden soll, wollen die Transaktion bis Ende August, also noch vor den Bundestagswahlen im September, abschließen.

Der Versuch, Deutsche Wohnen 2016 feindlich zu übernehmen, scheiterte am Widerstand einflussreicher Großaktionäre, die an beiden Unternehmen beteiligt waren. Nun ziehen Vonovia und Deutsche Wohnen am gleichen Strang.

Das größte Risiko ist dieses Mal die politisch aufgeheizte Situation auf den Berliner Wohnungsmarkt. Auf der Pressekonferenz mit Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) verpflichteten sich die Immobilienriesen dazu, reguläre Mieterhöhungen während der nächsten drei Jahre auf ein Prozent jährlich zu begrenzen. In den darauffolgenden beiden Jahren sollen die Erhöhungen nicht stärker sein als die Inflationsrate. Die Kosten für energetische Sanierungen sollen nicht voll auf die Mieter umgelegt werden. Zudem wollen die Konzerne der Stadt Berlin bis zu 20.000 Wohnungen zum Kauf anbieten. Die Wohnungsriesen haben die Politik früh eingebunden. Das könnte sich bezahlt machen.

Unter Druck: Vonovias Strategie ist richtig, die bevorstehende Kapitalerhöhung belastet jedoch den Kurs. Anleger sollten abwarten.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 54,00 Euro
Stoppkurs: 38,00 Euro